BetriebswirtschaftAnnuitätenmethode in einer Radiologiepraxis als Grundlage für Investitionsentscheidungen
Unter Annuität versteht man in der Investitionsrechnung einen über mehrere Jahre hinweg gleichbleibenden Betrag, der sich unter Berücksichtigung von Zins und Zinseszinseffekten kalkulieren lässt, während die tatsächlichen Zahlungsbeträge im gesamten Zeitraum in unterschiedlicher Höhe erfolgt sind. So können u. a. verschiedene Investitionsoptionen verglichen werden. Zunächst wird das Prinzip der Annuität anhand einer Kreditrückzahlung gezeigt und danach mit einer Investition mit ungleichmäßigen Zahlungsströmen veranschaulicht.
von Prof. Günter Stephan, ehem. Hochschule für öffentliche Verwaltung des Landes Baden-Württemberg, Kehl, stephan@hs-kehl.de
Annuitäten bei Krediten
Bei Krediten ist die Annuität ein für die gesamte Laufzeit des Kredits gleichbleibender jährlicher Rückzahlungsbetrag, der sich aus einem Zins- und einem Tilgungsteil zusammensetzt. Dieser jährliche Betrag der Annuität bleibt gleich, während sich die jährlichen Teilbeträge für Zins und Tilgung verändern. Der Tilgungsanteil steigt, die Zinsen verringern sich.
Tab. 1: Annuitätendarlehen – 10.000 Euro, 4 Jahre, 5 % | |||||
Jahr | Zinsen | Tilgung | Annuität | Restbetrag | Restbetrag |
Jahresanfang | Jahresende | ||||
1 | 500 | 2.320 | 2.820 | 10.000 | 7.680 |
2 | 384 | 2.436 | 2.820 | 7.680 | 5.244 |
3 | 262 | 2.558 | 2.820 | 5.244 | 2.686 |
4 | 134 | 2.686 | 2.820 | 2.686 | 0 |
Die Annuität, die an den Kreditgeber gezahlt wird, wird wie folgt ermittelt: 10.000 Euro x 0,2820 (Annuitätenfaktor) = 2.820 Euro. Der Annuitätenfaktor kann dabei errechnet oder den Zinseszinstabellen entnommen werden (siehe Tab. 4).
Von der Annuität sind die Zinsen zu subtrahieren, die Differenz ergibt die jährliche Tilgung. Da diese jährlich steigt und die Annuität gleich bleibt, schrumpft der Anteil der Zinsen. Am Ende der Laufzeit ist das Annuitätendarlehen vollständig getilgt (siehe Tab. 1, Annuitätendarlehen).
Annuitätenmethode zur Beurteilung von Investitionen
Neben der Verwendung des Begriffs Annuität im Bereich der Kreditrückzahlungen kann die Annuitätenmethode auch bei den Zahlungsströmen einer oder mehrerer Investitionen – wieder unter Berücksichtigung von Zins- und Zinseszinseffekten – helfen. Die Annuitäten bezeichnen dann die durchschnittlichen (gleichbleibenden) jährlichen Ein- und Auszahlungen.
Eine typische Fragestellung lautet beispielsweise: Wie hoch ist der Betrag, den ein Anleger bei einer bestehenden Geldanlage (20.000 Euro, 6 %, 3 Jahre) jedes Jahr in gleicher Höhe abheben kann? Der zu verwendende Annuitätenfaktor laut Tabelle 4 beträgt 0,374, sodass sich eine Annuität in Höhe von 20.000 Euro x 0,374 = 7.480 Euro ergibt.
Nehmen wir ein Kalkulationsbeispiel aus der Radiologie: Eine radiologische Großpraxis plant die Anschaffung einer neuen Röntgenanlage für 100.000 Euro. Während der Lebensdauer dieser Anlage (4 Jahre) fallen jährliche Einzahlungen (Erlöse) sowie jährliche Betriebs- und Instandhaltungsauszahlungen an (siehe Tab. 2). Die Praxis rechnet mit einem Zins von 4 %. Zunächst soll der Kapitalwert dieser Investition ermittelt werden (siehe Tab. 3). Dieser Kapitalwert ist die Differenz aus dem Barwert der Einnahmen (158.785 Euro) und dem Barwert der Auszahlungen (140.626 Euro) und beträgt 18.159 Euro. Damit ist die Investition wirtschaftlich. Die jährlichen Überschüsse (Einzahlungen – Auszahlungen) sind in den einzelnen Jahren unterschiedlich hoch. Aus diesem Grund bietet sich die Durchführung einer Annuitätenrechnung an.
