Sektorenübergreifende Kooperation – gilt die GOÄ?

von Rechtsanwalt Dr. Tobias Eickmann, Kanzlei am Ärztehaus, Frehse Mack Vogelsang, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

Die Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung wurde vom Gesetzgeber in den letzten Jahren gezielt gefördert, so zum Beispiel durch die Einführung von MVZ oder die Schaffung der Möglichkeit einer gleichzeitigen ärztlichen Tätigkeit im stationären und ambulanten Bereich. Bei der sektorenübergreifenden Kooperation zwischen niedergelassenen Vertragsärzten und Krankenhäusern bestehen jedoch viele rechtliche Probleme, die immer häufiger zu gerichtlichen Auseinandersetzungen führen. So hatte das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken jüngst darüber zu entscheiden, ob bei einer Kooperation zwischen einer radiologischen Gemeinschaftspraxis und einem Krankenhaus auch bei der Behandlung von Kassenpatienten zwingend die GOÄ anzuwenden ist. Sie ist es nicht – so lautet das Urteil vom 10. März 2009 (Az: 5 U 15/08). 

Der Fall

Eine radiologische Gemeinschaftspraxis hatte mit einem Krankenhaus eine mündliche Rahmenvereinbarung über die Erbringung von radiologischen Leistungen nach dem Abschnitt O der GOÄ. Unter anderem sollte die Praxis die Leistungen bei stationären Kassenpatienten erbringen, wobei die ärztlichen Leistungen auf Basis der GOÄ abgerechnet werden sollten. Die Gemeinschaftspraxis stellte dem Krankenhaus für 561 Behandlungen bei GKV-Patienten jeweils den 1,2-fachen Steigerungssatz der GOÄ in Rechnung. Das Krankenhaus vergütete nur den 0,75-fachen Steigerungssatz, weil mit dem zwischenzeitlich ausgeschiedenen Altpartner der Praxis mündlich eine entsprechende Vereinbarung getroffen worden war. 

Die verbliebenen Partner klagten den Differenzbetrag in Höhe von etwa 75.000 Euro ein. Nach ihrer Auffassung ist die Vereinbarung schon deshalb unwirksam, weil die Schriftform des § 2 Abs. 3 GOÄ nicht eingehalten sei. Das Krankenhaus hält entgegen, dass die GOÄ nur im Verhältnis Arzt-Patient, nicht aber im Verhältnis Arzt-Krankenhaus zwingend anzuwenden sei. Der mündlich verhandelte 0,75-fache Steigerungssatz sei daher gültig. 

Entscheidungsgründe

Das OLG Zweibrücken hat einen weitergehenden Vergütungsanspruch der Gemeinschaftspraxis abgelehnt. Die Regelungen der GOÄ passten ihrer Zielrichtung nach nicht auf das vorliegende Vertragsverhältnis. In der GOÄ seien ersichtlich die Interessen der selbstzahlenden Patienten berücksichtigt. Dagegen sei nicht erkennbar, dass der Verordnungsgeber Vertragsgestaltungen wie die vorliegende bedacht und den dabei auftretenden Interessenlagen ausreichend Rechnung getragen habe. Auch bedürfe es für das Verhältnis zwischen niedergelassenem Arzt und Krankenhaus keiner besonderen Warn- und Schutzfunktion wie für den Patienten, sodass das Schriftformerfordernis des § 2 Abs. 3 GOÄ nicht greife. 

Die Gemeinschaftspraxis hat Revision gegen das Urteil eingelegt. Nun bleibt abzuwarten, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in der Sache entscheiden wird (Az: III ZR 110/09). 

Anmerkungen

Die Entscheidung verdeutlicht einmal mehr, dass mündliche Vereinbarungen das Risiko bergen, später rechtlich angegriffen zu werden. Im Sinne aller Beteiligten empfiehlt sich daher immer, für Kooperationen eine rechtssichere und schriftliche Gestaltung zu wählen. 

Das OLG-Urteil betrifft zudem die seit jeher umstrittene Frage, ob die GOÄ auch in Verträgen zwischen niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern anzuwenden ist. Um dieser Streitfrage auszuweichen wurde häufig die Anwendung eines festen GOÄ-Satzes bei der Behandlung von GKV-Patienten als Vergütung niedergelegt. Sollte die Entscheidung des OLG Bestand haben, wird zukünftig im Rahmen sektorenübergreifender Kooperationen mit intensiveren Verhandlungen über die Vergütung ärztlicher Leistungen bei GKV-Versicherten zu rechnen sein. Bis auf Weiteres empfiehlt sich, den sicheren Weg zu beschreiten und eine Abrechnung auf Basis der GOÄ schriftlich zu vereinbaren; anders lautende Verträge sollten entsprechend angepasst werden. Über den weiteren Fortgang werden wir berichten.