Samstagssprechstunde: Mitarbeiter müssen auch arbeiten!

von RA, FA für MedR, Wirtschaftsmediator Dr. Tobias Scholl-Eickmann, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

Arztpraxen können eine regelhafte Samstagssprechstunde anbieten. Mitarbeiter sind dann verpflichtet, auch an Samstagen ihre Arbeitsleistung zu erbringen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn arbeits- oder tarifvertraglich eine abweichende Regelung verankert wurde. Die Abmahnung gegenüber einer Mitarbeiterin, die zum eingeteilten Dienst am Samstag nicht erschienen ist, bleibt daher wirksam. Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz entschieden (Urteil vom 08.02.2018, Az. 5 Sa 387/17 ).

Sachverhalt

Eine MTA ist in einer radiologischen Gemeinschaftspraxis in Form einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) in Teilzeit beschäftigt. Im Arbeitsvertrag wurde vereinbart, dass sich die regelmäßige Arbeitszeit nach den praxisüblichen Sprechstunden richte. Zudem sei der Arbeitgeber berechtigt, aus dringenden betrieblichen Erfordernissen eine Änderung der Arbeitszeiteinteilung vorzunehmen. In einer später getroffenen Zusatzvereinbarung wurde geregelt, dass für Randarbeitszeiten, etwa ab 20:00 Uhr oder an Samstagen, ein Zuschlagbonus von 25 Prozent pro Stunde gezahlt wird. 2013 einigten sich die MTA und die BAG auf eine Arbeitszeit von 35 Wochenstunden. Handschriftlich wurde daher im Arbeitsvertrag hinzugefügt: „1 pro Monat Samstag bis 14 h“.

Nachdem das Begehren der Angestellten, auf 20 Wochenstunden zu reduzieren, abgelehnt worden war, erkrankte sie und war danach urlaubsbedingt abwesend. Nach ihrer Rückkehr wurde sie für Samstag, den 17.12.2016, von 8:00 bis 14:00 Uhr zum Dienst eingeteilt. Die MTA erklärte, sie sei aufgrund einer privaten Gedenkfeier unabkömmlich und erschien nicht zum Dienst. Die BAG mahnte sie ab.

Entscheidungsgründe

Ein Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte besteht laut LSG nicht, da die Abmahnung zu Recht erteilt worden sei. Die Entfernung könne in der Regel dann verlangt werden, wenn die Abmahnung inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. Keine dieser Voraussetzung sei vorliegend erfüllt.

Grundsätzlich sei die Angestellte auch samstags zur Arbeit verpflichtet. Arbeitsvertraglich werde auf die „praxisüblichen Sprechstundenzeiten“ abgestellt. Auch wenn bei Vertragsschluss noch keine Samstagsarbeit geleistet worden sei, habe die BAG die Samstagsarbeit später im Rahmen des bestehenden Direktionsrechts einführen dürfen. Insbesondere darf die BAG entscheiden, welcher Arbeitnehmer an welchem Samstag die Tätigkeit zu verrichten habe.

Die Einteilung für den 17.12.2016 habe billigem Ermessen entsprochen. Die MTA hatte zuvor über zumindest 2 Monate keine Samstagstätigkeit geleistet. Eine begründete Ausführung zu der privaten Gedenkfeier, deren Uhrzeit oder Anlass sei auch prozessual nicht erfolgt. Dass die Angestellte glaubte, die Samstagsarbeit sei mit ihr abzustimmen und insoweit nicht einseitig anordnungsfähig, ist für die rechtliche Bewertung unerheblich; das Risiko des Rechtsirrtums trägt insoweit die Klägerin. Im Übrigen hätte ihr durch den handschriftlichen Zusatz „1 pro Monat Samstag bis 14 h“ klar sein müssen, dass es sich nicht um eine freiwillige oder abstimmungsbedürftige Tätigkeit handele.

