Strategisches Controlling in einer Radiologie-Großpraxis (Teil 2)

von Prof. Günter Stephan, ehem. Hochschule für öffentliche Verwaltung des Landes Baden-Württemberg, Kehl, stephan@hs-kehl.de

Das strategische Controlling kennt zahlreiche Instrumente, die auch in einer größeren Arztpraxis sinnvoll eingesetzt werden können. Im ersten Teil dieses Beitrags ( RWF Nr. 08/2020 ) ging es insbesondere um Umfeld-, Markt- und Potenzialanalysen. Nun folgen Portfolio-Methoden, wobei dieser Beitrag die Boston-Matrix und deren Anwendung auf eine Radiologiepraxis fokussiert, sowie das Benchmarking und das strategische Kostenmanagement.

Boston-Matrix im Fokus

Am bekanntesten ist die Boston-Matrix, die die Produkte eines Unternehmens oder einer Praxis auf vier Felder verteilt (4-Felder-Matrix, s. Grafik „4-Felder-Matrix“). Die Achsen bezeichnen das Marktwachstum bzw. den relativen Marktanteil. Alle Leistungen/Produkte der Praxis sollten dann in dieser Matrix positioniert werden. Daraus ergeben sich interessante Hinweise für die weitere Strategie:

  • Question Marks“: Anfangsphase/ Einführung einer Leistung, eine Prognose zur weiteren Entwicklung kann daher noch nicht gestellt werden.
  • Stars“: Die Leistung hat im wachsenden Markt einen hohen Marktanteil – Investitionen lohnen sich.
  • Cash Cows“: Für die Leistung ist keine größere Innovation nötig, gute Erträge bei geringen Investitionen.
  • Dogs“: Die Leistung hat einen geringen Marktanteil, der Markt wächst nicht. Um die Position der Leistung zu halten, müsste investiert werden. Gegebenenfalls ist das Produkt vom Markt zu nehmen.

Für eine Großpraxis kann es bereits hilfreich sein, allein die Daten für eine solche Portfolio-Analyse zusammenzutragen. Dabei beschäftigen sich die Ersteller der Matrix mit jeder einzelnen Leistung, den Strategien und dem Markt. Auf diese Weise können vielleicht Leistungen reduziert oder aufgegeben werden, Star-Leistungen gefördert und Question-Mark-Leistungen ständig beobachtet werden mit der Fragestellung, ob eine Weiterentwicklung angestrebt werden sollte oder nicht.

Anwendung der Boston-Matrix auf eine Radiologiepraxis

Eine beispielhafte Anwendung der Boston-Matrix auf die (mögliche) Situation und die Leistungen einer radiologischen Praxis zeigt die Grafik „Portfolio-Matrix einer Radiologenpraxis“.

Beim konventionellen Röntgen (Dog) steht die Praxis in dem Beispiel vor der Frage, ob man diese Leistung aufgeben kann und will, weil dafür keine Wachstumschancen ersichtlich sind. Bei den CT-Untersuchungen als Cash Cow kann weiterhin von hohen Erlösen ausgegangen werden. Evtl. sollte aber in eine neue CT-Ausstattung investiert werden, um Verbesserungen dieser Technologie an die Patienten weiterzugeben. Beim MRT als Star ist zu empfehlen, dass dieser Status lange gesichert bleibt, weil hohe Deckungsbeiträge bzw. Kostenüberschüsse erzielt werden. Auch hier sollte stets investiert werden. Bei der Schnittfelddiagnostik als Question Mark bzw. neuem Produkt können sowohl Verluste oder geringe Gewinne erzielt werden. Auch hier ist eine geplante Weiterentwicklung mittels neuer Investitionen zu empfehlen.

Dynamische Entwicklung des Praxisportfolios möglich

Portfolios von Unternehmen/Praxen können sich sehr dynamisch entwickeln. Die Positionierung von Produkten/Leistungen kann sich ändern. Ein Star-Produkt könnte im Zeitablauf z. B. eine Cash Cow werden oder sich zum Dog entwickeln.

