Vorläufige Zulassungssperre für bisher nicht beplante Arztgruppen: Konsequenzen für Chefärzte

von RA Nando Mack und RA Dr. iur. Tobias Scholl-Eickmann, FA für ­Medizinrecht, Münster/Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 6. September 2012 Änderungen der Bedarfsplanungs-Richtlinie beschlossen, die die Einbeziehung bisher nicht beplanter Arztgruppen zum 1. Januar 2013 in die Bedarfsplanung vorsehen, darunter auch Nuklearmediziner und Strahlentherapeuten. Zugleich ist eine vorläufige Zulassungssperre für die betroffenen Fachgruppen verhängt worden. Dieser Beschluss wirkt sich auch auf sektorenübergreifende Versorgungsmodelle aus und hat insoweit Auswirkungen für Chefärzte.

Vorläufige Zulassungssperre

Der G-BA hat für die genannten Arztgruppen ein Entscheidungsmoratorium für Zulassungsanträge angeordnet, die nach dem 6. September 2012 gestellt werden. Diese dürfen von den Zulassungsgremien erst dann beschieden werden, wenn der Landesausschuss die notwendigen Feststellungen zur Versorgungssituation getroffen hat. Diese sollen bis spätestens zum 15. Februar 2013 vorliegen. Ordnet der Landesausschuss Zulassungssperren an, dürfen nach dem Willen des G-BA Zulassungsanträge auch rückwirkend abgelehnt werden. Die Übergangsregelung gilt nicht nur für niederlassungswillige Ärzte, sondern auch für Anträge auf Genehmigung von Anstellungen.

Zulassungsanträge bei Praxisnachfolgen wie auch Nachbesetzungen von Arztstellen sind nicht betroffen. Für Anträge auf Umwandlung von Arztstellen in vertragsärztliche Zulassungen nach § 95 Abs. 9b SGB V (Umwandlung von „Angestellten- in Freiberuflersitze“) dürfte Gleiches gelten, auch wenn diese Konstella­tion nicht erwähnt wird.

Die Entscheidungssperre soll – so die Beschlussbegründung – verhindern, dass in einem kurzen Zeitraum zulassungswillige Ärzte ohne Rücksicht auf eine entstehende Überversorgung zugelassen werden müssen.

Auswirkungen für Chefärzte

Chefärzte, die einer der erstmals in die Bedarfsplanung einbezogenen Fachgruppen angehören, sind bereits dadurch betroffen, dass ihre bislang bestehende Niederlassungsoption nunmehr ausgeschlossen ist. Aber auch Chefärzte anderer Fachgruppen wie der Radiologie können betroffen sein, zum Beispiel dann, wenn ein geplantes MVZ die notwendige zweite Facharztkompetenz nicht mehr aufweisen kann. Die möglicherweise eigene Strategie, in einem MVZ teilzeitig tätig zu werden, könnte aufgrund des G-BA-Beschlusses scheitern.

Handlungsoptionen für Chefärzte

Der G-BA hat mit dem vorliegenden Beschluss nachhaltig in die Bedarfsplanung und darauf basierende Optionen für die Niederlassung eingegriffen. Der überraschende Beschluss ist insbesondere aufgrund der niedergelegten Rückwirkung rechtlich kritisch zu hinterfragen.

Betroffene (Chef-)Ärzte und/oder MVZ sollten zeitnah agieren und ggf. Zulassungsanträge stellen, um zumindest formal eine Niederlassungschance zu wahren. Im Zulassungsverfahren wäre dann die Rechtmäßigkeit des G-BA-­Beschlusses zu prüfen. Mit Blick auf die höchstrichterliche Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 17.1.2007, Az: B 6 KA 45/06) ist zumindest zweifelhaft, ob der ­G-BA-Beschluss einer gerichtlichen Prüfung standhalten würde. Um etwaige Ansprüche zu wahren, ist die Stellung eines entsprechenden Antrags unumgänglich.

Alternativ blieben den Krankenhausärzten der nun erstmals beplanten Arztgruppen nämlich ebenso wie den anderen Arztgruppen nur eingeschränkte Möglichkeiten, sektorübergreifend tätig zu werden.