Keine Kostenübernahme ohne Entscheidung der Krankenkasse?

Darf eine gesetzliche Krankenversicherung die Behandlung eines Patienten dann verweigern, wenn der Patient vor Beginn der ersten Behandlung nicht die Entscheidung der Krankenkasse abgewartet hat? Diese Frage stellte jüngst ein Krankenhausarzt der Redaktion. Auch das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 19.3.2009, Az:1BvR316/09) musste sich mit der Frage auseinandersetzen. Nachfolgend seine Entscheidung:

Der Sachverhalt

Bei der Patientin, die bei der AOK gesetzlich krankenversichert war, wurde 2006 ein bösartiger Hirntumor operativ vollständig entfernt. Eine daran sich anschließende Radio-Chemotherapie brach sie ein halbes Jahr später ab. Kurz darauf wurde ein Tumorrezip diagnostiziert, das neurochirurgisch entfernt wurde. Die Patientin beantragte eine Elektro-Tiefen-Hyperthermie und eine Behandlung mit dendritischen Zellen; diese Kombinationstherapie sollte etwa 14.350 bis 17.000 Euro pro Quartal kosten.

Die AOK verweigerte die Übernahme der Kosten mit der Begründung, es handele sich um ein experimentelles Verfahren, wo Standardtherapien verfügbar seien. Die Patientin hatte bereits die Kombinationsbehandlung begonnen und war für die Kosten aufgekommen. Da sie die Therapiekosten nicht mehr allein tragen konnte, klagte sie.

Die Entscheidungsgründe

Nach zwei Niederlagen obsiegte die Patientin vor dem Bundesverfassungsgericht. Selbst die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sehe bei laufenden Leistungen oder sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden Behandlungen die ablehnende Entscheidung einer Krankenkasse als zeitliche Zäsur an. Die Kostenerstattung sei nur für solche Leistungen ausgeschlossen, die bis zum Zeitpunkt der ablehnenden Entscheidung auf eigene Kosten des Patienten erbracht wurden. Dies gelte nicht für zukünftige Leistungen.

Danach habe die Patientin nur in den Fällen keinen Anspruch auf Kostenerstattung, wenn es sich um in der Vergangenheit liegende Behandlungen handelt, für die kein beschiedener Antrag der Krankenkasse vorliegt. Sobald ein ablehnender Bescheid der Krankenkasse vorliegt, tritt eine zeitliche Zäsur ein, die eine Kostenerstattung für ab diesem Zeitpunkt erbrachte Leistungen ermöglicht. Die Sache wurde zur erneuten Entscheidung an das LSG zurückverwiesen. Sobald eine Entscheidung hier vorliegt, berichten wir darüber.