Welches Niederlassungsmodell hat Zukunft? – MVZ und BAG im Vergleich

von RAin Dina Gebhardt, Kanzlei am Ärztehaus, Münster, kanzlei-am-aerztehaus.de

In der niedergelassenen Ärzteschaft investitionsstarker Fachgebiete wie der Radiologie zeigt sich eine gewisse Sorge um sinkende Konkurrenzfähigkeit und ein drohendes Ende der Freiberuflichkeit. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des wachsenden Engagements von Private-Equity-Gesellschaften und fortschreitender Flexibilisierung ärztlicher Kooperationsformen. Zur wiederkehrenden Frage, ob das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) der Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) als Organisationsform für die ärztliche Berufsausübung vorzuziehen ist, werden im Folgenden die rechtlichen Vor- und Nachteile der BAG und des MVZ erörtert.

Rechtsform und Ausgestaltung

Zugelassene Ärzte können sowohl eine BAG als auch ein MVZ gründen. Während die Gründung der BAG nach den Berufsordnungen der einzelnen Länder oftmals nur in der juristischen Person des Privatrechts zulässig ist, ist die Gründung eines MVZ möglich in der Rechtsform

  • der Personengesellschaft – also der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder Partnerschaftsgesellschaft (PartG) –,
  • der eingetragenen Genossenschaft,
  • der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder
  • in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform.

Das MVZ bietet daher im Hinblick auf die Rechtsformwahl gegenüber der BAG eine größere Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten. Diese dient aber vorrangig anderen Leistungserbringern im Gesundheitswesen, denen es dadurch ermöglicht wird, an der ambulanten Versorgung teilzunehmen.

Während es für die Gründung einer MVZ-GmbH nur eines Gesellschafters bedarf, setzt die Zulassung des MVZ mindestens zwei Ärzte und zwei halbe Versorgungsaufträge voraus.

Die Gründung einer GbR erfordert mindestens zwei Gesellschafter. Nachteilig ist, dass die Gründung einer GmbH die Einbringung eines Stammkapitals von mindestens 25.000 Euro voraussetzt, während es in der GbR keine gesetzliche Einlagepflicht gibt.

Merke

Weder die Organisation als MVZ noch die als BAG bietet eine Besser- oder Schlechterstellung in der Abrechnung ärztlicher Leistungen. In der Zusammenarbeit mit Kliniken sind niedergelassene Ärzte in BAG und MVZ nicht im Nachteil. Beide Praxisformen können Kooperationen mit Krankenhäusern begründen.

 

Haftung

Die Gesellschafter einer GbR haften für die Verbindlichkeiten der GbR als Gesamtschuldner persönlich, d. h., mit ihrem Privatvermögen.

Für die Verbindlichkeiten der GmbH haftet derselben nur das Gesellschaftsvermögen. Gesellschaftsrechtlich müsste also der GmbH der Vorzug zu geben sein, weil nicht mit dem Privatvermögen zu haften ist.

Allerdings ist zu beachten, dass die Zulassung eines MVZ in der Rechtsform einer GmbH von den Gesellschaftern die Abgabe selbstschuldnerischer Bürgschaftserklärungen oder anderer Sicherheitsleistungen nach § 232 BGB für Forderungen von KVen und Krankenkassen gegen das MVZ aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit verlangt. Dies gilt auch für Forderungen, die erst nach einer Auflösung des MVZ fällig werden. Die juristischen Personen und die Personengesellschaften werden damit haftungsrechtlich gleichgestellt.

Genossenschaften werden hingegen von dieser Regelung nicht erfasst.

Wachstum und Weiterentwicklung

Die BAG und das MVZ können in der Weise betrieben werden, dass sowohl Vertragsärzte als auch angestellte Ärzte gleichzeitig tätig werden. Nur das MVZ bietet dem Vertragsarzt hingegen die Option, zeitgleich MVZ-GmbH-Gesellschafter und Angestellter zu sein. Ein MVZ kann auch ausschließlich durch angestellte Ärzte betrieben werden. Das hat zur Folge, dass ein MVZ – anders als die BAG – eines ärztlichen Leiters bedarf.

Das MVZ kann – anders als der Vertragsarzt oder die BAG – beliebig viele Ärzte anstellen. Ein Vertragsarzt mit einem vollen Versorgungsauftrag darf hingegen nicht mehr als drei vollzeitbeschäftigte Ärzte anstellen. Möchte er weitere Ärzte beschäftigen, hat er nachzuweisen, durch welche Vorkehrungen die persönliche Leitung der Praxis gewährleistet ist.

Anmerkung

Wie zahlreiche Reformen der Vergangenheit verdeutlichen, ist dem Gesetzgeber daran gelegen, MVZ und BAG gleichzustellen und keine Kooperationsform zu privilegieren.

Das größte Problem, das sich in der Beratungspraxis gezeigt hat, sind die in den vergangenen Jahren rasant angestiegenen Kaufpreise für radiologische Praxen. Sie übersteigen den tatsächlichen Praxiswert regelmäßig um ein Vielfaches. Dies sorgt dafür, dass junge Radiologen oft bereits aus finanziellen Gründen an einer Niederlassung gehindert sind.

Um zu verhindern, dass die niedergelassene Ärzteschaft verdrängt wird, bleibt es ihr jedoch selbst vorbehalten, die Zukunft der jungen Generation in der Niederlassung zu sichern, indem junge Kollegen frühzeitig in der Praxis gefördert und etabliert werden. Der potenzielle Praxis-Einstieg sollte dabei ein realistisches und finanzierbares Ziel sein.

Fazit

Die Gegenüberstellung zeigt, dass sowohl die BAG als auch das MVZ Wachstumspotenzial bieten und es auch der niedergelassenen Ärzteschaft, unter Wahrung des rechtlich Möglichen, nicht verwehrt ist, sich personell und strukturell zu vergrößern. Niedergelassene Mediziner sind konkurrenzfähig und stehen Private-Equity-Gesellschaften nicht nach. Es bleibt nicht allein diesen vorbehalten, sich im ärztlichen Wettbewerb zu positionieren. Auch niedergelassene Ärzte, die in einer BAG oder einem MVZ zusammengeschlossen sind, können ihre Strukturen ausweiten, indem sie eine oder mehrere Praxen erwerben, um diese in den Bestandsbetrieb einzugliedern; entweder als weitere Betriebsstätte einer überörtlichen BAG (ÜBAG) mit einem weiteren oder mehreren Gesellschaftern, alternativ als Zweigpraxis mit einem angestellten Arzt als sogenannte Versorgerfiliale. Hierbei sollte sich die Ärzteschaft ihre Vorteile gegenüber Private-Equity-Gesellschaften bewusst und zunutze machen: Vertrauen, Zusammenhalt und das gemeinsame Berufsethos, das verbindet.