Schwerpunkte in der Betriebsprüfung von radiologischen Praxen

von StB Dipl.-FW (FH) Christoph Gasten, LL.M.

Das Finanzamt prüft radiologische Praxen bei steuerlichen Betriebsprüfungen seit einigen Jahren intensiver als zuvor. Die Praxen sollten deshalb vor allem eine sogenannte gewerbliche Infizierung vermeiden und ihre Einnahmen solide dokumentieren, um Steuernachzahlungen zu vermeiden.

Wandel bei der steuerlichen Betriebsprüfung von Arztpraxen

Lange waren die Betriebsprüfer der Meinung, Ärzte bedürften keiner intensiven Prüfung, da dort keine größere Mehrergebnisse zu erwarten seien. Dies hat sich jedoch in den letzten Jahren stark geändert. Spätestens seitdem der Bundesrechnungshof 2013 feststellte, dass „steuerpflichtige Leistungen von Ärzten nur unzureichend erfasst würden“, misst die Finanzverwaltung der Betriebsprüfung von Arztpraxen größere Bedeutung zu.

Einige Bundesländer bilden inzwischen Schwerpunktprüfer aus, die sich auf die Betriebsprüfung von Heilberuflern spezialisieren. Diese verstehen die Abrechnung sowie die Zusammenhänge im Gesundheitswesen. Sie sollen die Risiken vor dem Hintergrund der damit zusammenhängenden medizinrechtlichen Sichtweisen steuerlich würdigen.

Gewerblichkeit der Praxis

Das finanziell größte Risiko in einer radiologischen Gemeinschaftspraxis besteht in einer Feststellung der Gewerbesteuerpflicht. Die Folgen können im Einzelfall erheblich sein. Nach der Anrechnung der Einkommensteuer müssen dabei je nach Hebesatz der Gemeinde ca. 2,5 bis 3,0 Prozent des Praxisgewinns als „Mehrbelastung“ gezahlt werden. Im Extremfall kann sich die Definitivbelastung auf 17 Prozent erhöhen. Außerdem kann die Praxis zu einer Bilanzierung aufgefordert werden. Hierdurch müssen die offenen Forderungen auf einen Schlag versteuert werden. Aus diesem Grund sollte eine gewerbliche Infizierung möglichst vermieden werden.

Beispiel

Eine Gemeinschaftspraxis in Köln (Hebesatz 475 %) hat einen Jahresgewinn von 1.000.000 Euro und offene Forderungen zum Jahresende von 400.000 Euro.

In diesem Fall betrüge die bei einer Betriebsprüfung über 3 Jahre festgestellte Mehrbelastung:

  • Gewerbesteuer nach Anrechnung: 3 x 2,6 % x 1.000.000 Euro = 78.000 Euro
  • Steuer auf den Übergangsgewinn = 200.000 Euro
  • In Summe beträgt die steuerliche Mehrbelastung also rund 278.000 Euro.

 

Hinzu kommen noch eine IHK-Beitragspflicht durch die festgestellte Gewerblichkeit und gegebenenfalls sonstige Folgen wie längere Abschreibungen auf Praxiswerte.

Originär gewerbliche Tätigkeit

Übt eine Gemeinschaftspraxis eine originär gewerbliche Tätigkeit aus (z. B. durch Personalgestellungen, MRT-Verleih etc.), führt dies zur gewerblichen Infizierung aller Einkünfte. Die Einkünfte werden aber dann nicht gewerblich, wenn die Einnahmen (nicht der Gewinn) weniger als 3 Prozent der Gesamtumsätze der Praxis und weniger als 24.500 Euro pro Jahr betragen.Im Rahmen der Gestaltung sollte immer eine beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaft gegründet werden, die die gewerblichen Tätigkeiten übernimmt.

Mehrere Standorte einer Praxis

Gerade größere Praxen gehen dazu über, mehrere Standorte zu eröffnen. Hier ergibt sich häufig ein gewerbesteuerliches Problem durch angestellte Ärzte, die aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig werden. Die Inha-ber müssen dann durch „geeignete Maßnahmen“ sicherstellen, dass sie die Angestellten überwachen.

Beispiel

Eine radiologische Praxis eröffnet einen neuen Standort. Ein angestellter Arzt soll den Standort eigenständig leiten. Doch die Überwachung des Angestellten zur Sicherstellung der „leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit“ kann nicht sichergestellt werden und der vollständige Praxisgewinn würde gewerblich infiziert.

