Wahlleistungspatienten: PKV muss Sachkosten bei Behandlung durch externe Ärzte erstatten

von Konstantin Theodoridis, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozial­- und Medizinrecht, PVS Rhein-Ruhr, Mülheim an der Ruhr

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 4. November 2010 (Az: III ZR 323/09, abrufbar unter „Downloads/Urteile“) die strittige Frage entschieden, wer Kostenschuldner der Sachkosten ist, die einem konsiliarisch hinzugezogenen Arzt im Rahmen der Behandlung eines stationären Wahlleistungspatienten entstehen. Der BGH verurteilte den Patienten und somit den privaten Krankenversicherer zur Zahlung der Sachkosten und widersprach damit der Auffassung des Krankenversicherers, die Sachkosten seien bereits mit der Zahlung des Krankenhausentgelts abgegolten. Neben niedergelassenen Ärzten ist dieses Urteil auch für liquidationsberechtigte Krankenhausärzte, die konsiliarisch externe Wahlleistungspatienten mitbehandeln, die in einem anderen Krankenhaus stationär liegen, wichtig. Sie können nun die bei ihnen entstandenen Sach­kosten im Rahmen des § 10 GOÄ dem Patienten in Rechnung stellen.

Der Fall

Das Krankenhaus, in dem der Wahlleistungspatient behandelt wurde, verfügte über keine radiologische Abteilung. Der leitende Arzt des Krankenhauses veranlasste bei einer Gemeinschaftspraxis für Röntgenologie und Nuklearmedizin die Durchführung einer erforderlichen Subtraktionsangiographie. Das ärztliche Honorar sowie die entstandenen Sachkosten stellte die PVS Rhein-­Ruhr GmbH, der die Forderung abgetreten wurde, dem Patienten in Rechnung. Der private Krankenversicherer erstattete das Honorar, verweigerte jedoch die Übernahme der Sachkosten, die in etwa 75 Prozent der Gesamtforderung ausmachten.

Kontroverse Rechtsprechung

Der Patient klagte, unterlag allerdings in erster Instanz vor dem Amtsgericht Solingen und wurde zur Zahlung verpflichtet. Er legte Berufung ein und obsiegte vor dem Landgericht Wuppertal.

Das Landgericht vertrat die Auffassung, dass Patienten mit Wahlleistungsvereinbarungen nicht schlechter gestellt werden dürfen als solche ohne einen entsprechenden Vertrag. Patienten, die keine Wahlleistungsvereinbarungen abschließen, müssten keine Sachkosten gesondert zahlen, da diese Kosten bereits mit der Zahlung der DRG-­Fallpauschale abgegolten seien. Demzufolge seien die Sachkosten bereits in den Krankenhausentgelten enthalten. Werde der Wahlleistungspatient zur Zahlung der Sachkosten verpflichtet, zahle er diese Kosten doppelt. Kostenschuldner sei deswegen nicht der Patient, sondern das Krankenhaus, das die Leistungen des externen Arztes veranlasse.

Diese Entscheidung des Land­gerichts Wuppertal hat der BGH nun gekippt und den Patienten zur Zahlung verurteilt.

Beurteilung

Das Landgericht nahm eine Doppelbelastung des Patienten an, ohne zuvor zu prüfen, ob die Sachkosten des externen Arztes tatsächlich in den DRG enthalten sind. Wird der externe Arzt, so der BGH, nicht vom Krankenhaus, sondern von einem liquidationsberechtigten Arzt des Krankenhauses zugezogen, sind seine erbrachten Leistungen Wahlleistungen und nicht allgemeine Krankenhausleistungen. Folglich können die Kosten der Wahlleistung nicht in den Krankenhausentgelten enthalten sein.

Das Landgericht Wuppertal hatte verkannt, dass Wahlleistungen zwar Krankenhausleistungen sind, jedoch keine allgemeine Krankenhausleistungen. Mit den DRGs werden nur allgemeine Krankenhausleistungen vergütet. Dies ergibt sich sowohl aus § 7 Krankenhausentgeltgesetz (hier ist von Entgelten für allgemeine Krankenhausleistungen die Rede) als auch aus § 7 Absatz 2 Bundespflegesatzverordnung. In dieser Norm heißt es ausdrücklich: „Mit dem Budget und den Pflegesätzen nach § 10 dürfen Leistungen, die nicht zu den allgemeinen Krankenhausleistungen gehören, nicht vergütet werden.“

Dies bedeutet, dass in den DRGs keinesfalls Kosten einkalkuliert werden dürfen, die keine allgemeine Krankenhausleistungen sind. Insofern dürfen auch die Kosten des Wahlarztes nicht in den DRGs enthalten sein. Das ist auch der Grund, weswegen § 6a GOÄ in Verbindung mit § 10 GOÄ die Berechnung der Sachkosten ausdrücklich zulässt.

BGH-Urteil bringt Rechtssicherheit

Der private Krankenversicherer konnte sich somit nicht mit dem Argument durchsetzen, das Krankenhaus sei Schuldner der Sachkosten. Der konsiliarisch tätige Arzt, der lieber auf die Forderung verzichtet hat als sich mit dem Krankenhaus oder mit dem privaten Krankenversicherer des Patienten zu streiten, hat nun die Gewissheit, GOÄ-­konform abzurechnen. Insofern wird die Entscheidung des BGH erfreulicherweise für Rechtssicherheit im Umgang mit der Berechnung der Sachkosten sorgen.