Verordnung von KM als Sprechstundenbedarf: Regionale Besonderheiten beachten

von RA Dr. Jan Moeck, Kanzlei Dierks Bohle Rechtsanwälte, www.db-law.de

Die Verordnung von Kontrastmitteln (KM) zugunsten von GKV-Patienten ist in den meisten KV-Bezirken in den „Vereinbarungen über die ärztliche Verordnung von Sprechstundenbedarf“ (Sprechstunden­bedarfsvereinbarungen) geregelt. In zumindest einer KV, der KV Bayerns, existiert jedoch jeweils eine gesonderte Vereinbarung, wonach der Bezug von KM pauschal durch die Krankenkassen vergütet wird. Auch im EBM finden sich einige Hinweise zur Vergütung von Kontrastmitteln. Es folgt ein Überblick über Regelungen, die bei der Verordnung beachtet werden sollten.

Welche Artikel fallen unter ­Sprechstundenbedarf? 

Als Sprechstundenbedarf gelten nur solche Artikel, die – wie zum Beispiel Kontrastmittel – ihrer Art nach bei mehr als einem Patienten angewendet werden oder die zur Sofort­behandlung erforderlich sind. Mittel, die nur für einen Patienten bestimmt sind, stellen keinen Sprechstunden­bedarf dar und sind daher mit Angabe der zuständigen Kranken­kasse auf den Namen des Versicherten zu verordnen.

Zu beachten ist, dass Sprechstundenbedarf nur für gesetzlich Ver­sicherte verordnet werden kann und daher nicht Privatpatienten zugute kommen darf. Der Sprechstunden­bedarf ist auch abzugrenzen von den Verbrauchsmaterialien und Hygieneartikeln, deren Kosten der Praxis zufallen.

Sprechstundenbedarfsvereinbarung und EBM-Vorgaben: Was gilt für die Verordnung von KM? 

Welche Materialien und Substanzen im Einzelnen als Sprechstunden­bedarf verordnet werden dürfen, lässt sich der geltenden Sprechstundenbedarfsvereinbarung entnehmen. In den Vereinbarungen wird zuweilen auch unterschieden, welche Kosten die Krankenkassen als Sprechstundenbedarf übernehmen müssen und welche Kosten bereits über die Abrechnung der jeweiligen Gebührenposition des EBM abgegolten sind.

Häufig lässt sich dies auch dem EBM selbst entnehmen. So findet man in Sprechstundenbedarfsvereinbarungen häufig den Hinweis, dass Kontrast­mittel auf Bariumbasis und etwaige Zusatzmittel für die Doppelkontrast­untersuchung bei Magen-Darm-Untersuchungen nicht als Sprechstunden­bedarf verordnet werden dürfen, da sie mit der jeweiligen Gebührennummer für die ärztliche Leistung bereits abgegolten sind. Für die Zusatzmittel für die Doppelkontrastuntersuchung bei Magen-Darm-Untersuchungen ergibt sich dies auch ausdrücklich aus der Präambel zu Abschnitt 34 des EBM (Diagnostische und interventionelle Radiologie, Computertomographie und Magnetfeld-Resonanz­-Tomographie).

Da die Sprechstundenbedarfsvereinbarungen teilweise vor geraumer Zeit abgeschlossen wurden, helfen dort enthaltene Hinweise aufgrund vieler zwischenzeitlicher Änderungen des EBM teilweise nicht unmittelbar weiter.

Beispiel

Manche Sprechstundenbedarfsvereinbarungen enthalten den Hinweis, dass Kosten für Kontrastmittel bei den Leistungen nach den Nrn. 5120 und 5122 des bis zum 31. März 2005 geltenden EBM mit den Pauschalerstattungen nach den Nrn. 7250 bis 7252 abgegolten sind. Was dies unter den Bedingungen des aktuellen EBM bedeutet, erschließt sich nicht ohne Weiteres.

 

Pauschalvergütung von KM in der KV Bayerns  

In der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns ist der Bezug und die Vergütung von Kontrastmitteln nicht in den Sprechstundenbedarfsvereinbarungen, sondern gesondert geregelt. Dort sieht die „Ver­einbarung zur Abrechnung von Röntgen-, MRT- und Ultraschall­kontrastmitteln“ ausdrücklich vor, dass Kontrastmittel nicht über Sprechstundenbedarf bezogen werden, sondern dass eine Pauschalvergütung durch die Krankenkassen erfolgt.

Wann droht ein Sprechstunden­bedarfsregress? 

Der Sprechstundenbedarf zählt zu den ärztlich verordneten Leistungen. Auch bei der Verordnung von Sprechstundenbedarf ist das Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten; Verstöße können zu einer Schadenersatzverpflichtung (Sprechstundenbedarfsregress) führen.

In den meisten Prüfvereinbarungen ist vorgesehen, dass sowohl eine Prüfung von Einzelverordnungen des Sprechstundenbedarfs als auch eine Überprüfung des Gesamtverbrauchs des Sprechstundenbedarfs pro Quartal/Jahr nach Durchschnittswerten (statistische Vergleiche) stattfinden können. Im zuletzt genannten Fall kann es zu einer Schadenersatzpflicht kommen, wenn der verordnete Sprechstundenbedarf nicht dem fachlichen Versorgungsumfang der entsprechenden Praxis entspricht und nicht in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der Behandlungsfälle bzw. zur Zahl der einschlägigen Leistungen steht.

Was tun bei Unsicherheiten bezüglich der Verordnung von KM? 

Besteht Unsicherheit, ob eine Verordnung von Kontrastmittel als Sprechstundenbedarf erfolgen kann, hilft häufig ein Blick in die im jeweiligen KV-Bezirk geltende Sprechstundenbedarfsvereinbarung und den EBM.

Sollten auch nach diesem Blick in die entsprechende Sprechstunden­bedarfsver­einbarung noch Zweifel bleiben, sollte sich der betreffende Radiologe mit der für den Bezug von Sprechstundenbedarf zustän­digen Krankenkasse in Verbindung setzen und diese um schriftliche Auskunft bezüglich der Verordnungsfähigkeit des Kontrastmittels als Sprechstundenbedarf ­bitten. Anders als bei der Verordnung von Arzneimitteln auf Einzelrezept existiert in den Bundesmantel­verträgen keine Regelung, welche die vorherige Genehmigung einer Sprechstundenbedarfsverordnung durch die Krankenkasse aus­schließt.

Praxishinweis

Betroffene Ärzte können sich diese „Lücke“ in den bundes­mantelvertraglichen Regelungen zunutze ­machen, um Rechts­sicherheit im Einzelfall zu erlangen. Um eine Prüfung des Gesamtverordnungsverhaltens zu vermeiden, sollten die eigenen Gesamtkosten bzw. Durchschnittswerte im Vergleich zu denjenigen der Fachgruppe im Auge behalten werden. Einige Kassenärztliche Vereinigungen veröffentlichen die entsprechenden Durchschnittswerte der einzelnen Facharztgruppen auf ihren Internetseiten.