 

Gestaltungstipp

Soll ein neuer Standort gegründet werden, muss sichergestellt sein, dass dort auch Gesellschafter tätig sind, die die angestellten Ärzte überwachen. Diese Überwachung kann durch Telemedizin sichergestellt werden – Voraussetzung ist jedoch, dass die Überwachung tatsächlich durchgeführt wird. Dies sollte dokumentiert werden.

Eine andere Lösung bestünde darin, den Standort von einem Minderheitsgesellschafter („Nullbeteiligung“) führen zu lassen. Dieser Gesellschafter wäre dann kein Angestellter und müsste nicht überwacht werden.

 

Fachfremde, angestellte Ärzte

Damit angestellte Ärzte „aufgrund eigener Fachkenntnisse“ überwacht werden können, ist es notwendig, dass mindestens einer der Gesellschafter die entsprechende fachliche Qualifikation hat, um diese überwachen zu können. Für eine radiologische Gemeinschaftspraxis bedeutet daher die Anstellung eines Nuklearmediziners ein Steuerrisiko, falls kein Gesellschafter ebenfalls diese Qualifikation aufweist.

Betriebsprüfer fordern in diesem Zusammenhang häufig die Anstellungsverträge der angestellten Ärzte an, um deren fachliche Qualifikation zu überprüfen. Bei allen angestellten Ärzten sollten die Praxisinhaber daher immer deren Qualifikation mit den eigenen Qualifikationen abgleichen. So stellen sie sicher, dass sie rein fachlich in der Lage sind, die Tätigkeit des angestellten Arztes zu überwachen.

Vollständigkeit der Einnahmen

Für die Arztpraxen ist bei einer steuerlichen Betriebsführung neben der möglichen gewerblichen Infizierung auch die Überprüfung der Vollständigkeit der Einnahmen wichtig. So gehen Betriebsprüfer insbesondere in den Bundesländern Berlin und Niedersachsen immer mehr dazu über, diese Vollständigkeit zu untersuchen. Eine Radiologie-Praxis sollte daher geeignete Maßnahmen treffen, um gegenüber der Finanzverwaltung die Vollständigkeit der (versteuerten) Einnahmen dokumentieren zu können. Gelingt dies nicht, drohen empfindliche Hinzuschätzungen von Einnahmen, die in einer Steuernachzahlung münden können.

Privaterlöse im Fokus

Da radiologische Praxen im Regelfall keine oder nur sehr unbedeutende Privaterlöse haben, entfällt normalerweise die Beschäftigung mit einem ordnungsgemäß geführten „Kassenbuch“. Dennoch werden auch die sonstigen Einnahmen, im Wesentlichen Privaterlöse, auf Vollständigkeit geprüft. Hierzu hat der Betriebsprüfer das Recht, sich – anonymisierte – Rechnungen und deren Verbuchung zeigen zu lassen.

Anforderungen an Praxissoftware

Radiologen sollten mit den Anbietern ihrer Praxissoftware abklären, ob die Software in der Lage ist, anonymisierte Patientendaten für bestimmte Zeiträume auszuspielen. Die Praxissoftware sollte zudem dem Betriebsprüfer einen teilweise technischen Zugriff gewähren können, damit dieser – anonymisierte – Rechnungen und Zahlungseingänge überprüfen kann. Darüber hinaus sollte die Praxissoftware sicherstellen, dass Rechnungen nicht ohne Dokumentation storniert oder korrigiert werden können.

Gestaltungstipp

Gerade bei größeren Praxen empfiehlt sich die Einführung einer sogenannten Verfahrensdokumentation (siehe dazu RWF Nr. 3/2018). Diese wird von der Finanzverwaltung gefordert und entwickelt sich immer mehr zu einem Schwerpunkt in Betriebsprüfungen. In dieser Dokumentation werden detailliert bestimmte Verfahrensprozesse und Abläufe niedergelegt. Diese Dokumentation kann dem Prüfer dann vorgelegt werden und vermeidet so Streitigkeiten. Im Rahmen der Erstellung der Verfahrensdokumentation sollten auch die wesentlichen Möglichkeiten der Praxis-EDV überprüft werden.

Die Einführung eines Qualitätsmanagement-Systems entbindet nicht von der Verpflichtung einer Verfahrensdokumentation.

 

Fazit

Radiologen sollten sich intensiv mit ihrem Steuerberater über steuerliche Risiken in ihrer Praxis austauschen. Dieser Beitrag beleuchtet nur einige ausgewählte Themen. Gewerblichkeit und Vollständigkeit der Einnahmen sind mittlerweile in Betriebsprüfungen allgegenwärtig. Zu diesem Zweck sollte Vorsorge durch rechtssichere Gestaltung getroffen werden, damit keine (großen) Nachzahlungen drohen.

Weiterführender Hinweis