Chefarzt wehrt sich erfolgreich gegen die Umstrukturierung

Vorläufiger Erfolg für einen Chefarzt, der sich gegen eine nachteilige Umstrukturierung der Chirurgie im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes wandte: Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hat mit Beschluss vom 15. Oktober 2010 einem Universitätsklinikum untersagt, die geplante Umstrukturierung einer Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie in eine Klinik für Allgemeine Chirurgie, eine Klinik für Onkologische Chirurgie, eine Klinik für Kinderchirurgie sowie eine Klinik für Transplantations­chirurgie umzusetzen (Az: 9 S 1935/10).

Der Fall

Der antragstellende Arzt war als Chefarzt der chirurgischen Klinik tätig. In dem Chefarztvertrag behielt sich das Universitätsklinikum im Rahmen einer „typischen alten Entwicklungsklausel“ vor, in Abstimmung mit dem Arzt strukturelle und organisatorische Änderungen im Klinikum vorzunehmen: Wenn es sachlich geboten ist, sollte unter anderem die Ausführung bestimmter Leistungen von der Abteilung ganz oder teilweise abgetrennt und/oder anderen Fachabteilungen oder Ärzten zugewiesen werden können. Ausgleichsansprüche für etwaig eintretende Liquidationseinbußen waren in diesem Fall nicht vorgesehen. Im Juni 2008 beschloss der Klinikvorstand – wohl wegen nachhaltig unzureichender Fallzahlen in der Abteilung und Schlechtleistungen des Arztes – die Umstrukturierung der Chirurgie. Dagegen wandte sich der Arzt – bislang mit Erfolg.

Die Entscheidungsgründe

Sowohl das Verwaltungsgericht (VG) Sigmaringen (Az: 8 K 273/10) als auch der anschließend damit befasste VGH Baden-Württemberg gaben dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz statt. Der VGH betont, dass dem Arzt die Schmälerung des durch den Chefarztvertrag eingeräumten Tätigkeits- und Wirkungsfeldes für die Dauer des Hauptsacheverfahrens nicht zugemutet werden könne. Zwar seien die in Rede stehenden Neustrukturierungen grundsätzlich von der Entwicklungsklausel gedeckt. Die von der Entwicklungsklausel vorausgesetzten Anforderungen seien jedoch nicht erfüllt.

Zunächst stellt das Gericht fest, dass auch auf Chefarztverträge in Universitätskliniken die Regelungen der §§ 307 ff. BGB („AGB-Kontrolle“) Anwendung finden. Die Richtung, aus der der Widerruf bzw. die Änderung der Klausel möglich sein soll, sei hier für den Arzt (wohl durch den Zusatz „sachlich geboten“?) ausreichend offengelegt worden.

Bei der im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes allein vorzunehmenden summarischen Prüfung sei die geplante Umstrukturierung jedoch sachlich nicht geboten, sodass dem Universitätsklinikum vorerst ein Festhalten an der ursprünglich vereinbarten Klinikstruktur zuzumuten sei. Zwar sei auch für das Gericht nicht von der Hand zu weisen, dass es sich um den defizitärsten Bereich des Universitätsklinikums handelte. Warum die Aufspaltung der Klinik für sich genommen bereits aus „organisatorischen Gründen“ diesem Missstand entgegen wirken soll, sei aber nicht erkennbar. Eine „sachliche Gebotenheit“ könne nicht festgestellt werden. Vielmehr ziele die Maßnahme einzig auf personelle Änderungen ab, was rechtlich nicht zulässig sei.

Anmerkungen

Der Entscheidung des VGH Baden-Württemberg ist im Ergebnis beizupflichten, in der Begründung jedoch nicht. Arbeitsgerichte haben wiederholt festgestellt, dass Entwicklungsklauseln wie die hier in Rede stehende der sogenannten „AGB-Kontrolle“ nach §§ 307 ff. BGB nicht standhalten, weil sie intransparent und dem Arbeitnehmer nicht zumutbar sind. Die Begründung steht im Widerspruch zur gefestigten Rechtsprechung der Arbeitsgerichte. Es bleibt daher zu hoffen, dass im Rahmen des folgenden Hauptsacheverfahrens eine Klarstellung erfolgt.

(Mitgeteilt von RA, FA für MedR Dr. Tobias Eickmann, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund)