Versorgungsgesetz: Das Wichtigste für Krankenhausärzte

Anfang April hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die lang erwarteten „Eckpunkte zum Versorgungsgesetz“ vorgelegt. Noch handelt es sich nicht um einen Gesetzentwurf und in der Zeit bis zur geplanten Verabschiedung des Gesetzes im Dezember 2011 und dessen voraussichtlichem Inkrafttreten im Januar 2012 werden sich in dem mühsamen Abstimmungsprozess zwischen den Regierungsparteien sowie dem Bundestag und Bundesrat voraussichtlich noch einige Details ändern. Dennoch lohnt es sich für Klinikärzte, bereits jetzt die Eckpunkte zu kennen.

Die wichtigsten Punkte für Kliniken und Ärzte

Von den Eckpunkten zum Versorgungsgesetz sind für Krankenhäuser und ihre angestellten Ärzte vor allem folgende wichtig.

1. MVZ

Nach den Eckpunkten dürfen neben Vertragsärzten auch weiterhin Krankenhäuser ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) gründen. Als Rechtsformen sollen nur noch Personengesellschaften und GmbHs zugelassen sein, eine Aktiengesellschaft jedoch nicht. Dadurch soll verhindert werden, dass auch aus reiner Kapitalbeteiligung Gewinne aus der vertragsärztlichen Versorgung gezogen werden.

Für die Fachärzte in Krankenhäusern ist folgender Passus aus den Eckpunkten von Interesse:

Zitat aus dem Eckpunktepapier

„Die Leitung in der medizinischen Versorgung des MVZ muss rechtlich und faktisch in ärztlicher Hand liegen, sodass die sich aus dem Berufsrecht ergebende Therapie- und Weisungsfreiheit gewährleistet ist. Der ärztliche Leiter muss deshalb selbst im MVZ tätig sein, um sicherzustellen, dass er tatsächlich Ein­wirkungsmöglichkeiten auf die Abläufe im MVZ hat.“

Hier bieten sich Chancen, wenn ­Klinikärzte zunehmend auch im MVZ tätig werden. Wenn Krankenhäuser MVZ gründen, werden sie die ärztliche Leitung gern Fachärzten aus dem eigenen Haus übertragen wollen (sofern die Personalsituation des Krankenhauses dies zulässt). Aufgrund ihrer Erfahrung in Führungspositionen sind Ober- und Chefärzte für die ärztliche Leitung eines MVZ prädestiniert.

Dies schließt eine gleichzeitige Tätigkeit im Krankenhaus keineswegs aus. Die aktuell noch gültigen zeitlichen Beschränkungen einer „Nebentätigkeit“ im Krankenhaus neben der vertragsärztlichen Versorgung sollen liberalisiert werden, sodass eine Tätigkeit im Krankenhaus einerseits und in der vertragsärztlichen Versorgung andererseits besser möglich sein wird.

Zitat aus dem Eckpunktepapier

„Die vertragsärztliche Berufsausübung wird dadurch flexibilisiert, dass die zeitlichen Grenzen für Nebenbeschäftigungen von Vertragsärztinnen und -ärzten (zum Beispiel in der stationären Versorgung) gelockert werden.“

Da für die bereits gegründeten MVZ ein „Bestandsschutz“ gilt, könnte es bis zum Inkrafttreten des Versorgungsgesetzes – voraussichtlich 1.Januar 2012 – verstärkte Bestrebungen zur Gründung von MVZ durch Krankenhäuser geben.

2. Mehr ambulante Tätigkeit von Kliniken

Bereits jetzt können Krankenhäuser und Chefärzte zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt werden, wenn für ein Fachgebiet oder für bestimmte Leistungen Unterversorgung vorliegt. Künftig soll dies zusätzlich für Ärzte möglich sein, die in Rehabilitations- oder Pflegeeinrichtungen tätig sind.

Außerdem sollen Krankenhäuser künftig „nicht nur zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt werden können, wenn der Landesausschuss Unterversorgung festgestellt hat, sondern auch, wenn der Landesausschuss für das Gebiet, in dem das Krankenhaus liegt, einen zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf festgestellt hat.“ Doch was ist ein„lokaler Versorgungsbedarf“? Dazu ein Beispiel:

Beispiel

Alle vertragsärztlich tätigen Radiologen haben ihre Praxen in der Kreisstadt des Landkreises, der Landkreis gilt als „überversorgt“. In anderen Städten und Gemeinden dieses Kreises gibt es jedoch keine Radiologen, weshalb dort ein „lokaler Versorgungs­bedarf“ existiert.

Da sich die Versorgungssituation insbesondere im ländlichen Raum in den nächsten Jahren durch das altersbedingte Ausscheiden vieler Ärzte“ dramatisch ändern wird, dürften Regelungen zum „zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf“ sehr bedeutsam werden.

3. Verbesserung der Studienbedingungen

Das BMG will durch eine befristete Beteiligung des Bundes an den Kosten mehr Studienplätze für Medizin bereitstellen – ausführen müssen das allerdings die Bundesländer. Interessant für viele Krankenhäuser, die keine Lehrkrankenhäuser sind, ist, dass in die ärztliche Ausbildung „weitere geeignete Krankenhäuser und Lehrpraxen einzubeziehen [sind], ohne die Qualität der Lehre zu beein­trächtigen. Dabei sollte auch ermöglicht werden, das Praktische Jahr außerhalb der Universitätsklinik der Heimatuniversität und der ihr zu­geordneten Lehrkrankenhäuser zu absolvieren.“

Für die künftige Personalplanung eine interessante Option: Wer als Famulus und PJler ein Krankenhaus bereits kennen und schätzen gelernt hat, wird dort später gern als Assistenzarzt anfangen. Es lohnt sich daher genau zu verfolgen, welche Kriterien „geeignete“ Krankenhäuser künftig erfüllen müssen, um das Praktische Jahr für Medizinstudenten anbieten zu können.