Stiftungsfonds für Radiologie„Es braucht Herzblut, um eine Stiftung für den radiologischen Nachwuchs zu gründen“
Um radiologische Lehre und Forschung voranzutreiben, hat Prof. Dr. med. Thomas Vogl, Direktor der Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin an der Universitätsmedizin Frankfurt, im Jahr 2024 einen Stiftungsfonds ins Leben gerufen. Der Fonds vergibt pro Jahr einen Promotionspreis von 5.000 Euro und fördert jährlich drei Doktoranden mit einem Stipendium von jeweils 10.000 Euro. Ursula Katthöfer (textwiese.com) fragte den Stiftungsgründer nach seiner Motivation.
Redaktion: Forschung lässt sich auf unterschiedlichste Weise fördern. Was hat Sie dazu bewogen, eine Stiftung zu gründen?
Prof. Dr. Vogl: Mir liegt die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses sehr am Herzen. Die Radiologie ist ein innovatives Fach. Wir sind darauf angewiesen, junge Talente zu erkennen und zu unterstützen. Ein Stiftungsfonds für Radiologie und Nuklearmedizin ist zwar eine Rarität, doch verdanke ich dem Fach sehr viel. Es ist eine Art, der mir auferlegten Verantwortung gerecht zu werden.
Redaktion: Welche Voraussetzungen müssen Medizinstudierende erfüllen, um sich für ein Promotionsstipendium bewerben zu können?
Prof. Dr. Vogl: Es können sich alle bewerben, die am Fachbereich Medizin der Goethe-Universität Frankfurt eine Promotion in der Radiologie oder Nuklearmedizin anstreben bzw. bereits begonnen haben. Sie können auch aus der Zahnmedizin oder der Onkologie kommen. Bewerber müssen ein gewisses Engagement zeigen und das vorklinische Studium mit einer Examensnote von 1,0 bis 2,5 abgeschlossen haben. Promotionsthemen geben wir nicht vor, allerdings liegt der Schwerpunkt in der Interventionellen Radiologie. Doch auch Themen zu CT, MRT und kardialer oder muskuloskeletaler Diagnostik sind möglich.
Redaktion: Sie haben den Preis in diesem Jahr zum ersten Mal verliehen. An wen?
Prof. Dr. Vogl: Er ging an eine junge Radiologin, die das minimalinvasive Verfahren der Prostata-Arterien-Embolisation (PAE) in den Mittelpunkt ihrer Dissertation gestellt hat. Dr. med. Shirin El Nemr verglich eine strahlenbelastende Gefäßdarstellung während der Intervention mit einem Verfahren, bei dem die Gefäße zusätzlich vor dem Eingriff durch eine strahlenfreie Magnetresonanz-Angiografie abgebildet wurden.
Redaktion: Mit welchen Kompetenzen konnte sich diese junge Ärztin gegenüber der Konkurrenz durchsetzen?
Prof. Dr. Vogl: Zunächst einmal muss sich im Gegensatz zum Promotionsstipendium niemand für den Promotionspreis bewerben. Wir haben am Fachbereich pro Jahr etwa 30 Doktoranden. Ich bekomme eine Liste, nach der eine Kommission die möglichen Preisträger begutachtet. Sie müssen die Promotion mit summa cum laude oder magna cum laude abgeschlossen haben. Von den 30 Doktoranden bleiben etwa fünf Kandidaten übrig. Die Kommission prüft, wie innovativ ihre Arbeiten sind und wie hochkarätig sie publiziert wurden. Unsere erste Preisträgerin hat alle Männer ausgestochen und dazu über ein Männerthema promoviert.
Redaktion: Hatten Sie als junger Radiologe ebenfalls Förderer, an die Sie mit der Stiftung gern erinnern?
Prof. Dr. Vogl: Stipendien gab es damals noch nicht. Mich haben meine Lehrer motiviert, darunter mein Doktorvater, ein Radiologe. Auch mein erster Chef hat mich sehr gefördert. Wir teilten uns damals zu dritt eine Assistentenstelle. Unser Chef wollte uns alle drei kennenlernen, aber mittelfristig nur einen von uns anstellen. Daraufhin haben wir ihm gesagt: Alle drei oder keiner. Und haben alle drei eine Stelle in der Radiologie bekommen. Das war ein hohes Risiko.
