Von der Klinik in die Niederlassung (Teil 3): Was muss im Praxiskaufvertrag stehen?

von RA Rainer Hellweg, FA für MedR, armedis Rechtsanwälte, Hannover, www.armedis.de

Wenn sich der niederlassungswillige Krankenhausarzt mit dem Praxisabgeber über die wesentlichen Modalitäten der geplanten Praxisübergabe geeinigt hat, muss ein Praxiskaufvertrag aufgesetzt werden. Die darin zu regelnden Punkte sind für Praxiskäufer und Praxisabgeber gleichermaßen wichtig.

Vorsicht bei Vertragsmustern 

Muster für Praxiskaufverträge werden von einigen Ärztekammern zur Verfügung gestellt und sind auch über das Internet erhältlich. Solche Muster können aber nur eine Orientierungshilfe bieten und sollten nicht ohne weitere juristische Prüfung oder Beratung verwendet werden. Aus zwei Gründen ist Vorsicht geboten:

  • Zum einen sind die von den Ärztekammern angebotenen Musterverträge auf Neutralität ausgerichtet. Das Leben ist aber nicht neutral: Die Interessen des Praxisabgebers sind keineswegs deckungsgleich mit den Interessen des Übernahmewilligen.
  • Zum anderen ist kein Fall genau wie der andere. Der Inhalt von vielen Vertragsklauseln muss an den Umständen des konkreten Einzelfalls ausgerichtet werden. Für den übernahmewilligen Arzt geht es in aller Regel um sein gesamtes künftiges Berufsleben und um seine wirtschaftliche Existenz. Deshalb sollte er unbedingt darauf achten, dass seine Rechte und Interessen im Vertrag gewahrt werden.

Folgende Punkte sollte der Käufer im Praxisübergabevertrag besonders beachten:

Zulassungserteilung als aufschiebende Bedingung 

Der Praxisübergabevertrag sollte unter die „aufschiebende Bedingung“ gestellt werden, dass der Praxiskäufer auch tatsächlich die Zulassung an dem Praxisstandort erhält. Denn die Erteilung der Zulassung hängt von der Entscheidung des Zulassungsausschusses ab.

Eine „aufschiebende Bedingung“ hat folgenden Sinn: Erteilt der Zulassungsausschuss wider Erwarten einem anderen Bewerber die Zulassung, sollen beide Vertragsparteien nicht am Vertrag festgehalten werden. Dies ist für den übernahmewilligen Arzt eminent wichtig, da er sonst eine Praxis einschließlich Geräte kaufen und Räume, Personal und Inventar übernehmen würde, mangels Zulassung jedoch nicht vertragsärztlich tätig werden und die Behandlungen von GKV-Patienten nicht abrechnen könnte. Mit der „aufschiebenden Bedingung“ wird der Vertrag erst dann wirksam, wenn der Praxiskäufer den Zuschlag und somit die Zulassung (den „Arztsitz“) erhalten hat.

Zudem sollte der Vertrag eine Klausel enthalten, wonach sowohl der Praxisabgeber als auch der übernahmewillige Arzt alles rechtlich Mögliche bis hin zu einem Gerichtsverfahren unternehmen müssen, um auf das Ziel der Übertragung der Zulassung auf den Arzt hinzuwirken. Fehlt eine solche Klausel im Vertrag, könnte der Praxisabgeber, wenn der Zulassungsausschuss einen anderen Bewerber vorzieht, sich mit diesem vertraglich einigen. Der Arzt würde dann „in die Röhre gucken“.

Eine solche Klausel könnte wie folgt formuliert sein:

Absichtserklärung von Praxisverkäufer und -käufer

„Die Vertragsparteien versichern, alles ihnen Mögliche und Zumutbare einschließlich der Einlegung aller zur Verfügung stehenden Rechtsmittel zu unternehmen, um die vertragsärztliche Zulassung des Erwerbers zum Übergabestichtag zu erreichen.“

 

Kaufobjekt und Gewährleistung 

Durch den Praxisübergabevertrag wird die gesamte Praxis übertragen, also nicht nur die Zulassung. Ansonsten wäre es ein verbotener Zulassungshandel. Insbesondere sollten in einer Inventarliste – als Anlage zum Vertrag – alle zu übertragenden Einrichtungsgegenstände, Instrumente, Geräte und Materialien angegeben werden. Hier ist abzugrenzen zu Gütern, die nicht zur Praxis gehören oder Privateigentum des Praxisabgebers sind.

Der übernahmewillige Arzt sollte sich in einer Klausel vom Praxisabgeber zusichern lassen, dass sämtliche medizinischen Geräte zum Zeitpunkt der Übergabe funktionstüchtig sind und bis dahin alle erforderlichen Wartungs- und Pflegearbeiten durchgeführt wurden. Im Übrigen kann vereinbart werden, dass die Übernahme des sonstigen Inventars „wie besichtigt“ erfolgt. Dadurch wäre eine Haftung des Praxisabgebers zum Beispiel für bekannte Sachmängel ausgeschlossen – etwa die klemmende Schublade. Eine solche Regelung geht zwar zulasten des Praxisübernehmers, ist aber oftmals sachgerecht.