Tab. 2: Anschaffung einer neuen Röntgenanlage | ||
Auszahlungen | Einzahlungen | |
Jahr 0 | 100.000 Euro | 0 Euro |
Jahr 1 | 20.000 Euro | 50.000 Euro |
Jahr 2 | 8.000 Euro | 30.000 Euro |
Jahr 3 | 9.000 Euro | 40.000 Euro |
Jahr 4 | 7.000 Euro | 50.000 Euro |
Tab. 3: Beispielinvestition – Kapitalwert und Investition | ||||||
Auszahlungen (Euro) | Abzinsungsfaktor | Barwert | Einzahlungen (Euro) | Abzinsungsfaktor | Barwert | |
Jahr 0 | 100.000 | 1 | 100.000 | |||
Jahr 1 | 20.000 | 0,962 | 19.240 | 50.000 | 0,962 | 48.100 |
Jahr 2 | 8.000 | 0,925 | 7.400 | 35.000 | 0,925 | 32.375 |
Jahr 3 | 9.000 | 0,889 | 8.001 | 40.000 | 0,889 | 35.560 |
Jahr 4 | 7.000 | 0,855 | 5.985 | 50.000 | 0,855 | 42.750 |
Summe Barwerte der Ausgaben | 140.626 | Summe Barwerte Einnahmen | 158.785 |
Tab. 4: Annuitätenfaktoren* | |||||
Jahre | 3 % | 4 % | 5 % | 6 % | 7 % |
1 | 1,030 | 1,040 | 1,050 | 1,060 | 1,070 |
2 | 0,523 | 0,530 | 0,538 | 0,545 | 0,553 |
3 | 0,354 | 0,360 | 0,367 | 0,374 | 0,381 |
4 | 0,269 | 0,275 | 0,282 | 0,289 | 0,295 |
5 | 0,218 | 0,225 | 0,231 | 0,237 | 0,244 |
6 | 0,185 | 0,191 | 0,197 | 0,203 | 0,210 |
7 | 0,161 | 0,167 | 0,173 | 0,179 | 0,186 |
8 | 0,142 | 0,149 | 0,155 | 0,161 | 0,167 |
9 | 0,128 | 0,134 | 0,141 | 0,147 | 0,153 |
10 | 0,117 | 0,123 | 0,130 | 0,136 | 0,142 |
* Formel zur Berechnung der Annuitätenfaktoren: ANFn,i = qn x (q – 1)/(qn – 1),
mit ANF = Annuitätenfaktor; n = Dauer; q = Zinsfaktor, i = Zinssatz (q = 1 + i)
Die Annuität beträgt 18.159 x 0,275 = 4.994 Euro, mit dem Annuitätenfaktor 0,275 (siehe Tab. 4). Mit diesem kann die Annuität errechnet werden. Die Investition ist dann vorteilhaft, wenn sie zu einer positiven Annuität führt. Hier erbringt die Investition einen jährlichen Überschuss in Höhe von 4.994 Euro. Dies bedeutet, dass die Praxis die Anschaffungsauszahlung in 4 Jahren wieder gewinnt und die innerhalb der 4 Jahre ausstehenden Beträge zum Zinssatz von 4 % verzinst bekommt.
Weil bei Investitionen jährliche oder auch monatliche Zahlungen anfallen, ist es oft sinnvoller, einen Vergleich auf der Basis der Annuitätenrechnung durchzuführen und nicht den Vergleich des Kapitalwerts, der auf den gegenwärtigen Zeitpunkt bezogen ist.
Fazit |
Neben der Kapitalwertmethode ist die Annuitätenmethode eine beliebte Methode der dynamischen Investitionsrechnung. Während die Kapitalwertmethode den Totalerfolg von Investitionen aufzeigt, bezieht sich die Annuitätenmethode auf den Periodenerfolg. Wenn die jährlichen Überschüsse (Einzahlungen abzüglich Auszahlungen) für eine Investition in den einzelnen Perioden unterschiedlich hoch ausfallen, bietet sich die Durchführung einer Annuitätenrechnung an. |
- „Beurteilung von Investitionen mithilfe von Wirtschaftlichkeitsrechnungen“, in RWF Nr. 03/2025
(ID:50418458)
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