Strahlentherapie ist für Radiologen fachfremd

von RA FA MedR Dr. Tobias Eickmann, Kanzlei am Ärztehaus, Frehse Mack Vogelsang, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat einem Radiologen in einem Beschluss vom 23. Februar 2011 (Az: S 14 KA 232/09) verwehrt, Leistungen nach den EBM-Nrn. 25310 (Weichstrahl- oder Orthovolttherapie) und 25340 (Bestrahlungs­planung für die perkutane Bestrahlung ohne Rechnerunterstützung und inpiduelle Dosisplanung) abzurechnen. Diese Leistungen seien für das Fachgebiet, für das der Radiologe zugelassen sei, fachfremd. 

Der Fall

Ein niedergelassener Facharzt für Diagnostische Radiologie beantragte Anfang 2009 die Erteilung einer Genehmigung zur Durchführung strahlentherapeutischer Leistungen nach den Nrn. 25310 und 25340 EBM. Dies lehnte die Kassenärztliche Vereinigung (KV) ab, weil die strahlentherapeutischen Leistungen für den Arzt wegen fehlender Fachzugehörigkeit nicht abrechenbar seien. 

Der Arzt hielt entgegen, dass die Voraussetzungen nach der Strahlentherapievereinbarung gegeben seien und somit die Abrechnungsgenehmigung zu erteilen sei; hilfsweise sei er zum Kolloquium nach § 17 Abs. 2 der Strahlentherapievereinbarung zuzulassen. 

Stichwort: Strahlentherapievereinbarung

Nach § 135 Abs. 2 Satz 1 SGB V können die Partner der Bundesmantel­verträge für (zahn-)ärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse oder Erfahrungen (Fachkundenachweis) sowie einer besonderen Praxisausstattung etc. bedürfen, einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Nach der Strahlentherapievereinbarung ist die Ausführung und Abrechnung von Leistungen der diagnostischen Radiologie, der Strahlentherapie und der Nuklearmedizin im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erst nach Erteilung der Genehmigung durch die KV zulässig. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn der Arzt seine fachliche Befähigung nachweist und die notwendige apparative Ausstattung vorhält. 

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht entschied zulasten des Radiologen. Denn selbst wenn der Radiologe die fachliche Befähigung für die streitigen Leistungen besäße, könne er die Genehmigung nicht beanspruchen, weil die betreffenden Leistungen für ihn fachfremd seien. Die Einhaltung der Fachgebietsgrenzen sei eine allgemeine Genehmigungsvoraussetzung, die die in der Strahlentherapievereinbarung niedergelegten Anforderungen ergänze. 

Die Verpflichtung zur Beschränkung auf das Fachgebiet folge rechtlich aus den Regelungen des jeweiligen Heilberufe- und Kammergesetzes und der aufgrund dessen erlassenen Weiterbildungsordnungen (WBO) der Ärztekammern. Für die Beurteilung, ob eine Leistung fachfremd ist, sei daher auf die jeweilige WBO abzustellen. Nach der hier maßgeblichen WBO der Ärztekammer Nordrhein ergebe sich – wie auch die Ärztekammer bestätigte – die Fachfremdheit strahlentherapeutischer Leistungen für Radiologen. Es handele sich nämlich um ein methodenbezogenes Fachgebiet, sodass allein die Anwendung der (strahlentherapeutischen) Untersuchungsmethode die Fachgebietsgrenze definiere. 

Aufweichung der Fachgebietsgrenzen in der Privatmedizin

Die Entscheidung des SG Düsseldorf ist im Zusammenhang mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 1. Februar 2011 zu sehen (Az: 1 BvR 2383/10). Danach ist es Fachärzten berufsrechtlich gestattet, in geringem Umfang fachfremde Leistungen zu erbringen. In der gesetzlichen Krankenversicherung sind dem durch die gesonderten (Qualitäts-)Vereinbarungen indes weiterhin Grenzen gesetzt, wie der vorliegende Beschluss zeigt. In gleicher Weise hatte das BVerfG auch festgestellt, dass ein Kardiologe keinen Anspruch auf Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung kernspintomographischer Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung hat (Beschluss des BVerfG vom 8. Juli 2010, Az: 2 BvR 520/07). 

Festzustellen bleibt daher, dass die Aufweichung der Fachgebietsgrenzen im privatärztlichen Sektor bislang nicht auf den vertragsärztlichen Sektor übertragen werden kann. Diesbezüglich darf die weitere Entwicklung, unter anderem auch die Entscheidung des angerufenen Landessozialgerichts, mit Spannung erwartet werden.