Kündigung durch BAG

Glücklich sind die Parteien im weiteren Verlauf nicht mehr geworden. Die MTA, die in den Abmahnungen eine unbotmäßige Reaktion auf ihr Teilzeitbegehren vermutete, hat zwar in einem parallel geführten Verfahren einen Vergleich über die Reduktion der Arbeitszeit auf 20 Stunden erwirken können. Doch einige Monate später kündigte die BAG das Arbeitsverhältnis fristlos sowie hilfsweise fristgemäß. Die dagegen gerichtete Klage ist noch erstinstanzlich anhängig.

Folgen für die Praxis

Für Praxisinhaber ist die Entscheidung zu begrüßen. Das Recht, Samstagsarbeit von den Mitarbeitern zu verlangen, wird nochmals bestärkt. Bereits 2009 hatte das Bundesarbeitsgericht (BSG) in einem Grundsatzurteil festgestellt, dass das Direktionsrecht des Arbeitgebers auch die Anordnung von Samstagsarbeit umfasst, soweit arbeits- oder tarifvertraglich nicht Anderweitiges verankert ist (Urteil vom 15.09.2009, Az. 9 AZR 757/08).

Manteltarifvertrag gilt nur, wenn Anwendung vereinbart wurde

Der in der Praxis verbreitete Manteltarifvertrag zwischen der Arbeitsgemeinschaft zur Regelung der Arbeitsbedingungen der Arzthelferinnen/Medizinischen Fachangestellten und dem Verband medizinischer Fachberufe e. V. sieht lediglich eine Beschränkung dahin vor, dass an Samstagen nur bis 12:00 Uhr gearbeitet werden kann.

Zudem muss für Samstagsarbeit ein Zuschlag gewährt werden. Diese Regelung gilt indes nur dann, wenn die Anwendung des Tarifvertrags vereinbart wurde oder bei beidseitiger Tarifbindung.

Praxistipp

Erfahrungsgemäß sehen die meist anzutreffenden Arbeitsverträge weder eine Tarifbindung noch eine abschließende Festlegung der Arbeitszeiten vor, sondern fixieren lediglich die Wochenarbeitszeiten. In diesen Fällen kann auch eine Samstagssprechstunde eingeführt werden. Entsprechend sollte beim Abschluss neuer Arbeitsverträge auch darauf geachtet werden, keine Bindung hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung einzugehen. Ein Vorbehalt, auch Samstagstätigkeit einzuführen, ist denkbar, aber nicht zwingend.

 

Gründe für die Einführung einer Samstagssprechstunde

Ob die Einführung einer regelhaften Samstagssprechstunde lohnt, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Patienten sind sicherlich vielfach dankbar für ein ergänzendes Angebot an Samstagen oder auch zu Abendzeiten.

Gerade in Praxen, die im Kern durch den Betrieb von medizinisch-technischen Geräten Umsätze erzielen, kann die Reduktion der Stillstandzeiten wirtschaftlich sinnvoll sein.

Weiter dürfte auch für Praxen, die im Rahmen von Plausibilitätsprüfungen unter Überschreitungen der Quartalszeitprofile leiden, die Einführung von regelhaften Samstagssprechstunden zu einer Entlastung führen, da die Samstagstätigkeit vielfach ergänzend zum bestehenden Zeitprofil zusätzlich anerkannt wird.

Die Mitarbeiter können und müssen sich einer entsprechenden unternehmerischen Entscheidung beugen und auch an Samstagen arbeiten, soweit keine anderweitigen Vereinbarungen entgegenstehen. Gesetzlich ist der Samstag ein Werktag, auch wenn er nach einer vielfachen Wahrnehmung zum „Wochenende“ gehört.

Merke

Mögliche Gründe für die Einführung einer Samstagssprechstunde:

  • Zusätzliches Angebot für Patienten
  • Höhere Auslastung medizinisch-technischer Geräte
  • Gegenmaßnahme bei Überschreitung der Zeitprofile