Teure Fehler beim Kündigungsschreiben können vermieden werden

von Dr. Guido Mareck, Direktor des Arbeitsgerichts Siegen

Ein fehlerhaftes Kündigungsschreiben kann zur Unwirksamkeit der Kündigung führen. Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber nicht mehr als zehn Arbeitnehmer regelmäßig beschäftigt. Zwar ist eine weitere (korrigierte) Kündigung im Fall der unwirksamen Kündigung nicht ausgeschlossen. Der Zeitraum zwischen den beiden Kündigungsschreiben kann aber Lohnansprüche des Arbeitnehmers zur Folge haben. Diese Probleme können vermieden werden, wenn Praxisinhaber bzw. Klinikleitung die Form des Kündigungsschreibens einhalten und auf bestimmte Formulierungen verzichten.

Immer in Schriftform kündigen 

Nach § 623 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bedürfen die Kündigung des Arbeitsverhältnisses und der Auflösungsvertrag der Schriftform, damit sie wirksam sind. Die elektronische Form ist dabei ausgeschlossen, sodass eine Kündigung per E-Mail auch mit einer elektronischen Signatur unwirksam ist. Ebenso wenig wahrt die Übergabe einer Kopie nach § 126 Abs. 1 BGB die Schriftform.

Praxishinweis

Der Kündigungsberechtigte muss das Kündigungsschreiben/den Auflösungsvertrag immer eigenhändig durch seine Namensunterschrift unterzeichnen (§ 126 Abs. 1 BGB).

 

Es ist darauf zu achten, dass tatsächlich der Kündigungsberechtigte – also der Inhaber der Praxis bzw. in Krankenhäusern in der Regel der Verwaltungsdirektor und / oder der Personalchef (nicht Chefärzte) – die Urkunde unterzeichnet.

Praxishinweis

Haben sich mehrere Ärzten in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) bzw. BGB-Gesellschaft zusammengeschlossen, sind alle BGB-Gesellschafter nur gemeinschaftlich zur Vertretung der GbR berechtigt, d. h.: Alle Gesellschafter müssen die Kündigung unterzeichnen.

 

Eine Kündigung, die von einem Mitarbeiter unterschrieben ist und der keine Vollmachtsurkunde des Arbeitgebers beiliegt, kann der gekündigte Arbeitnehmer nach § 174 BGB zurückweisen. Dies muss unverzüglich (= spätestens binnen zehn Tagen nach Zugang) erfolgen.

Arbeitnehmer auf seine Pflichten hinweisen 

Der Arbeitgeber muss im Schlusssatz des Kündigungsschreibens darauf hinweisen, dass der gekündigte Arbeitnehmer die Pflicht hat, sich unverzüglich nach Zugang der Kündigung persönlich bei der zuständigen Agentur für Arbeit als Arbeit suchend zu melden. Der Hinweis sollte auch die Mitteilung umfassen, dass sonst ggf. eine Minderung der Arbeitslosengeldansprüche droht.

Unterbleibt dieser Hinweis, macht sich der Arbeitgeber zwar nicht schadenersatzpflichtig und die Kündigung ist wirksam. Gleichwohl hilft dieser Zusatz, Probleme zu vermeiden, indem eindeutig auf die Rechtslage hingewiesen wird.

Nachteilige Formulierungen meiden 

Formulierungen, die auf Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion/Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexuelle Identität/Ausrichtung Bezug nehmen (könnten), haben in Kündigungsschreiben zu unterbleiben. Denn aus solchen Formulierungen könnte – ob zu Recht oder Unrecht spielt keine Rolle – eine Benachteiligung nach § 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) hergeleitet werden, die die ausgesprochene Kündigung unwirksam macht (Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil vom 23.7.2015, Az. 6 AZR 457/14).

Sachverhalt 

Im Urteilsfall war eine im Jahre 1950 geborene Frau in einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis seit Ende 1991 als Arzthelferin tätig. Neben ihr waren zum Zeitpunkt ihrer Kündigung vier jüngere Arbeitnehmerinnen in der Praxis eingesetzt. Die Praxis kündigte das Arbeitsverhältnis wegen Veränderungen im Laborbereich, die eine Umstrukturierung erforderten. Darüber hinaus führten die Praxisinhaber im Kündigungsschreiben an, die Mitarbeiterin sei „inzwischen pensionsberechtigt“. Außer ihr wurde keiner anderen Mitarbeiterin gekündigt.

Die gekündigte Helferin wandte ein, das Kündigungsschreiben lasse eine Benachteiligung wegen ihres Alters vermuten. Die Praxisinhaber behaupteten, die Kündigung sei allein wegen des zu erwartenden Entfalls von 70 bis 80 Prozent der abrechenbaren Laborleistungen erfolgt. Überdies sei sie mit den anderen Arzthelferinnen nicht vergleichbar, da sie schlechter qualifiziert sei.

Nachdem die Vorinstanzen die Klage abgewiesen hatten, war die Revision der Helferin vor dem BAG erfolgreich.

Entscheidungsgründe 

Die Kündigung verstößt nach Ansicht der Richter gegen das Benachteiligungsverbot nach § 7 Abs. 1 AGG. Sie sei deshalb unwirksam. Die Erwähnung der „Pensionsberechtigung“ lasse eine Altersdiskriminierung vermuten, die vom Praxisinhaber auch im Laufe des Prozesses nicht widerlegt worden sei.

Eine Kündigung, die eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Lebensalters nach § 22 AGG vermuten lasse, sei auch unwirksam, wenn sie in einem Kleinbetrieb mit weniger als zehn Arbeitnehmern ausgesprochen worden ist.

BEACHTEN SIE | Ob der Klägerin auch ein Entschädigungsanspruch wegen Altersdiskriminierung nach § 15 Abs. 2 AGG zustand, konnte nicht entschieden werden. Insofern wurde die Sache zur neuen Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Kündigungsfrist einhalten 

Berechnet ein Arbeitgeber bei Ausspruch einer Kündigung das Beendigungsdatum falsch, steht dies der Wirksamkeit der Kündigung nicht entgegen, wenn er zusätzlich die übliche Formulierung „vorsorglich zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ benutzt. Anderes kann nur gelten, wenn die Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer nicht zweifelsfrei bestimmbar ist (BAG, Urteil vom 10.4.2014, Az. 2 AZR 647/13).

Nach Auffassung des BAG muss eine Kündigungsfrist nicht ausdrücklich im Kündigungsschreiben angegeben sein, wenn sie für den Arbeitnehmer leicht bestimmbar bzw. berechenbar ist. Dies ist bei Bezugnahme auf die gesetzliche Kündigungsfristenregelung nach § 622 BGB im Arbeitsvertrag der Fall.

Praxishinweis

Arbeitgeber sind gut beraten, auf die Kündigungsfristenregelung nach § 622 Abs. 1 und 2 BGB Bezug zu nehmen, wenn keine besonderen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen zu den Kündigungsfristen vorliegen.

 

Download

  • Um Fehler bei der ordentlichen Kündigung zu vermeiden, finden Sie eine Checkliste als Richtschnur unter www.rwf-online.de im Downloadbereich. Denn bei der ordentlichen Kündigung eines Arbeitnehmers hat der Praxisinhaber als Arbeitgeber unabhängig von der Frage der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes und über die Schriftform hinaus zahlreiche gesetzliche Normen zu beachten. Bei Verstößen hiergegen können eine kostspielige Kündigungsschutzklage und das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses drohen.