Rechtsprobleme bei Kooperationen von niedergelassenen Radiologen mit Kliniken (Teil II)

von RA, FA für ArbeitsR und MedR Dr. Tilman Clausen, armedis Rechtsanwälte, Hannover, armedis.de

Bei Kooperationen zwischen Radiologen und Kliniken bestehen vielfältige Risiken. In der Serie zu den damit verbundenen Rechtsproblemen beschäftigen wir uns in diesem Beitrag mit der Abrechnung wahlärztlicher Leistungen von Radiologen, die in angemieteten Räumen der Klinik mit eigenen radiologischen Großgeräten tätig sind.

Grenzsetzung durch den BGH?

Radiologen können in dieser Konstellation auf Veranlassung der Wahlärzte der internen Wahlarztkette grundsätzlich wahlärztliche Leistungen abrechnen. Im Einzelnen ist jedoch zu differenzieren. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Auffassung vertreten, dass sich eine Wahlleistungsvereinbarung nach dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) auch auf die Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses erstreckt, soweit diese Leistungen im Rahmen der Behandlung des Patienten von angestellten oder beamteten Krankenhausärzten mit eigenem Liquidationsrecht veranlasst werden (Urteil vom 16.10.2014, Az. III ZR 85/14).

Diese Auffassung des BGH würde – wörtlich genommen – bedeuten, dass überall dort, wo der Krankenhausträger das Liquidationsrecht bei wahlärztlichen Leistungen selbst ausübt (was inzwischen die Regel ist), die Leistungen der externen Wahlarztkette nicht veranlasst werden können. Die Folge: Eine Abrechnung wahlärztlicher Leistungen durch niedergelassene Radiologen wäre nicht möglich, da die Radiologen zwar faktisch auf dem Krankenhausgelände tätig werden, sich aber juristisch außerhalb des Krankenhausgeländes befinden. Der BGH hat sich in der Entscheidung vom 16.10.2014 primär mit der Abrechnung wahlärztlicher Leistungen durch sogenannte Honorarärzte beschäftigt und die Konsequenzen seiner Ausführungen für Radiologen evtl. nicht bedacht. Genau wissen wird man dies erst, wenn sich Kostenträger auf diese BGH-Ausführungen berufen sollten.

Wahlärztliche Leistungen als Hauptbehandlungsleistungen

Insbesondere bei der Durchführung interventioneller Eingriffe vonseiten der niedergelassenen Radiologen ist durchaus denkbar, dass es sich um Hauptbehandlungsleistungen handeln könnte. Darunter sind Leistungen zu verstehen, die den eigentlichen Grund der stationären Aufnahme des Patienten ausmachen. Wenn die Radiologen mit eigenen Großgeräten in angemieteten Räumlichkeiten der Klinik den interventionellen Eingriff durchführen, stellt sich die Frage, ob hierfür wahlärztliche Leistungen abgerechnet werden können. In dieser Konstellation wäre der Radiologe nicht im Krankenhaus angestellt und die Leistungserbringung erfolgte somit freiberuflich.

Bei der Beurteilung sind zwei Entscheidungen des BGH zu beachten. Neben dem bereits erwähnten Urteil vom 16.10.2014 spielt ein weiteres Urteil vom 10.01.2019 (Az. III ZR 325/17) eine Rolle. Bei der Entscheidung aus 2014 ging es um einen freiberuflich tätigen Arzt, der im Krankenhaus die operativen Hauptleistungen erbracht hat, ohne dort angestellt und ohne Teil der Wahlarztkette zu sein. Der BGH hat dies als nicht zulässig angesehen. In der Entscheidung aus 2019 ging es um einen Wahlarzt, der im Krankenhaus nicht angestellt war, sondern seine Praxis im juristischen Sinne außerhalb des Krankenhauses betrieben hat. Dieser Arzt wurde jedoch in die Wahlarztkette aufgenommen und hat die operativen Hauptleistungen juristisch innerhalb des Krankenhauses erbracht. Auch dies hat der BGH als nicht zulässig angesehen.

