Ablehnender Bescheid beim Ermächtigungsantrag – Chefarzt der Radiologie gewinnt Rechtsstreit

von RA/FA MedR Dr. Tobias Eickmann, Kanzlei am Ärztehaus, Frehse Mack Vogelsang, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

Die Verwaltungspraxis der Zulassungsgremien bei der (Wieder-)Erteilung persönlicher Ermächtigungen von Chefärzten wird zunehmend restriktiver. Vor diesem Hintergrund ist die Bereitschaft vieler Chefärzte, sich über alternative Gestaltungen wie MVZ, Teilzulassungen oder eine §116b-Ambulanz Zugang zur ambulanten Versorgung zu verschaffen, nur allzu verständlich. Dennoch müssen einschränkende oder ablehnende Bescheide nicht klaglos hingenommen werden. Denn im Einzelfall bestehen häufig Ansatzpunkte für ein erfolgreiches rechtliches Vorgehen, wie auch eine aktuelle Entscheidung des Sozialgerichts (SG) Marburg vom 1. Juli 2009 (Az: S 12 KA 225/09) belegt.

Sachverhalt

Im Fall war der Chefarzt einer Abteilung für Radiologische Diagnostik mit Teilgebietsbezeichnung Neuroradiologie seit längerer Zeit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt. Nachdem er in der Vergangenheit bereits verschiedentlich Einschränkungen beim Ermächtigungsumfang hinnehmen musste, wurde ihm im Januar 2009 ein erweiterter Überweiserkreis sowie eine höhere Fallzahl vom Zulassungsausschuss zugestanden. Die Fallzahlgrenze wurde auf 200 Fälle aus dem Planungsbereich sowie auf 300 Fälle aus übrigen Planungsbereichen beschränkt. Die Kassenärztlichen Vereinigung war gegen diese Entscheidung und klagte hiergegen. Die Klage blieb aber erfolglos.

Entscheidungsgründe

Das SG Marburg betonte, dass der Chefarzt aufgrund seiner besonderen Fachkunde unstreitig eine überregionale Versorgungsfunktion besitze. Die betreffenden Leistungen des Chefarztes würden bundesweit nur von sehr wenigen Spezialisten vorgehalten. Zwar müsse der für eine Ermächtigung notwendige Versorgungsbedarf grundsätzlich im örtlichen Planungsbereich sowie gegebenenfalls im angrenzenden Planungsbereich gegeben sein. Bei Fällen wie dem vorliegenden, bei dem ein überregionaler Einzugsbereich bestehe, müsse jedoch vom Grundsatz der planungsbereichsbezogenen Bedarfsermittlung abgewichen werden. Diesen besonderen Umständen hätten die Zulassungsgremien durch die vorgenommene Differenzierung bei den Fallzahlbeschränkungen in angemessener Weise Rechnung getragen.

Praxishinweis: Als Chefarzt der Radiologie haben Sie gute Chancen einen Streit zu gewinnen, wenn Sie nachweisen können, dass für bestimmte – von Ihnen als Spezia-listen erbrachte – Leistungen ein besonderer Versorgungsbedarf besteht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn Sie

  • eine besondere Fachkunde besitzen,
  • über die nur wenige Spezialisten bundesweit verfügen und
  • daher ein überregionaler Einzugsbereich besteht.

Problem: Die Ermächtigung

Ermächtigungen kommen nur insoweit in Betracht, als die niedergelassenen Ärzte keine ausreichende ambulante ärztliche Versorgung gewährleisten können. Es bedarf also eines im Einzelfall durch die Zulassungsgremien festzustellenden Versorgungsbedarfs. Der Versorgungsbedarf ist grundsätzlich auf den Planungsbereich bezogen zu ermitteln, in dem der Chefarzt tätig ist.

In Ausnahmefällen kommt jedoch auch eine überregionale Bedarfsermittlung in Betracht. So hatte beispielsweise auch das Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern eine überregionale Bedarfsprüfung für laborärztliche Untersuchungen für zulässig erachtet (Az: L 1 KA 8/03).

Auch das Bundessozialgericht betonte mehrfach, dass in Ausnahmefällen die in anderen Planungsbereichen bestehenden Versorgungsangebote oder -defizite zu berücksichtigen seien. Die vorliegende Entscheidung des SG Marburg konkretisiert somit die derzeitige Rechtsprechung und ist insoweit zu begrüßen, als für die oftmals hochspezialisierten und qualifizierten Chefärzte eine weitergehende Bedarfsermittlung ermöglicht wird.