„Wer viele Geräte betreibt, erleichtert sich die Arbeit mit einem Dosismanagementsystem!“

Um Patienten vor zu hoher Strahlenbelastung zu schützen, können Radiologen und Medizinphysik-Experten (MPE) Dosismanagementsysteme (DMS) nutzen. Doch wie lassen sie sich optimal einsetzen? Dazu hatte das Bundesamt für Strahlenschutz den „Leitfadenzum Einsatz von Dosismanagementsystemen zur Optimierung von Röntgenanwendungen und Einhaltung von Referenzwerten“ in Auftrag gegeben. Dr. Josefin Ammon, MPE und Leiterin des Instituts für Medizinische Physik am Klinikum Nürnberg, leitete das Projektteam. Ursula Katthöfer (textwiese.com) sprach mit ihr.

Redaktion: Was bietet ein DMS, was vorher nicht möglich war?

Ammon: Mit einem DMS lässt sich kurzfristig erkennen, ob sich die Dosiswerte unabhängig, aber auch abhängig vom Untersuchungsprotokoll verändern. Wurde ein neues Gerät konfiguriert oder ein Untersuchungsparameter geändert, ist schnell ersichtlich, ob und wie sich Dosiswerte verändert haben. Wurde bei einer Untersuchung der jeweilige diagnostische Referenzwert um den Faktor zwei überschritten und muss zum Ausschluss eines Vorkommnisses der Mittelwert der letzten 20 Untersuchungen gebildet werden, sieht man sofort, ob es sich um ein grundsätzliches Problem oder einen einmaligen Ausreißer handelt. Bisher musste man dazu die Bilder manuell aus dem PACS oder die Befunde aus dem RIS heraussuchen.

Redaktion: Welche Rolle spielt das neue Strahlenschutzgesetz?

Ammon: Der Strahlenschutz ist jetzt auch mit einem Gesetz in Deutschland geregelt, nicht mehr nur als Verordnung. Wer viele Geräte betreibt, Grenzwerte kontrollieren und Vorkommnisse nach dem neuen Recht untersuchen muss, tut sich mit einem DMS leichter.

Redaktion: Für welche Einrichtungen ist ein DMS geeignet?

Ammon: Wenn eine Praxis lediglich ein CT betreibt, kann man die Dosiswerte gut mit einem Tabellenkalkulationsprogramm überwachen. Das ist finanziell noch sinnvoll. Aber bei mehreren CTs und Interventionsanlagen ist die manuelle Erfassung und Analyse der Werte irgendwann nicht mehr sinnvoll.

Redaktion: Was muss ein DMS bieten, damit Anwender es wirklich nutzen?

Ammon: Es sollte dabei unterstützen, nach einer Überschreitung eines Referenzwerts den Mittelwert über 20 aufeinanderfolgende Untersuchungen zu ermitteln. Ein schneller und automatisierter Ausschluss eines möglicherweise meldepflichtigen Vorkommnisses wäre ohne dieses Merkmal nicht möglich.

Redaktion: Sollte man bei der Installation erst einmal klein anfangen, z. B. mit einem CT?

Ammon: Ja, man sollte ein DMS auf jeden Fall Stück für Stück konfigurieren und die erhobenen Daten kontrollieren. Die Dosiswerte für ein CT sind sehr gut standardisiert, es kann daher schnell angeschlossen werden. Bei Interventionen ist es dagegen aufgrund der höheren Komplexität der Untersuchungen aufwendiger.

Redaktion: Wie kann ein DMS zur Qualitätssicherung eingesetzt werden?

Ammon: Nehmen wir z. B. eine Wochenauswertung der Thorax-Untersuchungen im CT. Im DMS lässt sich feststellen, ob ein bestimmtes Protokoll viel länger gefahren wurde als andere oder ob Patienten jeden Montag und Dienstag anders gelagert wurden. Damit kann das DMS dazu beitragen, Abweichungen festzustellen, Gründe dafür zu finden und die Qualität der Untersuchungen zu sichern.

Redaktion: Führt das DMS dazu, dass das Team sich besser austauscht?

Ammon: Ein großer Vorteil ist, dass sich aus den Daten viel lernen lässt. Wenn sich ein Fehler einschleicht, kann schnell reagiert werden. Davon profitiert das ganze Team. Alle bekommen außerdem nach einer Änderung der Untersuchungsparameter eine Rückmeldung, ob an der Dosis gespart werden konnte oder ob die Bildqualität sich verbessert hat.

Über das Projekt

Wie lassen sich DMS in der Röntgendiagnostik und interventionellen Radiologie einsetzen, um Röntgenanwendungen zu optimieren sowie Dosisreferenzwerte (DRW) und interne Dosisschwellen einzuhalten? Um diese Frage ging es im Projekt. Dabei wurden nötige Prozessabläufe untersucht und erfasste Expositionsdaten analysiert. Die Erkenntnisse zur Nutzung und Integration eines DMS in Praxen und Kliniken wurden als Leitfaden für Anwender und Betreiber zusammengefasst. Das Projektteam, bestehend aus dem Klinikum Nürnberg (Dr. Josefin Ammon), der Universitätsmedizin Göttingen (Dr. Georg Stamm), dem Klinikum rechts der Isar der TU München (Bernhard Renger), der TH Mittelhessen (Prof. Dr. Martin Fiebich) und der Privatklinikgruppe Hirslanden (Roland Simmler) befasste sich mit der Durchführung des Forschungsvorhabens. Alle Partner verfügen über ein DMS und konnten im Vorfeld Erfahrungen damit sammeln. Kooperierend nahmen drei Radiologie-Praxen teil.

 

Weiterführender Hinweise

  • „Leitfaden Dosismanagementsysteme“ bei der AG Physik und Technik der DRG online unter iww.de/s4449