Gezielte Personalentwicklung in der Abteilung: Mitarbeiter für Ziele motivieren

von Cornelia Harms-Schulze, CHS Personaltraining & -beratung, Bremen, www.chs-bremen.de

Wie können Chefärzte eine effektive Führung erreichen? Was müssen die ärztlichen Mitarbeiter tun, um eine gezielte Personalentwicklung zu erfahren? Der folgende Beitrag zeigt anhand eines Beispiels auf, was Mitarbeiter brauchen, um sich inpiduell entwickeln zu können und gleichzeitig ein Team-mitglied zu werden. Daneben wird dem Chefarzt vermittelt, wie er seine Mitarbeiter zu seinen Abteilungszielen „mitnehmen“ kann.

Beispiel

Sie sind Chefarzt einer radiologischen Abteilung und haben beschlossen, mit Ihren Mitarbeitern an einer Seminarreihe teilzunehmen, in der es um die Verbesserung der Kommunikation mit Patienten gehen soll. Bereits am ersten Seminartag zeigt sich: Wenn Sie deutlich formulieren, wie Sie sich die Kommunikation vorstellen, wächst der Widerstand der Mitarbeiter dadurch, dass sie ständig entgegnen, dies oder das ginge nicht, weil ...

Außerdem wird Ihnen klar, warum manche Ihrer Mitarbeiter mehr Patientenbeschwerden provozieren als andere: Offensichtlich haben sie kein akzeptables Kommunikationsverhalten – und das auch gegenüber Kollegen.

Die Mitarbeiter haben zudem ein Problem mit einem Patienten oder Kollegen und auch gleich die entsprechende Schuldzuweisung parat. Deshalb sind sie unmotiviert, wie es Ihnen scheint. Selbst Kritik von Kollegen oder Patienten wird offensichtlich schon zurückgewiesen, bevor sie geprüft ist. Gleichzeitig fällt Ihnen auf, dass die Mitarbeiter untereinander Dinge völlig unterschiedlich hand-
haben sowie Absprachen auch interdisziplinär anscheinend völlig willkürlich getroffen werden.

Die Problemanalyse

Eigentlich wollten Sie nur das Kommunikationsverhalten Ihrer Mitarbeiter durch Vermittlung von Gesprächsregeln verbessern. Doch nach dem Seminar und den oben genannten Eindrücken steht fest: Es geht um mehr. Nicht nur das Zwischenmenschliche lässt zu wünschen übrig, auch die fehlende Struktur innerhalb der Abteilung und mangelnde Abstimmung mit anderen Abteilungen erschweren das gemeinsame Arbeiten für den gemeinsamen Behandlungsauftrag. Sie nehmen daraufhin eine Problemanalyse vor und entwickeln daraus ein verbindliches internes Kommunikationssystem für Ihre Abteilung. Das Ergebnis:

  • Die Kommunikation und die Kooperation zwischen Ihren Mitarbeitern bzw. den Kollegen aus anderen Bereichen und Ihnen ist gestört; dies äußert sich in Ablehnung, Widerstand, Gereiztheit und Undiszipliniertheit.

  • Mitarbeitern fehlt es an Informationen über die Schwierigkeiten, mit denen andere zu kämpfen haben. Jeder hat seine eigene Sicht.

  • Es kommt zu Machtspielen zwischen den Beteiligten (Kollegen, Mitarbeiter, Patienten) und zu gegenseitigen Schuldzuweisungen.

  • Es gibt keine gemeinsame Entscheidungsfindung. Die Folgen: Motivation schwindet, Resignation macht sich breit und das Gefühl entsteht, dass sich nichts ändert.

  • Kenntnisse über Gesprächsregeln und -strategien fehlen.

  • Es gibt unterschiedliche Werte-vorstellungen.

Drei Bausteine für eine erfolgreiche Kommunikation

Die Analyse zeigt: Die Basis, auf der Kommunikation stattfinden kann, erfordert zuerst eine Organisationsstruktur, die alle Beteiligten regelmäßig an einen Tisch holt und ihnen die Möglichkeit gibt, konstruktiv – also lösungsorientiert und nicht schuldzuweisend – miteinander zu sprechen. Komplexe Situationen zu analysieren, verschiedene Gruppen und Mitarbeiter zu verstehen und zusammenzubringen sowie gleichzeitig konstruktiv mit Konflikten umzugehen, benötigt drei Bausteine:

  • Regelmäßige Teamsitzungen (auch mit Vertretern anderer
    Berufsgruppen),
  • Mitarbeiterjahresgespräche,
  • Regelmäßige Gespräche mit anderen Abteilungen.