Merke

Achten Sie bei der Beurteilung des Gesamtportfolios auch in einer radiologischen Arztpraxis darauf, dass möglichst alle Geschäftsfelder vertreten sind. Besonders Stars und Question Marks sollten ausreichend vorhanden sein, um die Zukunft des Unternehmens bzw. der Praxis zu sichern.

 

Benchmarking

Beim Benchmarking geht es um den Vergleich der eigenen Praxis mit anderen Praxen oder auch Dienstleistern, um vom Besten zu lernen und diese Erkenntnisse in der eigenen Praxis umzusetzen. Eine Teildisziplin ist das interne Benchmarking. Dabei geht es um die Entwicklung der Praxis im Zeitablauf. Dazu wird allerdings eine betriebswirtschaftliche Datenbasis benötigt. Wenn z. B. die Erlöse permanent sinken oder die Kosten laufend steigen, dann ist die Ursache zu hinterfragen und zu handeln. Das externe Benchmarking, also der Vergleich mit anderen Praxen, könnte über den Steuerberater realisiert werden. Dieser hat viele Vergleichsdaten von anderen Praxen. Wie entwickeln sich die Kosten/Kostenträger in den Praxen? Hinter hohen Abschreibungen könnte eine neuwertige Praxisausstattung stehen. Bei niedrigen Abschreibungen ist z. B. die Praxisausstattung älter. Hier steht die Praxis dann vor neuen Investitionen und entsprechenden Ausgaben. Auch Abläufe und Zufriedenheitsquoten der Patienten können verglichen werden. Die eigene Statistik sollte auch Zahlen liefern können, wie z. B. die Anzahl neuer Patienten innerhalb eines Jahres bzw. die Zahl der Patienten, die die Praxis verloren hat. Diese Ergebnisse können dann auch mit dem Image der Praxis verglichen werden.

Strategisches Kostenmanagement

Beim strategischen Kostenmanagement geht es um die Anwendung der Prozess- und der Zielkostenrechnung (auch: Targetkostenrechnung). Die Prozesskostenrechung hat zum Ziel, die einzelnen Aktivitäten oder Prozesse in der Arztpraxis, die zu einer Leistung führen (z. B. eine Schulteraufnahme mittels MRT), mit Kosten zu versehen. Diese Kosten wären dann zu vergleichen mit anderen Großpraxen und/oder mit den Vorjahren. Als Voraussetzung ist vorher eine traditionelle Kostenrechnung aufzubauen (s. RWF Nr. 10/2019).

Bei der Targetkostenrechnung als Weiterentwicklung der Prozesskostenrechnung steht die Frage im Vordergrund, was eine med. Leistung kosten darf. Man geht also vom gewünschten Produktpreis aus und rechnet dann rückwärts alle Kostenarten aus, die für diese Leistung zutreffen. Somit erhält man die zulässigen, also die Zielkosten.

Fazit

Beim strategischen Management geht es um die Sicherung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Praxis. Das strategische Controlling unterstützt bei dieser Aufgabe. Es hat viele Instrumente entwickelt, die man je nach Bedürfnis anwenden kann. Viele Informationen liegen in den Praxen bereits vor bzw. können erarbeitet werden. Die Herausforderung besteht in der Zusammenführung und Analyse dieser Informationen für die Unternehmensleitung, damit diese entsprechende Maßnahmen anstoßen kann. Nicht alle Instrumente, die für Unternehmen der Privatwirtschaft entwickelt wurden, sind für eine Großarztpraxis anwendbar. Bei einigen ist eine Anwendung denkbar und möglich. Unterstützung beim Einsatz des strategischen Controllings sollten Sie vom Steuerberater und/oder von betriebswirtschaftlich geschultem Personal erhalten.