Redaktion: Der Gründung einer Stiftung geht viel Bürokratie voraus. Für den Fall, dass Sie Nachahmer finden sollten: Worauf sollte bei einer Stiftungsgründung besonders geachtet werden?
Prof. Dr. Vogl: Erst einmal muss man Geld mitbringen. Es muss einem klar sein, dass das Geld im Stiftungsfonds ist und man keinen Zugriff mehr darauf hat. Außerdem braucht man Herzblut, Idealismus und muss von der Idee überzeugt sein. Es ist aufwendig, sich um die Stipendiaten zu kümmern. Man muss Bewerber kennenlernen, mit ihnen ihr Thema besprechen, sich mit den Mitgliedern der Kommission abstimmen – jedes Jahr aufs Neue. Auch könnte es sein, dass wir einen Kongress organisieren, wenn es in Zukunft mehrere Preisträger gibt.
Redaktion: Welche Rolle spielt die Goethe-Universität?
Prof. Dr. Vogl: Man kann eine Stiftung über seine Bank gründen. Doch als Mediziner eine Stiftung einzurichten, ist heikel. Denn als Arzt muss ich immer mit dem Vorwurf rechnen, ich würde Menschen, die für die Stiftung spenden, bei der Versorgung bevorzugen. Auch gibt es Neider. Ich persönlich habe das nicht erlebt, doch weiß ich es von einem Kollegen. Gemeinsam mit einer Institution wie der Universität einen Stiftungsfonds zu gründen, macht mich von solchen Faktoren unabhängiger. Die Universität gibt ihren Namen, aber kein Kapital.
Redaktion: Stichwort Kapital: Wie hoch sollte das Stiftungskapital sein, um medizinischen Nachwuchs gut fördern zu können?
Prof. Dr. Vogl: Wenn Stipendien ausgelobt werden, sollten es ca. eine Million Euro sein. Die Universität kümmert sich um die Verwaltung des Geldes und die Kapitalanlagen. Ich erhalte eine jährliche Abrechnung. Auch profitieren wir von anderen soliden Kenntnissen der Universität, beispielsweise zur Öffentlichkeitsarbeit. Angesiedelt ist das Stiftungswesen bei der Hauptuniversität, also beim Präsidenten. Der Fachbereich Medizin ist an der Verwaltung beteiligt.
Redaktion: Während der Niedrigzinsphase hatten manche Stiftungen kaum Erträge und konnten nichts ausschütten. Wie sichert sich der Thomas-Vogl-Stiftungsfonds dagegen ab?
Prof. Dr. Vogl: Wir haben eine Verbrauchsstiftung gegründet, die jedes Jahr Geld ausgibt. Selbst wenn sie keine Zinserträge einnimmt, kann sie ihre Aufgaben für 20 Jahre wahrnehmen. Findet sie Förderer und Gönner, dauert es länger.
Redaktion: Auf der Homepage der Stiftung bitten Sie um Spenden, um bahnbrechende medizinische Fortschritte zu unterstützen. Welche Zielgruppen sprechen Sie an?
Prof. Dr. Vogl: Jeder kann die Stiftung unterstützen: Industrie, Kollegen oder Patienten, die vom medizinischen Fortschritt profitiert haben. Wir haben Flyer produziert, die bei uns in der Lounge ausliegen. So können wir den Patienten Informationen an die Hand geben. Sie sehen, dass das Geld beim wissenschaftlichen Nachwuchs gut angelegt ist und dass sie von der Stiftungsidee profitieren. Auch gibt es Menschen, die ihren Kindern nichts vererben möchten. Das kann zu Prozessen vor Gericht führen, wenn die Nachkommen klagen. Darauf habe ich keine Lust. Deshalb prüft die Universität jede Spende.
Redaktion: Sie engagieren sich sehr persönlich. Welchen Ertrag erhoffen Sie sich von diesem Engagement?
Prof. Dr. Vogl: Tolle Mitarbeiter und motivierten wissenschaftlichen Nachwuchs. Wir wollen talentierte junge Menschen auf dem Weg in die Forschung begleiten, damit sie Innovationen schaffen, die den Patienten zugute kommen. Es geht nicht darum, dass ich berühmter werde.
- Ergänzende Details u. a. auch zu den Hintergründen und den Ausschreibungen online unter thomas-vogl-stiftungsfonds.de
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