GOÄ – Welcher Faktor ist bei der IMRT möglich?

FRAGE | „Seit dem 09.03.2020 gibt es eine neue Abrechnungsempfehlung zur Abrechnung der intensitätsmodulierten Strahlentherapie (IMRT) zwischen dem Berufsverband der Deutschen Strahlentherapeuten (BVDST) und dem PKV-Verband. Wie ist diese Empfehlung einzuordnen? Wenn ein Patient nun mit vier Zielvolumen und täglicher CT-gestützter Lagerungskontrolle bestrahlt wird, würde nach alter Abrechnungsempfehlung der Faktor 1,5 zugrunde gelegt werden (bei Ansatz der Nr. 5855 GOÄ analog). Kommt dieser Mehraufwand jetzt nicht mehr zum Tragen? Ist eine Empfehlung nur eine Empfehlung, an die man sich aber nicht halten muss, oder ist diese rechtsverbindlich?“

ANTWORT | Der PKV-Verband und der BVDST haben eine Vereinbarung über eine gemeinsame Abrechnungsempfehlung getroffen (s. Abrechnungsempfehlung IMRT vom 09.03.2020).

Abrechnungsempfehlung IMRT vom 09.03.2020

„Die IMRT mit bildgeführter Überprüfung der Zielvolumina (IGRT) einschließlich aller Planungsschritte und individuell angepasster Ausblendungen, unabhängig von eingesetzten Bestrahlungsverfahren bzw. Bestrahlungsgeräten, je Bestrahlungssitzung, Nr. 5855 GOÄ analog (6.900 Punkte), wird zum 1,3-fachen Gebührensatz abgerechnet (entspricht 522,83 Euro). Die Berechnung erfolgt einmal je Sitzung für maximal 40 Bestrahlungssitzungen. Diese Empfehlung gilt, bis eine neue GOÄ in Kraft tritt.“

 

Diese Vereinbarung stellt lediglich eine Empfehlung dar, die offensichtlich dazu dienen soll, weitere Auseinandersetzungen um die von der Bundesärztekammer (BÄK) beschlossene Abrechnungsempfehlung zur IMRT aus dem Jahre 2011 zu vermeiden. Die Empfehlung von 2011 war bei einigen Versicherungen umstritten. In der Folge kam es zu einer Vielzahl von gerichtlichen Auseinandersetzungen. Einen Überblick über die Entwicklung gibt u. a. die Kommentierung Hoffmann/Kleinken (s. Auszug aus der Kommentierung Hoffmann/Kleinken).

Auszug aus der Kommentierung Hoffmann/Kleinken

„Vonseiten einiger privater Krankenversicherungen wurde die Auffassung vertreten, dass die IMRT nach den Analogziffern für die fraktionierte stereotaktische Präzisionsbestrahlung nach Nrn. 5865, 5866 GOÄ analog und deren Beschränkungen hinsichtlich der Anzahl der abrechnungsfähigen Fraktionen zu vergüten sei. Das Landgericht (LG) Düsseldorf lehnte in zwei Entscheidungen (Az. 9 O 201/15 vom 29.05.2018 und Az. 9 O 138/15) die Berechnung nach den o. a. Empfehlungen der BÄK ab.

In einem Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17.09.2012 (Az. 12 K 1012/12) wurde jedoch bereits die nach den Beschlüssen des Gebührenordnungsausschusses der Bundesärztekammer vorgenommene Abrechnungsweise als rechtmäßig anerkannt. Im Urteil des LG Stuttgart vom 24.03.2015 (Az. 15 O 74/12) wurde ebenfalls die Abrechnung nach Empfehlung der BÄK mit der Nr. 5855 GOÄ analog bestätigt. Das Gericht wies darauf hin, dass die IMRT/IGRT nicht nur (gebührenbezogen) gleichwertig einer intraoperativen Bestrahlung mit Elektronen, sondern sogar mit höheren Kosten verbunden sei. Das Gericht bestätigte, dass der bemessene Faktor von 1,8 rechtmäßig sei. Die Bemessung des Steigerungsfaktors richte sich einzig nach den Vorgaben der GOÄ, nicht jedoch nach Abrechnungsempfehlungen der BÄK oder des BVDST. Besondere Umstände, welche sogar zur Überschreitung des 1,8-fachen Faktors berechtigt hätten, seien in dem Fall jedoch nicht vorliegend gewesen. Mittlerweile sind weitere Entscheidungen bekannt geworden, die ebenfalls den Ansatz der Nr. 5855 GOÄ analog für die IMRT bestätigen.“

 

Aus den ergangenen Urteilen ist zu schließen, dass die Rahmenbedingungen bezüglich des Faktors auch bei der Analogabrechnung für die IMRT nach Nr. 5855 GOÄ analog genauso gelten wie in der GOÄ verankert, d. h. max. 1,8-fach und mit Begründung in Einzelfällen 2,5-fach.

Fazit

Von einer „Rechtsverbindlichkeit“ der Abrechnungsempfehlung zur IMRT vom 09.03.2020 ist nicht auszugehen. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass sich einzelne private Krankenversicherungen in Zukunft danach richten werden und auch rechtliche Auseinandersetzungen in Einzelfällen mit unklarem Ausgang möglich sind.

 

(beantwortet von Ernst Diel, ehem. Leiter Grundsatzfragen PVS Büdingen)