Beide Fälle betreffen somit keine Konstellation, in der die Radiologen die interventionellen Eingriffe in ihren eigenen Praxisräumen erbringen. Gleichwohl sprechen gute Gründe dafür, dass der BGH diese Konstellation nicht anders entscheiden würde. Dies würde bedeuten, dass niedergelassene Radiologen, die Hauptbehandlungsleistungen in ihren eigenen Praxisräumen erbringen und nicht im Krankenhaus angestellt sind, diese Leistungen nicht als ärztliche Wahlleistungen abrechnen könnten.

Der BGH hat in beiden vorstehend genannten Entscheidungen wahlärztliche Leistungen ausdrücklich definiert. Danach entscheidet sich der Patient für wahlärztliche Leistungen, wenn er in Sorge um seine Gesundheit die Leistungen eines besonders qualifizierten Arztes – des Wahlarztes – gegen Entrichtung eines zusätzlichen Entgelts neben den allgemeinen Krankenhausleistungen hinzukauft. Mit diesen besonders qualifizierten Ärzten sind Ärzte der internen Wahlarztkette gemeint, die in der Wahlleistungsvereinbarung namentlich benannt werden.

Zwar könnte man auch niedergelassene Radiologen in diese Liste aufnehmen. Dies allein würde aber wohl nicht ausreichen. Wahlärztliche Leistungen können nach Meinung des BGH nur von Ärzten erbracht werden, die einen besonderen ärztlichen Standard bieten, der mit Chefarztstandard umschrieben wurde. Für allgemeine Krankenhausleistungen schuldet der Krankenhausträger hingegen nur den Facharztstandard. Den Chefarztstandard garantiert der Krankenhausträger nach Meinung des BGH durch die Anstellung besonders qualifizierter Ärzte, für die sich der Patient im Rahmen der Wahlleistungsvereinbarung entscheiden kann. Niedergelassene Radiologen bieten in ihrer Gesamtheit auch zunächst einmal nicht mehr als Facharztstandard, der für die Abrechnung wahlärztlicher Hauptbehandlungsleistungen nicht ausreicht.

Praxistipp

Niedergelassene Radiologen sollten sich somit anstellen lassen, wenn sie Hauptbehandlungsleistungen als ärztliche Wahlleistungen abrechnen wollen.

 

Wahlärztliche Leistungen als Nebenbehandlungsleistungen

Als radiologische Nebenleistungen werden solche Leistungen verstanden, die bei Hauptbehandlungsleistungen unterstützenden Charakter haben. Sie gehören zunächst zu den allgemeinen Krankenhausleistungen, d. h., der Krankenhausträger kann sie als Leistungen Dritter nach dem KHEntgG abrechnen. Die Radiologen und der Krankenhausträger müssen sich über die Vergütung für derartige Leistungen verständigen.

Es stellt sich die Frage, ob die Radiologen zumindest im Bereich dieser Nebenleistungen ärztliche Wahlleistungen abrechnen können. In einer Entscheidung des LG Stade wurde dazu die Auffassung vertreten, dass auch hier keine wahlärztlichen Leistungen abrechenbar seien, weil „immer dieselben Radiologen“ zum Zuge kommen würden (Urteil vom 20.05.2016, Az. 4 S 45/14). Das LG Stade übersieht dabei den Unterschied zwischen Leistungen der internen und externen Wahlarztkette. Der Patient, der eine Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen unterschreibt, will sich damit die Dienste der internen Wahlarztkette, insbesondere des Hauptbehandlers einkaufen. Die Leistungen der externen Wahlarztkette sind dagegen Nebenleistungen, die von Fall zu Fall entscheiden. Die Behandler der externen Wahlarztkette sollten deshalb auch nicht in der Wahlleistungsvereinbarung auftauchen. Somit gelten hier andere Maßstäbe.

Fazit

Wahlärztliche Leistungen der niedergelassenen Radiologen, die nur ergänzenden Charakter haben, sind ohne Weiteres abrechenbar, wenn sie von Wahlärzten der internen Wahlarztkette veranlasst werden, denen sich der Patient im Vertrauen auf ihre besondere Qualifikation und Expertise durch Abschluss einer Vereinbarung über ärztliche Wahlleistungen anvertraut.

 

Weiterführender Hinweis