Urteil zur Kostenerstattung von PET-CT/-MRT-Untersuchungen

von RAin, FAin für MedizinR Dr. Birgit Schröder, Hamburg, dr-schroeder.com

Für Untersuchungen mittels Positronen-Emissions-Tomografie (PET) in Kombination mit einer Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (PET-CT/-MRT) werden stetig mehr Indikationen zugelassen, die eine Kostenübernahme durch die GKV begründen. Bis der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) eine entsprechende Entscheidung getroffen hat, kann eine solche Untersuchung zulasten der GKV nur in Einzelfällen und bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen durchgeführt werden. Im Falle eines Tumorpatienten urteilte das Sozialgericht (SG) Leipzig im Sinne des Klägers (Gerichtsbescheid vom 22.04.2020, Az. S 8 KR 1743/19 ).

Der Fall

Im Fall ging es um die Kostenerstattung in Höhe von 933,49 Euro für eine PET-CT/MRT-Untersuchung. Bei Hodentumoren und abgebrochenen Chemotherapien fehlt eine positive Bewertung oder Empfehlung des G-BA. Eine Kostenübernahme ist grundsätzlich nur bei Vorliegen der engen Voraussetzungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) möglich. Auch diagnostische Maßnahmen sind als Krankenbehandlung davon erfasst. Der Patient begehrte die Kostenübernahme bei der Diagnose Hodentumor Stadium III. Es sollte geprüft werden, ob noch vitales Tumorgewebe besteht. Die Krankenkasse lehnte den Antrag ab. Auch der Widerspruch des Patienten blieb ohne Erfolg, sodass Klage zum SG Leipzig erhoben wurde.

Die Entscheidung

Das Gericht nahm die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V an. Bei der beantragten Leistung handele es sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode. Anders als bei einer Standardtherapie sind die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme streng. Dazu hatte das BVerfG bereits sehr früh in seiner sogenannten Nikolaus-Entscheidung Stellung genommen (Urteil vom 06.12.2005, Az. 1 BvR 347/98) Dabei gilt: Unter drei Voraussetzungen ist es möglich, die Kosten für eine noch nicht anerkannte neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode zu übernehmen:

  • 1. Es muss eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vorliegen.
  • 2. Für diese Erkrankung gibt keine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende, Behandlung.
  • 3. Durch die Behandlung muss eine nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehen

Nicht anerkannte diagnostische Maßnahmen können im Falle einer lebensbedrohlichen bzw. regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung dann dem Leistungskatalog der GKV unterfallen, wenn die standardgemäßen diagnostischen Methoden ausgeschöpft sind oder diese keine hinreichenden Erkenntnisse zu liefern in der Lage sind.

Die spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf kann auch darin liegen, lebensbedrohliche Risiken von Therapieoptionen – konkret: PET-CT/-MRT bei Hodentumor und mehreren abgebrochenen Chemotherapien – überhaupt erst abzuklären.Das SG nahm dabei Bezug auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24.04.2018 (Az. B 1 KR 29/17 R). Darin wurde festgestellt, dass Versicherte unter den Voraussetzungen grundrechtsorientierter Leistungsauslegung auch noch nicht allgemein anerkannte Untersuchungsmethoden beanspruchen können, um Therapieentscheidungen vorzubereiten. Diese Grundsätze überträgt das SG auf den Fall und kommt somit zu einer Kostenübernahme für die begehrte Leistung.

Fazit

Diese Entscheidung führt den Grundgedanken der Nikolausentscheidung des BSG fort und konkretisiert die Anforderungen an die Kostenerstattung. Wenn sich also aus der beantragten Untersuchungsmethode Erkenntnisse gewinnen lassen, die von entscheidender Bedeutung für das weitere diagnostische und therapeutische Vorgehen sind, besteht die Verpflichtung, die entstehenden Kosten zu tragen. Das Sachleistungsprinzip, das durch § 13 SGB V durchbrochen wird, setzt allerdings einen Ausnahmefall voraus. Für das PET-CT, das die Leistungsfähigkeit der Diagnostik in der Onkologie erweitert, bedeutet diese Entscheidung sicherlich eine vermehrte Nachfrage.