Zwischen Anreiz und Verpflichtung: Die Rolle des Chefarztes bei der Mitarbeiterbeteiligung

von RA, FA für MedR Dr. Tobias Scholl-Eickmann und Ass. jur. Tim Hesse, Dortmund, Kanzlei am Ärztehaus, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

Nach der Behandlung von Wahlleistungs- bzw. Privatpatienten im Krankenhaus hat der Klinikträger verschiedene Liquidationsmöglichkeiten: Entweder rechnet er die (wahl-)ärztlichen Leistungen selbst ab und beteiligt den Chefarzt gegebenenfalls prozentual (sogenannte „Beteiligungsvergütung”). Oder er räumt dem Chefarzt vertraglich ein persönliches Liquidationsrecht ein. Ob der Chefarzt von diesen Liquidationseinnahmen an die nachgeordneten ärztlichen Mitarbeiter eine Beteiligung (sogenannte „Poolzahlung”) leisten muss, hängt von verschiedenen rechtlichen Faktoren ab.

Die standes- und landesrechtliche Ausgangslage

Sowohl bei den gesetzlichen Regelungen als auch bei den Vereinbarungen in Chefarztverträgen handelt es sich meist nur um die deklaratorische Konkretisierung einer standesrechtlichen und somit den Chefarzt treffenden Pflicht, denn unter dem Stichwort „Ärztliche Zusammenarbeit” heißt es in § 29 Abs.3 der (Muster-)Berufsordnung, dass Ärzte, die andere Ärzte zu ärztlichen Verrichtungen bei Patienten heranziehen, denen gegenüber nur sie einen Liquidationsanspruch haben, verpflichtet sind, diesen Ärzten eine angemessene Vergütung zu gewähren. In diese Regelung ist die Beteiligungsvergütung neu aufgenommen worden, da Chefärzte zunehmend kein eigenes Liquidationsrecht mehr eingeräumt erhalten. Dieser neue § 29 Abs. 3 ist allerdings noch nicht durch alle Landesärztekammern umgesetzt.

Ergänzend werden Krankenhausträger in einzelnen Landeskrankenhausgesetzen – unter anderem in Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Rheinland-Pfalz– verpflichtet, beim Abschluss neuer Chefarztverträge eine Mit­arbeiterbeteiligung nach vorgegebenen (Mindest-)Kriterien zu vereinbaren. Die Pflicht zur Mit­arbeiterbeteiligung bezieht sich dabei teilweise nur auf Einnahmen aus stationärer Behandlung, teilweise auch auf die ambulante Tätigkeit. Diese gesetzlichen Poolregelungen gelten jedoch nur für nichtkirchliche Krankenhäuser.

Chefärzte haben sich in erster Linie an den in ihrem Arbeitsvertrag getroffenen Abreden zu orientieren und dort niedergelegte Verpflichtungen zu erfüllen. Sollten dort jedoch – wie in vielen aktuellen Chefarztverträgen – keine Regelungen zur Mitarbeiterbeteiligung enthalten sein, sind sie nur der berufsrecht­lichen Regelung verpflichtet.

Gestaltungsspielraum und Risiko

Vielfach findet sich somit keine Regelung oder aber lediglich eine allgemeine Verpflichtung zur Mitarbeiterbeteiligung in angemessener oder geeigneter Form. Dann besteht für den betroffenen Chefarzt bei der Beteiligungszuweisung ein beträchtlicher Spielraum. Berechtigt sind jedenfalls diejenigen ärztlichen Mitarbeiter, die an der Erzielung der liquidierten Erlöse tatsächlich beteiligt waren. Bei der Verteilung der Gelder sollten sich Chefärzte an Kriterien wie Qualifikation, Erfahrung, Motivation und konkretem Einsatz orientieren. Was unter „angemessen” zu verstehen ist, lässt sich nicht pauschal beantworten und sollte insbesondere von den Liquidationseinnahmen des Chefarztes sowie den geleisteten Beiträgen des Arztes abhängig gemacht werden.

Grundsätzlich ergeben sich jedoch weder nach dem Standesrecht oder den Krankenhausgesetzen noch aus im Arbeitsvertrag eines Chefarztes vereinbarten Poolbeteiligungen direkt einklagbare Rechte ärztlicher Mitarbeiter gegen den Chefarzt oder den Krankenhausträger. Verstöße gegen die Berufsordnung ziehen allenfalls berufsgerichtliche Konsequenzen für den Chefarzt nach sich.

Lediglich freiwillige, selbst und direkt mit Ober- oder Assistenzärzten getroffene privatrechtliche Beteiligungsabreden binden den Chefarzt unmittelbar. Einen entsprechenden Vertragsschluss durch „schlüssiges Verhalten” hat die Rechtsprechung dabei auch in Konstellationen angenommen, in denen ein Chefarzt – wie es in der Praxis häufig anzutreffen ist – fortlaufend in gleichbleibender Höhe Poolzahlungen an einen nachgeordneten Arzt – oder auch an nichtärztliches Personal – geleistet hat (vergleiche Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.11.1991, Az: 5 AZR 36/91, sowie Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 13.1.2011, Az: 6 Sa 942/10.

Hinweise

Für Chefärzte empfiehlt es sich, Poolzahlungen sowohl zeitlich als auch der Höhe nach unregelmäßig zu leisten. Im Einzelfall beteiligten Mitarbeitern sollte parallel zu jeder Zahlung ein – standardisiertes – Schreiben mit dem Hinweis übergeben werden, dass durch die einmalige Überweisung des bezifferten Betrags eine angemessene Beteiligung an den aus der Liquidation gegenüber Privatpatienten erzielten Erlösen erfolgt. Im Übrigen sollte die Freiwilligkeit der Zahlung herausgestellt werden.

Nachgeordnete Ärzte sollten bei Vertragsschluss über eine Poolzahlung verhandeln und diese möglichst arbeitsvertraglich fixieren. Sollte dies nicht erfolgt sein, bleibt die Option, den Chefarzt und den Arbeitgeber auf eine Poolbeteiligung anzusprechen. In Zeiten des Ärztemangels kann man da durchaus auf offene Ohren stoßen, da die Poolbeteiligung ein wichtiges Instrument der Mit­arbeiterbindung und -Gewinnung ist.