ArbeitsrechtWettbewerbsverbot in Angestelltenverträgen – was Sie dringend beachten müssen!
Von Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht Rainer Kuhlen, Vellmar, kanzlei-kuhlen.de
Ein – nachvertragliches – Wettbewerbsverbot ist in Angestelltenverträgen eine beliebte Konstruktion und soll z. B. das schnelle Einsteigen eines angestellten Radiologen oder eines nichtärztlichen Mitarbeiters einer Radiologie-Praxis nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses „bei der Konkurrenz“ verhindern. Dabei gilt es aber, auf einige Details zu achten, um zu verhindern, dass im Falle einer Kündigung ein „böses Erwachen“ erfolgt.
Art und Umfang der Beschränkung vom Einzelfall abhängig
Hinzuweisen ist zunächst darauf, dass der Arbeitgeber den Geltungsbereich des Wettbewerbsverbots zeitlich, örtlich und sachlich eingrenzen muss. Es muss klar sein, welche Tätigkeiten (1) genau untersagt sind und wie lange (2) und für welches räumliche Gebiet (3) das Wettbewerbsverbot gilt. Art und Umfang der Beschränkung sind vom Einzelfall abhängig und können nicht pauschal definiert werden.
- (1) Hinsichtlich des sachlichen Geltungsbereichs ist klar zu definieren, welche Tätigkeiten genau untersagt sind. So könnte und wird z. B. häufig in entsprechenden Verträgen mit angestellten Ärzten formuliert, dass dem ausscheidenden Arbeitnehmer für die Dauer von zwei Jahren untersagt ist, innerhalb eines Umkreises von … km Luftlinie um die Praxis eine konkurrierende Tätigkeit auf eigene oder fremde Rechnung, insbesondere in Form einer ambulanten Tätigkeit als Arzt für … (ggf. Schwerpunkt) selbstständig, als Beschäftigter oder als Betreiber eines MVZ auszuüben.
- (2) Gemäß § 74 a Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB), der nicht nur für den „Handlungsgehilfen“, sondern entsprechend auch für sämtliche Arbeitnehmer anwendbar ist, darf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot längstens für eine Dauer von zwei Jahren festgelegt werden.
- (3) Der Umfang der räumlichen Beschränkung hängt davon ab, wie weit der Wirkungsbereich eines Unternehmens gefasst ist. Wenn der Arbeitnehmer in einer Radiologie-Praxis tätig war, kann das Wettbewerbsverbot dergestalt sein, dass es – je nach Fachrichtung – im Umkreis der Arztpraxis von etwa 10 km wirkt. Ist der wirtschaftliche Einfluss eines Unternehmens weiter gefasst, kann dementsprechend auch der Geltungsbereich des Wettbewerbsverbots erweitert werden.
Sie sind verpflichtet, eine Entschädigung zu zahlen ...
Wichtig (und wird oft übersehen) ist dabei, dass sich der Arbeitgeber dazu verpflichten muss, dem Arbeitnehmer für die Dauer des Wettbewerbsverbots eine sogenannte Karenzentschädigung zu zahlen. Die monatliche Entschädigung muss dabei nach § 74 Abs. 2 HGB mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen monatlichen Vergütung betragen.
Die Karenzentschädigung berechnet sich dabei aus allen Vergütungsbestandteilen, die zum Gesamtgehalt Arbeitnehmers gehören. Daher müssen Sachleistungen (Dienstwagen, Handy usw.) genauso berücksichtigt werden wie variable Vergütungen (Provisionen, Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Sonderzahlungen).
Zu beachten ist weiterhin, dass nach § 74 c Abs. 1 HGB die Einkünfte, die der Arbeitnehmer während des Bezugs der Entschädigung erwirtschaftet, auf die Karenzentschädigung angerechnet wird. Dies jedoch nur dann, wenn die Summe aus eigenen Einkünften und Karenzentschädigung über 110 Prozent des zuletzt bezogenen Entgelts liegt.
... ansonsten verpufft das Wettbewerbsverbot
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, das keine Karenzentschädigung vorsieht, nichtig (siehe hierzu das Urteil des BAG vom 15.01.2014, Az. 10 AZR 243/13). Ein solches Wettbewerbsverbot (ohne Karenzentschädigung) muss der Arbeitnehmer dann nicht einhalten. Er kann sich hierauf aber auch nicht berufen und die Zahlung einer Karenzentschädigung verlangen. Die Situation wird dann behandelt, als wäre ein Wettbewerbsverbot überhaupt nicht vereinbart worden. Was aber gilt, wenn in einem Anstellungsvertrag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot zwar eine Karenzentschädigung vorsieht, die Entschädigung aber nicht die gesetzliche Mindesthöhe (50 Prozent des zuletzt bezahlten Gehalts) erreicht? In solchen Fällen spricht man von einer sogenannten „unverbindlichen Entschädigungszusage“, die aber nicht zur Nichtigkeit des nachträglichen Wettbewerbsverbots führt. Vielmehr wird dem Arbeitnehmer hier ein Wahlrecht eingeräumt (siehe hierzu das Urteil des BAG vom 22.03.2017, Az. 10 AZR 448/15).
Merke |
Die Entscheidung, ob der Arbeitnehmer die „unverbindlichen Entschädigungszusage“ zustimmt, muss er übrigens zu Beginn der Karenzzeit für den gesamten Zeitraum treffen! |
Fazit |
Letztendlich kann die Frage, ob ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot in einem Angestelltenvertrag aufgenommen und vom Arbeitnehmer akzeptiert werden sollte, nicht pauschal beantwortet werden. Es hängt vielmehr vom Einzelfall bzw. den jeweiligen Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers ab. |
- Er kann sich entweder von dem Wettbewerbsverbot lösen mit der Folge, dass er dann in Wettbewerb zu seinem ehemaligen Arbeitgeber treten darf, aber auch keinerlei Entschädigung erhält.
- Er kann sich aber auch an das an sich unverbindliche Wettbewerbsverbot halten. Dann hat er Anspruch auf eine Entschädigung, aber auch nur in Höhe der vereinbarten geringeren Karenzentschädigung.
(ID:50219334)
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