Win-win-Situation für Klinikchefs und Mitarbeiter durch Feedback

von Dipl. Päd. Werner Fleischer, Beratung – Coaching – Moderation, www.ihrcoach.com

Für den reibungslosen Ablauf im Klinikalltag sind Gespräche unerlässlich. Doch was nach einer Selbstverständlichkeit klingt, hat im täglichen Miteinander seine Tücken. Zwar findet täglich durchaus ein Informationsaustausch auf fachlicher Ebene statt, doch Feedback-Gespräche, die den Mitarbeitern fachliche und soziale Orientierung geben, kommen meist zu kurz. Dabei ist gerade eine funktionierende Feedback-Kultur, die alle Mitglieder des Teams einbezieht, ein wichtiges Mittel der Personalführung.

Richtig eingesetztes Feedback gibt den Mitarbeitern Sicherheit und vermittelt Zugehörigkeit. Denn sie wissen, wo sie stehen, brauchen nicht darüber zu spekulieren, wie sie und ihre Leistungen wahr­genommen werden, und erhalten gleichzeitig die Chance, sich zu entwickeln. Das verbessert die Zusammenarbeit im Team und sorgt für Identifikation mit der Klinik. Zudem ist regelmäßiges Feedback ein hervorragendes Mittel zur Mitarbeiterentwicklung und -bindung. Das sind Aspekte, die angesichts des Fachärztemangels keine Klinik mehr vernachlässigen kann.

Selbst- und Fremdbild

Aber die Praxis sieht vielfach anders aus: Meist wird erst gar kein Feedback gegeben, oder es fällt viel zu knapp und zu destruktiv aus. Außerdem kommt es beim Gegenüber dann auch noch ganz anders an als ursprünglich beabsichtigt. Schließlich muss das, was gesagt wurde, nicht das sein, was der Gesprächspartner verstanden hat und schon gar nicht das, was eigentlich gemeint war. Ursache für die unterschiedlichen Wahrnehmungen von Gesprächsinhalten ist einerseits eine Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung. Andererseits wird Kommunikation dadurch erschwert, dass in jeder Botschaft, die der Sender an den Empfänger formuliert, vier unterschiedliche Ebenen stecken:

Vier Kommunikationsebenen

Sachebene

Ich sage etwas über den Inhalt.

Selbstoffen­barungsebene

Ich sage etwas über mich.

Beziehungsebene

Ich sage etwas über die Beziehung zum Gesprächspartner.

Appellebene

Ich äußere Wünsche an den Gesprächspartner.

Auf einer dieser vier Ebenen kommt eine Botschaft bei ihrem Empfänger an. Doch was als Botschaft zum Beispiel auf der Sachebene gedacht war, kann auf der Beziehungsebene des Empfängers ganz anders auf­genommen werden.

Beispiel: Der Mitarbeiter (Sender) sagt zu seinem Chef: „Das Meeting hat heute aber zu lange gedauert.“ Der Chef (Empfänger) antwortet: „Meinen Sie etwa, Sie hätten das bei den vielen wichtigen Themen schneller hinbekommen?“

Kommentar: Der Sender hat hier seine Botschaft auf der Appellebene formuliert: Ich wünsche mir kürzere Meetings! Die Antwort des Chefs macht deutlich, dass bei ihm die Beziehungsebene angesprochen wurde. Er empfindet die Äußerung seines Mitarbeiters als Anmaßung und fühlt sich angegriffen.

Mit der Methode des regelmäßigen Feedback-Gebens und -Nehmens lassen sich solche Situationen, die aus unterschiedlichen Wahrnehmungen auf Empfänger- und Senderseite resultieren, ausräumen – vorausgesetzt, es werden einige Grundregeln eingehalten und die Rückmeldungen werden akzeptiert.

Grundsätze für ein konstruktives Feedback-Gespräch

Den Kern eines jeden Feedback-Gesprächs bilden gelungene Ich-Botschaften, die deutlich die Wahrnehmungen, Wirkungen und Wünsche aus der eigenen Sicht beschreiben:

  • „Ich habe wahrgenommen, dass…“ – nun Zahlen, Daten und Fakten nennen.
  • „Es hat mich geärgert, dass…“ – nun ist zu beschreiben, welche Gefühle das Verhalten des anderen bei einem selbst auslöst (Irritation, Enttäuschung etc.).
  • „Ich wünsche mir von Ihnen, dass…“ – jetzt sind kurz-, mittel- oder langfristige Erwartungen an den anderen zu formulieren.

Ein geübter Feedback-Geber verzichtet auf Verurteilungen oder verallgemeinernde Abrechnungen und achtet darauf, dass der Empfänger sein Gesicht nicht verliert.

Ein erfahrener Feedback-Nehmer hingegen wertet die Rückmeldung nicht als Angriff und verschanzt sich nicht hinter Rechtfertigungen und Begründungen. Stattdessen nimmt er das Feedback dankend entgegen und entscheidet nach einer Denkpause, was er davon annehmen möchte.

In einem Feedback-Gespräch spielt aktives Zuhören eine wichtige Rolle. Droht das Gespräch durch überbordende negative Emotionen eines Gesprächspartners aus dem Ruder zu laufen, kann durch aktives Zuhören wirksam gegengesteuert werden. Wichtige Instrumente des Feedback-Gebers hierfür sind

  • offene, positive Körpersprache,
  • Fragen zu stellen
  • Absprachen zu treffen,
  • Perspektiven aufzuzeigen und
  • Emotionen zu verbalisieren.

Wer so agiert, erleichtert es dem Feedback-Nehmer, auch mit Kritik gut umzugehen.

Fazit

Noch immer handeln viele Klinikchefs nach der Devise „Nix geschwätzt ist genug gelobt“. Doch Feedback ist ein wichtiges Führungsinstrument, dessen idealtypische Form Max Frisch treffend beschrieben hat:

Zitat Max Frisch

Wenn Du jemandem Rückmeldung gibst, schlage sie ihm nicht wie einen nassen Lappen um die Ohren, sondern halte sie ihm wie einen Mantel hin, in den er hineinschlüpfen kann.

Es ist Sache des Klinikchefs, eine solche Feedback-Kultur in seiner Klinik zu etablieren und dabei selbst mit gutem Beispiel voranzugehen. Sie bezieht das gesamte Team ein und trägt den Leitsatz „Wir reden miteinander und nicht übereinander“.