Strategien und Maßnahmen zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit in Praxis und Klinik (Teil 2)

von Dr. Bernd May, Geschäftsführer MBM Medical-Unternehmensberatung GmbH, Mainz

In Teil 1 des Beitrags ging es um Maßnahmen zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit in einer radiologischen Praxis, insbesondere im Rahmen der EBM-Systematik. In Teil 2 folgen nun die Optionen in einer Klinik, insbesondere im Rahmen der DRG-Systematik.

Zwei Optionen: Qualität rauf, Kosten runter

Je früher und sicherer die Klinik-Radiologie dazu beiträgt, das Patientenproblem zu bestimmen, desto früher und gezielter kann eine Therapie beginnen. Dies eröffnet die Chance für die Klinik, den Versorgungsprozess innerhalb der DRG-Vergütung rentabel abzurechnen. Ansatzpunkte sind also die Steigerung der Ergebnisqualität der radiologischen Behandlung und/oder die Senkung der Kosten (siehe Rechnung).

Rechnung

Beitrag der Radiologie

zum Versorgungsprozess

=

Ergebnisqualität der radiologischen Behandlung

Kosten der radiologischen Behandlung

 

Krankenhaus-Controlling oft auf Kostenreduktion fokussiert

Gerade in Kliniken hat das kaufmännische Controlling die „teure Radiologie“ im Blick und steuert primär das Kostengeschehen, was nicht immer zielführend sein muss. MRT-Untersuchungen beispielsweise sind grundsätzlich teuer, sodass viele Kliniken bei der MRT-Ausstattung unterbesetzt sind. Dabei hilft die MRT bei gezieltem Einsatz, komplexe Krankheitsbilder früher und sicherer zu bestimmen als mit den anderen diagnostischen Modalitäten (von Ausnahmen abgesehen). Oft wird übersehen, dass die direkten Kosten der Radiologie im Verhältnis zu ihrem Beitrag zur Gesamtsituation zu sehen sind. Eine effiziente Radiologie trägt zur Kürzung der Verweildauer bei und verbessert so die Rentabilität der entsprechenden DRG-Behandlungsfälle.

Merke

Eine isolierte Betrachtung der Radiologie-Kosten einer Klinik ist nicht sinnvoll.

 

Kenngrößen der Radiologie

Die Zeitspanne zwischen dem Ende einer radiologischen Untersuchung und der Verfügbarkeit eines freigegebenen, d. h. signierten Befunds bei der anfordernden Einrichtung ist ein wesentlicher Key Performance Indicator (KPI). Diese „Untersuchung-Befund-Zeitpanne“ kann sich über mehrere Tage hinziehen und variiert erheblich in Abhängigkeit von der anfordernden Klinik (Neurochirurgie, Neurologie, Unfallchirurgie, Orthopädie etc.).

Ein weiterer KPI ist die Zeitspanne zwischen der Anmeldung einer Untersuchung durch eine anfordernde Klinik und dem Beginn der Untersuchung. Diese sogenannte Anforderungszeit kann bei MRT einige Tage betragen (bei zu geringen MRT-Kapazitäten Wochen; einige Unikliniken schicken ihre Patienten in umliegende Praxen!).

Die Gesamt-Zeitspanne zwischen Anmeldung zur Untersuchung und Verfügbarkeit eines freigegebenen Befunds bei der anfordernden Einrichtung ist die Turnaround-Zeit. Sie ist ein ganz wesentlicher KPI für die Wirkung der Klinikradiologie auf die stationären Versorgungsprozesse.

Ein weiterer KPI ist die Patientenwechselzeit an den verschiedenen Modalitäten (Summe aus Messzeit, Rüstzeit und Leerstandszeit). Dabei liegt diese Kenngröße bei der MRT in einer Klinik um den Faktor zwei bis drei höher als in einer Praxis. Der Einwand, dass in der Klinik ausschließlich „schwer kranke“ bzw. „bettlägerige“ Patienten behandelt werden, trifft nicht zu, denn die deutschen Kliniken behandeln zu etwa 70 Prozent Patienten der Grund- und Regelversorgung. Dies gilt auch für Unikliniken. Im Durchschnitt sind die Patienten, die in einer Uniklinik eine MRT durchlaufen, zu 60 Prozent gehfähig.

Ansätze zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit

Auf Basis der relevanten KPI stellt sich die Frage, wie die Wirtschaftlichkeit konkret gesteigert werden kann.

Röntgenuntersuchungen reduzieren

Mit Blick auf die Ergebnisqualität ist festzuhalten, dass sich in der CT und der MRT Brüche (z. B. Stressfrakturen) sicherer darstellen lassen als mit dem konventionellen Röntgen. Dennoch beträgt der Anteil der Anforderungstermine in der Radiologie in Kliniken zwischen 40 und 70 Prozent. Hinzu kommt, dass Röntgen-Untersuchungen das meiste Personal binden (Ärztinnen und Ärzte sowie MTRA). Mit einfachen Prüfungen ließe sich der Anteil des konventionellen Röntgens in den Kliniken ohne Weiteres um 30 Prozent senken. Das sind in einer maximalversorgenden Klinik mit 1.000 Betten etwa 10.000 bis 15.000 Röntgentermine pro Jahr!

