von RA und FA für Medizinrecht Sören Kleinke, Kanzlei am Ärztehaus, Münster, www.kanzlei-am-aerztehaus.de
Für Radiologen besteht – in noch etwas größerem Umfang als bei Ärzten anderer Fachgruppen – eine Vielzahl von rechtlichen Pflichten gegenüber Patienten und Institutionen wie beispielsweise der Kassenärztlichen Vereinigung, der Ärztekammer und auch der Ärztlichen Stelle. Diese Pflichten gegenüber den verschiedenen Adressaten können im Einzelfall miteinander kollidieren, sodass es für den Radiologen schwer ist zu entscheiden, welcher Pflicht der Vorrang zu gewähren ist. Über eine solche Konfliktsituation – es ging um die Herausgabe von Behandlungsunterlagen an eine Ärztliche Stelle – hat das Verwaltungsgericht (VG) Frankfurt a. M. am 13. Februar 2008 ein Urteil gefällt (Az: 4 E 1892/97).
Demnach gilt: Verlangt eine Ärztliche Stelle die Vorlage von Patientenunterlagen wie beispielsweise Röntgentagebücher, so stellt die Herausgabe dieser Unterlagen grundsätzlich keine Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht und auch keine Verletzung von datenschutzrechtlichen Vorschriften dar. Denn gemäß § 17a Abs. 1 und 4 Röntgenverordnung (RöV) sind der Ärztlichen Stelle auf deren Verlangen Unterlagen vorzulegen, die sie zur Erfüllung ihrer Pflichten benötigt. Aufgrund der RöV haben Ärztliche Stellen bei den Betreibern von Röntgeneinrichtungen Prüfungen vorzunehmen, um sicherzustellen, dass bei der Anwendung von Röntgenstrahlen am Menschen die Erfordernisse der medizinischen Wissenschaft beachtet werden und die Strahlenexposition des Patienten so gering wie möglich gehalten wird.
Für solche Prüfungen muss es nach Auffassung des VG auch möglich sein, die Indikation für eine bestimmte Untersuchung durch entsprechende Aufzeichnungen der Patientengeschichte nachzuweisen. Aus diesem Grund sei die Ärztliche Stelle darauf angewiesen, patientenbezogene Daten zu erhalten.
Allerdings stellt das VG auch fest, dass auch die Vorlage von anonymisierten Patientenunterlagen dafür ausreichend sein kann, wenn eine Zuordnung der Unterlagen für die Ärztliche Stelle möglich ist.
Das Urteil des VG ist zu begrüßen. Hierdurch wird für den Radiologen eine gewisse Rechtssicherheit geschaffen. Problematisch ist jedoch die vom VG offengelassene Frage, in welchen Fällen die Vorlage von anonymisierten Patientenunterlagen ausreicht und wann der Radiologe zur Vorlage der vollständigen Unterlagen verpflichtet ist.
Praxistipp: Ist die Vorlage von anonymisierten Unterlagen für die Prüfzwecke der Ärztlichen Stelle ausreichend, so ist der Radiologe weder verpflichtet noch berechtigt, die nicht-anonymisierten Unterlagen vorzulegen, sodass er sich auch hier wieder in einem Entscheidungskonflikt befindet.
Da die Ärztliche Stelle ihre Forderungen auch im Wege der Festsetzung von Zwangsgeldern durchsetzen kann, sollte der Radiologe nicht auf Konfrontationskurs gehen, sondern mit der Ärztlichen Stelle kooperieren. Verlangt diese die Herausgabe von patientenbezogenen Daten, so sollte er – am besten schriftlich – nachfragen, ob es nicht ausreicht, die verlangten Unterlagen in anonymisierter Form vorzulegen. Wird dies von der Ärztlichen Stelle verneint, kann dem Radiologen bei Übersendung nicht-anonymisierter Daten kein strafrechtlicher Vorwurf einer Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht gemacht werden.
Der BDR hat im Rahmen seines ständigen Rechtsprechungs-Reports Radiologie (RRR) in „Der Radiologe“, Ausgabe 11/2008, S. 1094 (RRR Nr. 168) darauf hingewiesen, dass mit dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Mai 2008 (Az: 6 A 73108.Z) offen geblieben ist, ob auch die Vorlage der Befunde und der Original-Röntgenbilder (statt eines Datenträgers) verlangt werden kann. Dies wird vom BDR bekanntlich verneint (vgl. „Der Radiologe“ 2006, S. M112). |
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