Anspruch auf Überstundenvergütung: Schätzungen genügen vor Gericht nicht!

Wer erfolgreich Ansprüche auf Bezahlung von Überstunden gelten machen will, muss strenge Anforderungen erfüllen. Dieser Schluss ist aus einem Urteil des Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz vom 4. August 2010 zu ziehen (Az: 10 Ta 155/10), der an der gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts festhält.

Fall und Entscheidung

Eine Arbeitnehmerin setzte sich gegen die Rückzahlung eines arbeit­geberseitig gewährten Darlehens mit der Argumentation zu Wehr, dass sie in der Zeit von Januar bis Juni 2008 erheblich mehr als die vereinbarten 36 Stunden wöchentlich gearbeitet habe. Sie wollte daher die Darlehensforderung mit dem ihr nach ihrer Auffassung zustehenden Anspruch auf Überstundenvergütung aufrechnen. Im Prozess führte sie aus, dass sie je Woche an ihren freien Sonntagen 8 Stunden und an den vertraglich vereinbarten 6 Werktagen 4 bis 4,5Stunden pro Tag mehr gearbeitet habe.

Das LAG stellte im Rahmen der auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gerichteten Beschwerde unmissverständlich klar, dass die beabsichtigte Rechtsverteidigung bzw. -verfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Zur Begründung führt das Gericht aus, dass die Arbeitnehmerin nicht schlüssig dargelegt habe, wie ihre Überstundenanzahl zustande gekommen sei. Sofern ein Arbeitnehmer die Bezahlung von Überstunden fordere, müsse dieser im Einzelfall darlegen, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten er über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus gearbeitet habe. Darüber hinaus sei auch ein Vortrag des Arbeitnehmers erforderlich, ob die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet wurden oder zur Erledigung der ­Arbeit notwendig waren. Im vorliegenden Fall fehlte jegliche konkretisierende Darstellung der Überstunden, sodass das Gericht die Beschwerde zurückwies.

Konsequenzen für Krankenhausärzte

Viele Krankenhausärzte stehen vor der Situation, dass aufgrund von personeller Unterbesetzung und hoher Patientenzahl erhebliche Mehrarbeit und Überstunden anfallen. Vor dem Hintergrund der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung ist dringend anzuraten, ein Verzeichnis zu führen, in dem das Datum, die konkrete Tageszeit und die Dauer der Überstunden und etwaiger Pausen aufzunehmen ist.

Ferner sollte dieses Verzeichnis wöchentlich, zumindest jedoch monatlich vom Chefarzt bzw. dem gegebenenfalls verantwortlichen Oberarzt abgezeichnet werden. Sollte die Unterschrift verweigert werden, ist dem angestellten Arzt die Hinzuziehung eines Zeugen zu empfehlen, der das Verzeichnis sodann unter Hinweis auf die Verweigerung der Unterschrift unterschreibt. Dieses Vorgehen mag als zu aufwendig und „lästig“ erscheinen, jedoch werden sich nur auf diesem Wege die strengen gerichtlichen Anforderungen erfüllen lassen und somit die erfolgreiche Durchsetzung einer Überstundenvergütung ermöglichen.