Kein Anspruch auf MRT der Mamma ohne medizinische Indikation

von RA Kristian Schwiegk LL.M., Voß.Partner Medizin, Münster, voss-medizinrecht.de

Ein Anspruch auf eine jährliche Mamma-MRT-Untersuchung besteht innerhalb der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht unabhängig von einer ärztlichen Indikationsstellung. Und diese richtet sich ihrerseits verbindlich nach den Vorgaben der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung (MVV-Richtlinie) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 11.03.2021, Az. L 4 KR 68/21 B ).

Sachverhalt

Die Klägerin, eine 63-jährige GKV-Versicherte mit Zustand nach invasiv duktalem Mammakarzinom rechts, beantragte bei ihrer gesetzlichen Krankenkasse die Kostenübernahme für jährliche MRT-Untersuchungen der Mamma. Ohne eine entsprechende ärztliche Stellungnahme beizufügen, führte sie in ihrem Antrag aus, dass nur diese Diagnostik infrage komme. Sonografien erscheinen ihr nicht sicher genug. Die Kompression der Brust bei Mammografien bereite ihr unerträgliche, bis hin zur Ohnmacht führende Schmerzen.

Die Krankenkasse lehnte den Antrag ab und begründete die Entscheidung unter Verweis auf ein eingeholtes Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) mit dem zwingenden Erfordernis eines nachgewiesenen diagnostischen bzw. therapeutischen Nutzens der beantragten Leistung. Dieser könne ohne ärztlich gestellte medizinische Indikation nicht angenommen werden. Bei einem Zustand nach Mammakarzinom mit Operation seien vierteljährliche Tumornachsorgen durch klinische Tastüberwachung mit regelmäßigen sonografischen Kontrollen durchzuführen. Bei sonografischen Auffälligkeiten könne im weiteren Verlauf ggf. eine Mamma-MRT-Untersuchung notwendig werden.

Begründung des LSG

Das LSG begründete die Ablehnung damit, dass die Voraussetzungen für den Leistungsanspruch der Klägerin nicht gegeben seien. Ein Anspruch auf die Mamma-MRT-Untersuchung bestehe nur im Rahmen der Empfehlungen des G-BA nach § 135 Abs. 1 SGB V i. V. m. der MVV-Richtlinie, in deren Anlage I Nr. 9 die Voraussetzungen zur Durchführung der hier begehrten MRT der weiblichen Brust bei Mammakarzinom geregelt sind.

Danach werde die geforderte Untersuchungsmethode ausschließlich in die vertragsärztliche Versorgung aufgenommen bei den Indikationen

  • „Rezidivausschluss eines Mammakarzinoms nach brusterhaltender Therapie (Operation und/oder Radiatio)“ oder
  • „nach primärem oder sekundärem Brustwiederaufbau, wenn Mammografie und Sonografie nicht die Dignität des Rezidivverdachts klären, und Primärtumorsuche bei histologisch gesicherter axillärer Lymphknotenmetastase eines Mammakarzinoms, wenn ein Primärtumor weder klinisch noch mit dem bildgebenden Verfahren Mammographie oder Sonografie dargestellt werden konnte“.

Bei Fehlen dieser Indikationen gelte die Regelversorgung einer vierteljährlichen Tumornachsorge im Sinne einer klinischen Tastüberwachung mit regelmäßigen sonografischen Kontrollen. Bei Auffälligkeiten könne ggf. die Notwendigkeit einer Mamma-MRT medizinisch indiziert sein. Voraussetzung sei jedoch stets eine ärztliche Indikationsstellung. Ein Anspruch auf eine Mamma-MRT-Untersuchung unabhängig von der Indikationsstellung des Arztes sei ausgeschlossen.

Fazit

Die Entscheidung des LSG verdeutlicht die Verbindlichkeit der in den Richtlinien des G-BA enthaltenen Vorgaben für das Vertragsarztwesen. Bei Missachtung sieht sich der Vertragsarzt dem Vorwurf eines Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V) ausgesetzt. Es droht die Einleitung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die zu Honorarregressen sowie ggf. weiteren disziplinarrechtlichen Maßnahmen führen können. In gewissen Konstellationen können auch berufs- und strafrechtliche Verfahren folgen. Es empfiehlt sich daher, die veröffentlichten Änderungen/Neuerungen der Richtlinien des G-BA aufmerksam zu verfolgen. Im Vorfeld der eigenen Leistungserbringung sollte das Vorliegen der jeweils erforderlichen medizinischen Indikation geprüft und bei deren Fehlen in Rücksprache mit den Überweisenden geklärt werden, um spätere Ärgernisse zu vermeiden!