Einsichtsrecht des Patienten in Unterlagen: Wie weit reicht es?

Frage: „Immer wieder werden wir mit dem Wunsch von Patienten konfrontiert, in Unterlagen Einsicht zu nehmen. Wie weit reicht eigentlich das Einsichtsrecht? Kann ich die Einsicht verwehren?“

Antwort von RA Jens Buiting, LL.M. Medizinrecht, Buiting & Partner, Düsseldorf:

Sie sind grundsätzlich verpflichtet, dem Patienten die Einsichtnahme nach Rücksprache mit Ihrem Krankenhausträger zu gewähren. Der Patient kann sich im Krankenhaus auf eigene Kosten auch Kopien anfertigen. Er hat jedoch kein Recht auf Mitnahme der Originalunterlagen.

Grundsätzlich umfasst das Recht zur Einsichtnahme die gesamten Krankenunterlagen einschließlich sämtlicher angefertigten Notizen zum Krankheitsbild des Patienten und zur Person des Patienten selbst. Hierbei ist im Einzelfall eine Abwägung zwischen dem Recht des Patienten auf Selbstbestimmung und den Persönlichkeitsrechten des Arztes zu treffen, der ein Interesse daran hat, die Aufzeichnungen, die nur für ihn und nicht für den Patienten bestimmt sind, zu schwärzen.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 9. Januar 2006 dem Recht des Patienten ein erhebliches Gewicht zugesprochen, sodass der Einsichtnahme in sämtliche Aufzeichnungen nur im begründeten Ausnahmefall widersprochen werden kann (Az: 2 BvR 443/02). Problematisch wird es insbesondere immer dann, wenn das Einsichtsrecht auf Ihr ärztliches Bedenken stößt. Dies kann der Fall sein bei noch nicht bestätigten Diagnosen zu schweren Krankheiten. Auch in diesen Fällen besteht grundsätzlich das Recht auf Einsichtnahme.

Für den Fall, dass der Patient sein Einsichtsrecht an einen Dritten (Versicherungsgesellschaft, Rentenversicherer, behandelnder Arzt) vertraglich abtritt, gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Sie sollten jedoch die Schweigepflichts-entbindung des Patienten in jedem Fall sorgfältig überprüfen. Ihre Pflicht zur Verschwiegenheit gilt im Übrigen auch gegenüber der Polizei und der Staatsanwaltschaft. Auch hier gilt, dass die Herausgabe nur bei Vorliegen einer wirksamen Schweigepflichtsentbindung verlangt werden kann. Andernfalls bedarf es eines Gerichtsbeschlusses, in dem der mutmaßliche Wille des Patienten festgestellt wird. Der Einsichtnahmewunsch der Erben eines Patienten ist ebenso zu behandeln wie die Einsichtnahme eines sons­tigen Dritten.

Bei einer vorliegenden Schweigepflichtsentbindung sind Sie zur Gewährung der Einsichtnahme verpflichtet. Für den Fall, dass Ihnen ein Behandlungsfehler vorgeworfen wird, sollten Sie Einsicht gewähren, da von dem mutmaßlichen Einverständnis des Verstorbenen auszugehen ist, so auch das Oberlandesgericht München (Az: 1 U 2500/08).