Klausel über Gehaltserhöhung nicht beachtet: ­Klinik zur Nachzahlung verurteilt

von RA, FA für MedR, Wirtschaftsmediator Dr. Tobias Scholl-Eickmann, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg hat der Klage eines Chefarztes auf Erhöhung seines Grundgehalts entsprochen. Es war eine Klausel vereinbart worden, wonach das Grundgehalt regelmäßig nach Ablauf von drei Jahren überprüft und ggf. erhöht werden sollte. Daraus ergibt sich – so das LAG – eine Verpflichtung, die umgesetzt werden muss (Urteil vom 23.3.2012, Az: 6 Sa 40/12). Die Revision ist anhängig (Az: 5 AZV 1213/12). Die Entscheidung ist für Chefärzte und angehende Chefärzte von Bedeutung.

Der Fall

Der klagende Chefarzt sollte nach seinem ursprünglichen Dienstvertrag ein Grundgehalt in Höhe des 1,3-fachen Betrags erhalten, das angestellten Ärzten der jeweils höchsten tariflichen Vergütungsgruppe gezahlt wurde. Daneben wurde ihm das Liquidationsrecht eingeräumt. Im August 2004 trafen Arzt und Krankenhaus eine Vereinbarung, wonach das Grundgehalt auf 105.000 Euro brutto erhöht wurde.

Ergänzend wurde folgende Regelung getroffen: „Die Vergütung gemäß 1. (Anm.: Grundgehalt) ist regelmäßig nach Ablauf von drei Jahren zu überprüfen und ggf. zu erhöhen. Bei der Überprüfung hat die Einkommenssituation der Ärzte im Klinikum besonderes Gewicht, die nach Maßgabe der tariflichen Regelung vergütet werden. Ferner ist die Einkommenssituation der Gruppe der Chefärzte des Klinikums zu berücksichtigen, soweit diese durch Privatliquidationseinnahmen und sonstige Einnahmen für Neben­tätigkeiten geprägt ist.“

2008 zahlte die Klinik ohne Bezug zu dieser Regelung eine Summe von 25.000 Euro in Anerkennung der Leistungen des Arztes. Zu einer Gehaltsanpassung aufgrund der Regelung kam es trotz wiederholter Anfragen des Chefarztes nicht.

Im Mai 2011 reichte er Klage beim Arbeitsgericht Potsdam ein und forderte im Wesentlichen die Erhöhung seines Gehalts zumindest im Umfang der seit 2005 eingetretenen Tarifsteigerungen für die angestellten Ärzte in der jeweils höchsten tariflichen Vergütungsgruppe. Das Arbeitsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die betreffende Regelung beinhalte nur eine Überprüfungspflicht, wie sich aus dem einschränkenden Zusatz „ggf.“ ergebe.

Die Entscheidung

Anders als das Arbeitsgericht sah das LAG in der Regelung eine Verpflichtung des Krankenhauses zur Gehaltsanpassung. Es sei nicht bloß eine Absicht bekundet worden, alle drei Jahre über die Vergütung zu verhandeln, sondern eine konkrete Anpassung vereinbart worden.

Der Zusatz „ggf.“ sei aufgrund der Verknüpfung mit der vorangehenden Überprüfungspflicht des Krankenhauses als Bezugnahme auf das Ergebnis dieser Prüfung zu verstehen. Dem stehe auch nicht entgegen, dass keine feste Relation zwischen der Einkommenssituation der Ärzte mit tariflicher Vergütung und derjenigen der Chefärzte hergestellt wurde.

Für dieses Verständnis der Regelung spreche auch, dass der Chefarzt zuvor stets die 1,3-fache Vergütung der jeweils höchsten tariflichen Vergütungsgruppe erhalten hatte. Zwar wurde sein Jahresgehalt seinerzeit auf 105.000 Euro brutto erhöht. Dafür habe das Krankenhaus aber eine Abkoppelung von der jährlichen Erhöhung des höchsten Tarifgehalts und eine Relativierung durch die Berücksichtigung der Einkommensentwicklung der Chefärzte erreicht.

Das Krankenhaus habe trotz wiederholter Aufforderung des Chefarztes keine Leistungsbestimmung auf Basis der Regelung vorgenommen, sodass diese nun durch das LAG erfolgen müsse. Da der Chefarzt erst im September 2010 schriftlich die Gehaltsanpassung konkret verlangt hatte, konnte er unter Berücksichtigung der anwendbaren Ausschlussfrist von sechs Monaten jedenfalls nicht wie gefordert auch noch eine Gehaltserhöhung für 2009 durchsetzen. Dass zuvor ergebnislos Gespräche stattgefunden hatten, genügte – so das LAG – nicht, um das Eintreten der Ausschlussfrist und damit das Erlöschen des Anspruchs zu verhindern. Demgemäß setzte das LAG das Grundgehalt für die Zukunft auf 117.925 Euro fest und verurteilte das Krankenhaus zur Nachzahlung von etwa 16.000 Euro.

Tipps zur Vertragsgestaltung

Bei Vertragsgestaltung gilt es, die Interessen der Parteien nachhaltig abzuwägen und eine klare Regelung niederzulegen. Soweit die Parteien wie im vorliegenden Fall bestimmte Punkte einer späteren Regelung überlassen möchten, sollte auch Vorsorge für den Fall getroffen werden, dass eine Regelung nicht zustande kommt. Anderenfalls droht eine (dauerhafte) Unzufriedenheit oder gar eine gerichtliche Aus­einandersetzung.

Besonderes Augenmerk ist in Aus­einandersetzungen zudem den regelmäßig im Chefarztvertrag vereinbarten Ausschlussfristen zu widmen. Werden Ansprüche nicht innerhalb dieser Fristen geltend gemacht, erlischt der Anspruch. Dass dies erhebliche Nachteile bedingen kann, musste der Chefarzt im besprochenen Fall zur Kenntnis und den Verlust der Gehaltsanpassung für 2009 in Kauf nehmen. Dies hätte er verhindern können, wenn er den Anspruch nachweissicher – etwa durch Fax mit Sendeprotokoll – rechtzeitig geltend gemacht hätte.