Die Umsatzsteuerbefreiung für Apparategemeinschaften

von StB Moritz Bihler, Reutlingen, www.bihler-reinhard.de

Leistungen zwischen einer Apparategemeinschaft und ihren Gesellschaftern sind nicht nur umsatzsteuerlich nicht ganz einfach zu handhaben. Sie können auch zu massiven Problemen im Abrechnungs- und im Vertragsarztrecht führen. Im schlimmsten Fall sind der Vorwurf des Abrechnungsbetrugs und eine Strafverfolgung die Folge. In steuerlicher Hinsicht sind verschiedene Gestaltungsvarianten denkbar.

Rechtliche und steuerliche Ausgangslage

Neben den strafrechtlichen Aspekten sind auch die Vorgaben der GOÄ zu beachten. So kann der Arzt nach § 4 Abs. 2 GOÄ nur Gebühren für ärztliche Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden. Im vertragsärztlichen Bereich können gerätebezogene Untersuchungen, die dem Gesellschafter von der Apparategemeinschaft berechnet werden, vom Gesellschafter gegenüber der KV als eigene Leistung abgerechnet werden. § 15 Abs. 3 BMV-Ärzte gewährt insoweit für gerätebezogene Leistungen eine Durchbrechung des Grundsatzes der persönlichen Leistungserbringung. Diese vertragsarztrechtliche Durchbrechung ist jedoch nicht auf den privatärztlichen Bereich übertragbar.

Eine persönliche Leistungserbringung ist bei gerätebezogenen Untersuchungen nicht gegeben, wenn die Leistungen am Ort der Untersuchungsstätte nicht vom Praxisinhaber erbracht oder beaufsichtigt werden. Nach Auffassung der Kammer ist die Anwesenheit des Arztes, auf dessen Veranlassung und unter dessen Verantwortung die Leistung erbracht werden soll, grundsätzlich erforderlich, auch wenn die Leistungen delegierbar sind.

Praxistipp

Der Verstoß gegen die persönliche Leistungserbringung kann als Abrechnungsbetrug gewertet werden (BGH, Urteil vom 25.01.2012, Az. 1 STR 45/11). Auch sind Auswirkungen bei der Gewerbesteuer und Umsatzsteuer denkbar.

 

Nach dem Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) ist die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a Umsatzsteuergesetz (UStG) auf Leistungen anzuwenden, die im Rahmen eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Patienten und Behandelndem erbracht werden. Allerdings hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) die Sichtweise der Verwaltung nicht uneingeschränkt zu eigen gemacht. Das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient ist nach Auffassung des BFH kein zwingendes Erfordernis für die Umsatzsteuerbefreiung. Vielmehr sei notwendig und auch ausreichend, dass die ärztliche Dienstleistung ein unerlässlicher, fester und untrennbarer Bestandteil eines Gesamtverfahrens sei, dessen einzelne Abschnitte sinnvollerweise nicht isoliert voneinander durchgeführt werden können. So kann beispielsweise ein Laborarzt auch gegenüber anderen Ärzten steuerfreie Heilbehandlungsleistungen erbringen (EuGH, Urteil vom 08.06.2006, Az. C-106/05). Wird auf diese Sichtweise abgehoben, könnte für die Leistung des abrechnenden Vertragsarztes die Umsatzsteuerbefreiung Anwendung finden. Insoweit bildet die gerätebezogene Dienstleistung einen „unerlässlichen, festen und untrennbaren Bestandteil eines Gesamtverfahrens“, das der Vorbeugung, Diagnose, Behandlung und – soweit möglich – der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen der Menschen dient (Abschnitt 4 Nr. 14.1 Abs. 4 UStAE).

Gestaltungsvorschläge für die Apparategemeinschaft

Die Bedienung der Geräte und die Beaufsichtigung der MTRAs kann in einer Apparategemeinschaft auf verschiedene Arten geregelt werden. Die steuerliche Würdigung bzw. die Abrechnung der Kosten ist dabei auf zwei Ebenen zu betrachten. Die erste Ebene beschäftigt sich mit der Frage der umsatzsteuerbefreiten Abrechnung der Kosten aus der Apparategemeinschaft. Hier kommt die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. d UStG zur Anwendung. Auf der zweiten Ebene stellt sich die Frage, ob die Abrechnung gegenüber dem Patienten unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG fällt.

1. Die Apparategemeinschaft hat einen angestellten Arzt

Ebene 1: In dieser Konstellation ist eine Steuerbefreiung im Rahmen der Weiterberechnung der Kosten auf die Gesellschafter möglich.

