Zuschläge auf das RLV bei kooperativer Tätigkeit

von Rechtsanwältin Anika Mattern, Kanzlei am Ärztehaus, Münster, kanzlei-am-aerztehaus.de

Eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG), der Ärzte mit einer sog. Doppelzulassung (hier: Fachärzte für Nuklearmedizin und Fachärzte für Diagnostische Radiologie) angehören, erhalten keinen Zuschlag zum Regelleistungsvolumen (RLV) von 10 Prozent, da sie nicht arztgruppen- und schwerpunktgleich ist. Arztgruppe bzw. Schwerpunkt sind dabei im Sinne des Weiterbildungsrechts zu verstehen (Sozialgericht [SG] Marburg, Gerichtsbescheid vom 04.01.2021, Az. S 12 KA 35/15, S 12 KA 39/15 ).

Sachverhalt

Eine BAG, bestehend aus einem Facharzt für Diagnostische Radiologie sowie vier Fachärzten für Radiologie, zwei zugleich auch als Fachärzte für Nuklearmedizin zugelassen, erhielt für die Quartale I/2009 und II/2009 keinen Zuschlag auf das RLV in Höhe von 10 Prozent für fachgleiche BAGen. Dagegen legte die BAG zunächst Widerspruch ein und erhob schließlich Klage. Die Doppelzulassung dürfe nicht dazu führen, dass der Zuschlag verwehrt werde. Der Bewertungsausschuss spreche eindeutig ausschließlich von derselben Arztgruppe/demselben Schwerpunkt. Diese Abgrenzung knüpfe an das Weiterbildungsrecht an. Die Regelung spreche zudem lediglich von schwerpunktgleich, nicht von schwerpunktidentisch.

Entscheidungsgründe

Das SG Marburg wies jedoch die Klage der BAG ab und gab der KV im Ergebnis recht. Die BAG habe für die strittigen Quartale keinen Anspruch auf einen Zuschlag für fachgleiche BAGen. Nach dem zu der Zeit gültigen Honorarverteilungsvertrag werde die Höhe des zutreffenden RLV für arztgruppen- und schwerpunktgleiche BAGen und Praxen mit angestellten Ärzten derselben Arztgruppe/desselben Schwerpunkts unter Berücksichtigung eines Aufschlags i. H. v. 10 Prozent berechnet. Erst ab dem Quartal III/2009 erhielten auch fachübergreifende Praxen einen Zuschlag.

Dabei seien Arztgruppe bzw. Schwerpunkt im Sinne des Weiterbildungsrechts zu verstehen. Es sei nicht zu beanstanden, dass die KV davon ausgehe, aufgrund einer sog. Doppelzulassung liege keine arztgruppen- und schwerpunktgleiche BAG vor.

Merke

Das Urteil erging zum „alten“ Honorarverteilungsvertrag, der in den Jahren von 2004 bis 2011 die Verteilung der von den Krankenkassen bereitgestellten Gesamtvergütung regelte. Seit dem Inkrafttreten des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes am 01.01.2012 werden die Honorarverteilungsmaßstäbe (wieder) als Satzungsrecht durch die jeweiligen KVen festgesetzt.

 

Folgen für die Praxis

Gem. § 87b Abs. 2 Satz 2 SGB V hat der Verteilungsmaßstab der kooperativen Behandlung von Patienten in dafür gebildeten Versorgungsformen angemessen Rechnung zu tragen. Aufgrund der regional, von jeder KV gesondert festgelegten Honorarsystematik muss jedoch im Einzelfall geprüft werden, ob solche Zuschläge bei kooperativer Tätigkeit auch für Radiologen/Nuklearmediziner relevant sind.

Im Bereich der KV Westfalen-Lippe ist dies nicht der Fall, da Radiologen und Nuklearmediziner dem RLV nicht (mehr) unterfallen und ein Zuschlag insoweit nicht möglich ist.

Die Systematik kann jedoch von KV zu KV verschieden sein. So wird für beide Arztgruppen beispielsweise im Bereich der KV Bayerns oder der KV Niedersachsen weiterhin ein RLV festgesetzt.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass bei nicht standortübergreifenden fach- und schwerpunktgleichen Kooperationen i. d. R. ein zehnprozentiger Zuschlag auf das praxisbezogene Honorarbudget gewährt wird. Bei standortübergreifenden fach- und schwerpunktgleichen bzw. fach- und schwerpunktübergreifenden Kooperationsformen hingegen wird bei der Zuschlagshöhe regelmäßig auf den Kooperationsgrad abgestellt. Je nach Kooperationsgrad sind Zuschläge bis zu 40 Prozent möglich.

Weiterführende Hinweise