1. Regelmäßige Teamsitzungen

Regelmäßige Teamsitzungen erfordern eine klare Moderationsstruktur, gerade wenn es um das Bewältigen von Störungen im Arbeitsalltag geht. Es muss strukturiert aufgearbeitet werden, für wen es welche Probleme gibt und welche Ursachen dahinterstecken. Dann gilt es, gemeinsam Ideen zur Lösung zu entwickeln, um danach gemeinsam zu entscheiden, welche die beste für alle Beteiligten ist. Auf keinen Fall darf vergessen werden, einen gemeinsamen Termin zur Kontrolle festzusetzen, ob und was umgesetzt wurde und was gegebenenfalls nachzubessern ist. Zugleich ist es nötig, Regeln für den Umgang mit Konflikten zu finden. Wesentliche Orientierungspunkte dafür sind:

  • Keine Verteidigung, kein Gegenangriff oder ein Herunterspielen, um die Objektivierung des Konflikts voranzutreiben,
  • Fragen nach Hintergründen, um den Konfliktpartner zu verstehen,
  • Akzeptanz des Konflikts,
  • Konfliktpartner um Lösungsvorschläge bitten,
  • Lösungsalternativen entwickeln,
  • Einigung auf eine Lösung,
  • Vereinbarungen zur Umsetzung treffen,
  • Umsetzungskontrolle festlegen.

Allen Mitarbeitern sollte diese Methodik bekannt sein und sie muss von allen verbindlich eingesetzt werden. Dafür trägt die Führungskraft die Verantwortung.

2. Ziele vereinbaren und mit Mitarbeitern reden

Mitarbeiterjahresgespräche sollten als eine gezielte und systema­tische Form der Personalentwicklung zur Leistungssteigerung in Kliniken beitragen. Sie können den einzelnen Mitarbeiter motivieren – vorausgesetzt, sie werden verantwortlich geführt. Dies funktioniert nur, wenn die Führungskraft

  • sich auf einen wirklichen Dialog einlässt, bei dem das Fragen als Gesprächsstrategie im Vordergrund steht,
  • Systematik und Konsequenz in den Gesprächen zeigt,
  • Klarheit über Anforderungen und Erwartungen schafft,
  • gemeinsam mit dem Mitarbeiter Lösungswege erarbeitet,
  • Informationen nicht als Macht-instrument gebraucht, sondern allen zur Verfügung stellt.

Leserservice

Welche Inhalte in einer Zielvereinbarung stehen sollten und wie das Gespräch geführt werden kann, erfahren Sie im kostenlosen Leitfaden zur Zielvereinbarung.

3. Regelmäßige Gespräche mit anderen Abteilungen suchen

Spezifische Sichtweisen und Kompetenzen auch anderer Berufsgruppen prallen aufeinander, weil gemeinsam bewertet, geplant, entschieden und gehandelt werden muss. Daher müssen Arbeitsprozesse aufeinander abgestimmt und gleichzeitig Instrumente zur Gestaltung der Kooperation entwickelt werden. Das geht nur gemeinsam. Das Verständnis der Prozesse, der Mitarbeiter und Kollegen ist eine Voraussetzung für die interdisziplinäre Zusammenarbeit, um den spezifischen Bedürfnissen der Patienten besser gerecht zu werden. Auch diese Gespräche müssen einer bestimmten Struktur folgen, wenn sie effektiv werden sollen. In einer interdisziplinären Teamsitzung wird versucht, die Diskussion darüber wieder aufzunehmen. Die folgende Gesprächsstruktur dient dabei zur Unterstützung der Diskussion und dem Austausch der unterschiedlichen Sichtweisen:

  • Sehen = Informationen in objektiver Weise sammeln
  • Verstehen = Informationen analysieren, ordnen und in einen ­Zusammenhang bringen
  • Bewerten = interpretierte Informationen in Beziehung zu Werten und Zielen setzen
  • Entscheiden = aus bewerteter Situation die Folgerungen ziehen

Die Führungskraft entscheidet über Werte in seiner Abteilung

Durch die Bausteine werden Entwicklungsprozesse häufig erst in Gang gesetzt. Mit der Sitzungs- bzw. Gesprächsstruktur und dem Zulassen von Konfliktlösungsstrategien macht ein Chefarzt deutlich, welche Werte und Grundsätze sich in seiner Abteilung durchsetzen sollen.