GOÄ-ReformBeratungsleistungen in der neuen GOÄ – ein erster Überblick
In der aktuell geltenden GOÄ‘96 besteht nur eine begrenzte Möglichkeit, Beratungsleistungen über die Nrn. 1 und 3 GOÄ auch bei entsprechendem Zeitaufwand abzubilden. Der Ende Mai vom 129. Deutschen Ärztetag verabschiedete Entwurf zur GOÄ (GOÄ-E) sieht dagegen wesentlich differenziertere Möglichkeiten vor. Hinzu kommt, dass Abrechnungsbeschränkungen im Behandlungsfall sowie neben anderen Leistungen weitgehend eliminiert werden sollen. Die Auswirkungen dieser Neuregelungen sind zwar erfreulich, jedoch mit einer Kostensteigerung für die Leistungserbringer verbunden, deren Auswirkungen noch nicht absehbar sind.
Beratungsleistungen lassen sich differenzierter bewerten
Die neuen Beratungsleistungen, nach Zeitdauer unterteilt, bieten trotz Wegfall der Steigerungsmöglichkeiten der GOÄ‘96 mehr Möglichkeiten einer differenzierten Bewertung (Anm. d. Red.: Leistungsbeschreibungen im Folgenden gefettet, Anmerkungen und Zitate kursiv).
Nr. 1 GOÄ-E: Persönliche Beratung durch den Arzt, Dauer unter 10 Min (14,11 Euro)
Nr. 2 GOÄ-E: Persönliche Beratung durch den Arzt, je vollendete 10 Min.(21,21 Euro)
- Die Leistung nach Nr. 2 ist je Kalendertag bis zu fünfmal berechnungsfähig.
- Die Leistung nach Nr. 2 ist neben der Leistung nach Nr. 1 nicht berechnungsfähig.
- Die genaue Dauer der Gesprächsleistung(en) ist in der Rechnung anzugeben
Eine Leistungsbeschreibung von Beratungen im Rahmen einer Videosprechstunde fehlt, jedoch heißt es in Nr. 19 der „Übergeordneten Allgemeinen Bestimmungen“ die als Kapitel A neu dem Gebührenverzeichnis vorangestellt wurden: „Sofern die Leistungsinhalte dazu geeignet sind, können die Leistungen des vorliegenden Gebührenverzeichnisses grundsätzlich auch per Videoübertragung (z. B. Video-sprechstunde) erbracht werden“. Daher ist anzunehmen, dass diese Bestimmung auch auf die o. a. neuen Beratungsleistungen übertragbar sein wird.
Palliativmedizinische Betreuungen erhalten eigene Zuschläge
Palliativmedizinische Betreuungen, die bisher nicht abgebildet waren, sind nunmehr als Zuschlagspositionen zu den Beratungsleistungen möglich:
N. 3 GOÄ-E: Zuschlag zu der Leistung nach Nr. 1 oder 2 für die palliativmedizinische Betreuung des Patienten (80,21 Euro)
- Die abrechnungsbegründende Diagnose ist in der Rechnung anzugeben.
- Der Zuschlag nach Nr. 3 ist im Behandlungsfall einmal berechnungsfähig.
Der Behandlungsfall wird gleich definiert wie in der „alten“ GOÄ: „Als Behandlungsfall gilt der Zeitraum eines Monats nach der ersten Inanspruchnahme des Arztes“ (vgl. Kapitel A., Nr. 11). Beachtenswert hierbei ist auch, dass für die Angehörigen von Palliativpatienten eigene Betreuungsleistungen geschaffen wurden:
Nr. 27 GOÄ-E: Betreuung, Aufklärung und Beratung von Angehörigen im Rahmen der Behandlung von palliativmedizinischen Patienten, Dauer unter 10 Min. (7,72 Euro)
- Die abrechnungsbegründende Diagnose ist in der Rechnung anzugeben.
- Die Leistung nach Nr. 27 ist entweder als alleinige Gesprächsleistung oder als Abschlussleistung zur Leistung nach Nr. 28 berechnungsfähig.
Nr. 28 GOÄ-E: Betreuung, Aufklärung und Beratung von Angehörigen im Rahmen der Behandlung von palliativmedizinischen Patienten, je vollendete 10 Min. (25,14 Euro)
Praxistipp |
Zu beachten ist die Systematik, dass Nr. 27 GOÄ-E auch als Abschlussleistung zu Nr. 28 GOÄ-E möglich ist! Beispiel: Die Beratung der Angehörigen dauert insgesamt 35 Min. Berechnungsfähig sind 3 x Nr. 28 GOÄ-E (je 10 Min.) und 1 x Nr. 27 GOÄ-E (verbleibende Zeit unter 10 Min.). |
- Die abrechnungsbegründende Diagnose ist in der Rechnung anzugeben.