Ebene 2: Bei der Abrechnung der Kosten der Apparategemeinschaft ist zu beachten, ob der Patient gesetzlich oder privat versichert ist: Ist der Patient gesetzlich versichert, rechnet der überweisende Arzt die Vorleistung der Apparategemeinschaft gegenüber der GKV ab. Die Vorleistung der Apparategemeinschaft gilt nach § 15 Abs. 3 BMV-Ärzte als persönliche Leistung des Vertragsarztes, die umsatzsteuerbefreit ist. Die GKV erstattet dem abrechnenden Arzt die Kosten der Vorleistung. Soll die Vorleistung gegenüber einem Privatpatienten abgerechnet werden, ist zu beachten, dass die Vorleistung der Apparategemeinschaft gemäß § 4 Abs. 2 GOÄ nicht als persönliche Leistung des überweisenden Arztes gewertet wird. Die Folge ist, dass die private Krankenkasse die Vorleistung nicht erstatten muss (Vorsicht: Abrechnungsbetrug).

Praxistipp

Umsatzsteuerlich könnte wegen des Fehlens der persönlichen Leistungserbringung bzw. wegen Fehlens des persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Patienten und behandelndem Arzt eine Umsatzsteuerpflicht der Leistung unterstellt werden. Diese Sichtweise dürfte m. E. schwer begründbar sein, da dieselbe Leistung nur wegen der unterschiedlichen Kassenzugehörigkeit des Patienten unterschiedlich besteuert würde.

 

2. Leiter der Apparategemeinschaft ist ein bei einem Gesellschafter angestellter Arzt

Ebene 1: Die Steuerbefreiung ist grundsätzlich möglich. Es ist darauf zu achten, dass dem anstellenden Arzt kein Vorteil aus der Weiterbelastung der Kosten entsteht. Hier könnte ansonsten der Tatbestand der Bestechung begründet werden.

Ebene 2: Abrechnung gegenüber gesetzlich Versicherten: Der Gesellschafter, für den der angestellte Arzt tätig ist, kann die Vorleistung der Apparategemeinschaft für seine Patienten gegenüber der GKV abrechnen. Die Leistungen angestellter Vertragsärzte sind Leistungen der anstellenden Vertragsärzte. Für die Patienten der übrigen Gesellschafter gilt § 15 Abs. 3 BMV-Ärzte. Sie können die Vorleistung ebenfalls gegenüber der GKV abrechnen. Die Vorleistung fällt auch beide Male unter § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG und ist umsatzsteuerbefreit. Die Abrechnung gegenüber privat Versicherten Patienten ist nur bei Patienten des anstellenden Arztes problemlos möglich. Behandelt der angestellte Arzt Privatpatienten der anderen Gesellschafter, ist das Merkmal der persönlichen Leistungserbringung verletzt.

3. Leiter ist ein Gesellschafter

Was für den angestellten Arzt gilt, gilt sinngemäß auch für den Gesellschafter: Weiterhin unproblematisch sind die gesetzlich Versicherten, egal ob sie eigene Patienten oder Patienten der anderen Gesellschafter sind. Dasselbe gilt für eigene Privatpatienten.Problematisch sind wie in den vorhergehenden Beispielen die Privatpatienten der anderen Gesellschafter. Hier sollte grundsätzlich ebenfalls eine persönliche Anwesenheit der weiteren Gesellschafter gegeben sein, sodass es sich um einen einheitlichen steuerfreien Vorgang handelt.

4. Es erfolgt eine Online-Zuschaltung des zuweisenden Arztes

Die Online-Zuschaltung des zuweisenden Arztes genügt für eine persönliche Leistungserbringung nicht. Die Online-Zuschaltung bedeutet nach Auffassung der Ärztekammern, dass der die Untersuchung anordnende Arzt eben nicht persönlich anwesend ist, sodass die Untersuchung vom anordnenden Arzt auch nicht als persönliche Leistung abgerechnet werden darf. Insoweit unterliegt die Beurteilung einer Abrechnung gegenüber den privaten Krankenkassen den oben dargestellten Kriterien. Bei GKV-Patienten gilt, dass grundsätzlich eine einheitliche Leistung vorliegt. Die Online-Zuschaltung ist unschädlich.

Praxistipp

Im Hinblick auf die vorgenannten Darlegungen erscheint es immer empfehlenswert, vorab bei der zuständigen Ärztekammer/ggf. KV die gewählte Gestaltung prüfen zu lassen.