Fachärzte an die Modalitäten

Die Funktion als Problemlöser nimmt die Radiologie am besten wahr, wenn prozessnah an der Modalität und am Patienten gearbeitet wird. Weiterbildungsassistenten (WBA) am MRT einzusetzen, ist nicht sinnvoll: Ein WBA verfügt nicht über die Erfahrungen und Kenntnisse zur Beurteilung eines MRT-Einsatzes bei einem komplexen Krankheitsbild. Er ist kaum in der Lage, geeignete Sequenzen zu bestimmen, die von üblichen Standards abweichen. Zudem wird ein WBA i. d. R. die Ergebnisqualität nicht ausreichend beurteilen können. Wenn er dann einen Befund erstellt, der später mit den von den MTRA erstellten Bildern einem Facharzt zur Freigabe übergeben wird, kann der Facharzt lediglich prüfen, ob der Befund mit den Bildern übereinstimmt, nicht jedoch, ob die Untersuchung überhaupt das Patientenproblem zu bestimmen hilft. Erst ein freigegebener Befund ist der anfordernden Klinik eine Hilfe. WBA am MRT-/CT-Gerät verlängern i. d. R. die Untersuchung-Befund-Zeitpanne und beeinträchtigen diesen KPI der Radiologie.

Die Problematik der Prozessorganisation in Kliniken lässt sich elegant lösen, indem Fachärzte die Prozesse an den wesentlichen Modalitäten steuern. Dies gilt für MRT und CT, teilweise auch für Röntgen und kann die „Ausschließeritis“ verhindern. Durch prozessnah arbeitende Fachärzte lassen sich in Universitätskliniken zudem die Patientenwechselzeiten deutlich reduzieren, besonders aber die Turnaround-Zeiten. So kann beispielsweise ein Facharzt, der am MRT eine Untersuchungsanforderung überprüft und Zweifel hat, ein kurzes Gespräch mit dem Patienten führen und eine von der Anforderung abweichende andere Untersuchung durchführen, die seiner Kenntnis nach das Patientenproblem zu bestimmen hilft. Das entspricht dem Klinikauftrag einer effizienten Unterstützung der Klinikprozesse!

Fördertatbestände des KHZG und Wirkung auf die Wirtschaftlichkeit

Das Krankenhauszukunftsgesetz für die Digitalisierung von Krankenhäusern (KHZG) hat mit dem Fördertatbestand 4 dem Problem Rechnung getragen, dass Mitarbeiter anfordernder Einrichtungen oftmals nicht über das ausreichende Wissen zur Bestimmung des relevanten Patientenproblems verfügen und/oder durch unsystematische und heuristische Untersuchungen dieses verfehlen. Gefördert wird deshalb eine Wissensdatenbank, die das indikationenbezogene „Weltwissen“ vorhält und dem anfordernden Kliniker vor einer radiologischen Untersuchung als Wissens- und Entscheidungsdatenbank dient. Radiologische „Blindleistungen“ sollen vermieden werden.

Fördertatbestand 6 fördert die digitale Anforderung an die Radiologie mit Zurverfügungstellung des klinischen Kontextes. So kann ein routinierter Radiologe die Untersuchung gezielter durchführen.

Der Fördertatbestand 2 belohnt die Einrichtung eines Patientenportals, über das Patienten bzw. ambulante oder andere stationäre Einrichtungen Voruntersuchungen hochladen können. Dieses Portal beschleunigt/vereinfacht die Kommunikation mit den Patienten und zuweisenden sowie weiterbehandelnden Einrichtungen.

Der Fördertatbestand 7 zielt auf die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Kliniken (auch ambulanten Einrichtungen) desselben Trägers oder auch verschiedener Träger. Es geht z. B. um eine effizientere Nutzung des Expertenwissens in den verschiedenen Klinikeinrichtungen. Insofern kann dieser Fördertatbestand 7 genutzt werden, um z. B. die aus kleineren Kliniken bestehende Klinikgruppe eines bestimmten Trägers zu einem virtuellen Maximalversorger (oder Schwerpunktversorger) zu verbinden, sodass Doppelvorhaltungen vermieden und Versorgungsschwerpunkte an bestimmten Standorten gebildet werden.

Fazit

Die Kosten einer klinisch verankerten Radiologie müssen im Zusammenhang mit der Effizienzverbesserung der gesamten klinischen Versorgung durch die Radiologie gesehen werden. Dann lässt sich mit den beschriebenen Maßnahmen die Effizienz der Radiologie wesentlich steigern (Bedeutung des Zählers der Rechnung). Diese Überlegungen hat das KHZG mit den Fördertatbeständen 2, 4, 6 und 7 für die Radiologie bedacht. Bei der internen Prozessorganisation ist der geräte- und patientennahe Einsatz von routinierten Radiologen für eine Effizienzsteigerung und Kostensenkung von Bedeutung. Die Ausbildung von WBA lässt sich auf andere Weise effizienter organisieren als durch einen prozess- und patientennahen Einsatz.