- Die genaue Dauer der Gesprächsleistung ist in der Rechnung anzugeben.
- Die Leistung nach Nr. 28 ist je Kalendertag bis zu fünfmal berechnungsfähig.
Beratung per Telefon, E-Mail sowie zu speziellen Angeboten
Nicht persönlich (z. B. telefonisch oder per E-Mail) durchgeführte Beratungen, die bisher in den Nrn. 1 und 3 GOÄ enthalten waren, erhalten eigene Leistungspositionen:
Nr. 4 GOÄ-E: Beratung durch den Arzt mittels Telefon oder E-Mail (SMS und Chat ausgeschlossen), Dauer bis zu 10 Min. (14,01 Euro)
- Die Leistung nach Nr. 4 ist neben der Leistung nach Nr. 5 nicht berechnungsfähig.
Nr. 5 GOÄ-E: Beratung durch den Arzt mittels Telefon, Dauer mehr als 10 Min. (19,26 Euro)
- Die Leistung nach Nr. 5 ist neben der Leistung nach Nr. 4 nicht berechnungsfähig.
Im Gegensatz zu Nr. 2 ist hier nach dem Leistungstext eine mehrmalige Berechnung je Kalendertag ausgeschlossen. Deswegen ist hier die richtige Zuordnung nach der Zeitdauer (Nr. 4 oder Nr. 5 GOÄ-E) entscheidend. Auch neuere technische Entwicklungen (z. B. Gewinnung von Vitalparametern und anderen Daten über „Wearables“ und Gesundheits-Apps) wurden berücksichtigt:
Nr. 6 GOÄ-E: Ärztliche Beratung des Patienten zur Interpretation von selbstgenerierten Vitalparametern und/oder medizinischen Daten aus elektronischen Anwendungen (z. B. Gesundheits-Apps) und/oder Geräten, ggf. einschließlich Beratung zur Validität der Vitalparameter und/oder medizinischen Daten (43,41 Euro)
- Die Leistung nach Nr. 6 ist im Kalenderjahr einmal berechnungsfähig.
Die Reisemedizinische Beratung, derzeit häufiger als IGeL nach den Nrn. 1 oder 3 GOÄ berechnet, erhält ebenfalls eigene Leistungspositionen:
Nr. 7 GOÄ-E: Reisemedizinische Beratung durch den Arzt, einschließlich Impfgespräch, ggf. einschließlich Dokumentation, Dauer unter 10 Min. (6,90 Euro)
- Die Leistung nach Nummer 7 ist entweder als alleinige Gesprächsleistung oder als Abschlussleistung zur Leistung nach Nummer 8 berechnungsfähig.
Nr. 8 GOÄ-E: Reisemedizinische Beratung durch den Arzt, einschließlich Impfgespräch, ggf. einschließlich Dokumentation, je vollendete 10 Min. (21,69 Euro)
- Die Leistung nach Nr. 8 ist je Kalendertag bis zu fünfmal berechnungsfähig.
Auch hier ist, im Gegensatz zu den Beratungen nach den Nrn. 1 oder 2 GOÄ, die sich gegenseitig ausschließen, eine geänderte Systematik zu beachten, die die Kombination von Nr. 7 und 8 GOÄ-E erlaubt (vgl. Nr. 27 neben Nr. 28 GOÄ-E, siehe oben).
Zeitliche Trennung der Beratung von anderen Leistungen wird relevant
Bemerkens- und beachtenswert ist im Zusammenhang mit den vorstehenden Leistungen auch die allgemeine Bestimmung Nr. 2 Kapitel B: „Beratungs-, Gesprächs-, Schulungs- und/oder Betreuungsleistungen sind nicht neben Leistungen berechnungsfähig, die diese als Teilleistungen enthalten und nicht während der Erbringung anderer Leistungen. Eine Erbringung von Beratungs-, Gesprächs-, Schulungs- und/oder Betreuungsleistungen vor oder im Anschluss an eine andere Leistung ist berechnungsfähig.“
Daraus kann gefolgert werden, dass ein Dialog mit Patienten, z. B. während einer Untersuchung, nicht als Beratungsleistung abgerechnet werden kann, wohl jedoch eine Beratung im Anschluss. Diese zeitliche Trennung von anderen Leistungen gilt es künftig wohl auch bei der Dokumentation zu beachten!
(ID:50595292)
Sie möchten gerne kostenfrei weiterlesen?
Sie sind neu auf rwf-online.de?
Dann registrieren Sie sich bitte einmalig für das Radiologen WirtschaftsForum, um alle Beiträge kostenfrei in voller Länge lesen zu können.
RegistrierungSie sind bereits Leser des Radiologen WirtschaftsForum?
Super! Dann geben Sie bitte einfach Ihre E-Mail-Adresse an.