Eintritt in bestehenden Mietvertrag 

Wenn sich die zu übernehmende Praxis in einem Mietobjekt befindet, muss sich der Praxiskäufer unbedingt den bestehenden Mietvertrag anschauen. Durch Vereinbarung sowohl mit dem Praxisabgeber als auch mit dem Vermieter muss sichergestellt sein, dass er in den Mietvertrag eintreten bzw. diesen übernehmen kann. Zwar hat der Vermieter meist ein grundsätzliches Interesse an der Fortführung des Mietvertrags mit dem Inhaber einer Radiologiepraxis als solventem Mieter. Allerdings versuchen Vermieter manchmal, einen Mietertausch zu nutzen, um eine höhere Miete herauszuholen. Hier sollte der Praxiskäufer mit dem Vermieter in eigenem Interesse frühzeitig Kontakt aufnehmen und geschickt mit ihm verhandeln.

Übernahme des Praxispersonals 

Beim Praxisverkauf geschieht formaljuristisch ein sogenannter „Betriebsübergang“. Hierdurch wird den Arbeitnehmern das Fortbestehen ihrer Arbeitsverträge zugesichert – sie gehen also kraft Gesetzes auf den Praxiskäufer über. Hierüber muss ein Informationsschreiben rechtzeitig vor dem Übergabestichtag an die Praxismitarbeiter gerichtet werden, was im Praxisübergabe-Vertrag geregelt werden sollte. Dieses Schreiben kann im Sinne eines guten „Klimas“ von Praxisabgeber und übernehmendem Arzt gemeinsam verfasst und unterzeichnet werden.

Eine abschließende Aufstellung der Anstellungsverhältnisse sollte als Anlage zum Vertrag genommen werden. Dort wird also aufgelistet, wer an welcher Position für welches Gehalt arbeitet. Weiterhin wichtig ist eine Klausel im Vertrag, wonach sich der Praxisabgeber verpflichtet, ab dem Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung bis zum Übergabestichtag Arbeitsverhältnisse nur noch im Einvernehmen mit dem übernehmenden Arzt zu beenden oder zu begründen.

Praxishinweis

Wollen Sie als Praxiskäufer einen bestimmten Arbeitnehmer der Praxis – etwa die Ehefrau des abgebenden Praxisinhabers – gerade nicht übernehmen, sollten Sie sich mit dem Praxisabgeber rechtzeitig über diese Frage verständigen. Gerade Fragen des Personalübergangs sind rechtlich kompliziert. So ist zum Beispiel die Kündigung von Mitarbeitern im zeitlichen Zusammenhang mit einem Betriebsübergang rechtlich kaum möglich.

 

Forderungsabgrenzung 

Da der Praxiskäufer nach außen hin rechtlich in alle laufenden Verbindlichkeiten eintritt und ihm auch bestehende Forderungen zustehen, muss im Praxisübergabevertrag intern zwischen Praxisabgeber und Praxiskäufer eine klare Abgrenzung erfolgen. In aller Regel ist es sachgerecht, den Tag der Praxisübergabe als zeitliche Zäsur zu wählen. Vorher entstandene Forderungen und Verbindlichkeiten können dann zugunsten und zulasten des Praxisabgebers gehen. Nach dem Übergabestichtag ist der übernehmende Arzt wirtschaftlich für sie verantwortlich.

Wichtig ist eine vertragliche Regelung, die eine interne Freistellung von Ansprüchen vorsieht. Auch sollten sich die Vertragsparteien über die Abrechnung bereits angefangener Behandlungsfälle verständigen.

Besonders wichtig ist für den Praxiskäufer eine klare und im Vertrag schriftlich fixierte Zusicherung durch den Praxisabgeber, dass keine Prüfverfahren oder Arzthaftungsverfahren laufen. Juristisch gilt nämlich: Im Außenverhältnis haftet der übernehmende Arzt für alle laufenden Regresse etc. Deshalb sollte im Innenverhältnis eine Freistellung von Ansprüchen durch den Praxisabgeber explizit im Vertrag geregelt werden.

Konkurrenzschutzklausel 

Vergessen wird manchmal eine Konkurrenzschutzklausel, die für den übernehmenden Arzt aber von großer Bedeutung ist. Durch eine solche Vertragsklausel soll es dem Praxisabgeber untersagt werden, nach Praxisübergabe in unmittelbarer Nähe eine andere Praxis zu eröffnen – etwa um Privatpatienten weiter zu behandeln.

Die Grenzen der juristischen Zulässigkeit für Zeitraum und räumliche Entfernung eines solchen Wettbewerbsverbots sind durch die Rechtsprechung vorgegeben und müssen im Einzelfall beurteilt werden. Häufig werden Wettbewerbsverbote für einen Zeitraum von zwei Jahren nach der Übergabe festgelegt; für die Entfernung wird meist ein Umkreis von zwei oder fünf Kilometern um den Praxisstandort bestimmt, bei stark spezialisierten Arztgruppen wie Radiologen in der Regel aber deutlich mehr – insbesondere in ländlichen Gebieten.

Praxishinweise

Der übernahmewillige Arzt sollte sich nicht auf die Aussage des Praxisabgebers verlassen, er habe den Praxisübergabevertrag bereits durch seinen Anwalt prüfen lassen und dieser sei in Ordnung. Schließlich geht es bei der Investition in eine Praxis um eine Lebensentscheidung!

Für die Verhandlungsführung gilt: Je früher der Arzt einen eigenen Berater – zumindest im Hintergrund – hinzuzieht, desto erfolgreicher kann die Verhandlung gestaltet werden. Wenn dem Rechtsanwalt erst der ausverhandelte Vertrag vorgelegt wird, ist die Durchsetzung der Interessen schwieriger.

 

Weiterführender Hinweis

  • In der Regel benötigen übernahmewillige Radiologen für ihr Investitionsvorhaben eine passende Finanzierung, die idealerweise zur jeweiligen individuellen Gesamtsituation passt. Wie die Finanzierung gelingt, wird im nächsten Teil besprochen.