Radiologe klagt erfolgreich gegen Altersgrenzenregelung im Arbeitsvertrag

von RA, FA für MedizinR und Wirtschaftsmediator Dr. Tobias Scholl-Eickmann und RA Benedikt Büchling, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen bestimmte Anforderungen an die Schriftform eines Arbeitsvertrags erfüllen, wenn es um ein befristetes Arbeitsverhältnis geht. Dazu gehört der Zugang der unterzeichneten Befristungsregelung beim Arbeitnehmer – im vorliegenden Fall ein Radiologe – vor Vertragsbeginn. Diese Schriftform ist nicht schon dann gewahrt, wenn eine einheitliche Vertragsurkunde von beiden Parteien vor Vertragsbeginn unterzeichnet worden ist (Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil vom 25.10.2017, Az. 7 AZR 632/15).

Sachverhalt

Der klagende Radiologe verkaufte seine radiologische Arztpraxis an ein MVZ und ließ sich von diesem anstellen. Nach Erreichen der Regelaltersgrenze wollte er gerne weiter tätig bleiben, doch das MVZ verwies darauf, dass das Arbeitsverhältnis nur bis zu diesem Zeitpunkt befristet gewesen sei. Gegen die Befristung richtete sich die Klage des Radiologen.

Zur Vertragsabwicklung über die Veräußerung der radiologischen Praxis suchte der MVZ-Geschäftsführer den Radiologen zu Hause auf und legte diesem dabei auch einen Arbeitsvertrag vor, der u. a. folgende Regelungen enthielt:

„Das Anstellungsverhältnis beginnt mit Erfüllung aller in § 1 genannten aufschiebenden Bedingungen und läuft auf unbestimmte Zeit. (…) Ohne dass es einer Kündigung bedarf, endet das Arbeitsverhältnis mit dem Tod des Arbeitnehmers oder spätestens mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer das Regelaltersrentenalter erreicht.“

Der Radiologe unterzeichnete den Arbeitsvertrag. Der Geschäftsführer unterschrieb diesen Arbeitsvertrag einen Tag später. Ungeklärt blieb, ob dem Radiologen ein von beiden Parteien unterzeichnetes Arbeitsvertragsexemplar ausgehändigt wurde. Der Radiologe ist u. a. der Ansicht, dass die Altersgrenze nicht Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden sei. Er wollte feststellen lassen, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristungsvereinbarung mit Erreichen der Regelaltersgrenze am 31.08.2014 geendet hat, sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht. Der Begriff „Regelaltersrentenalter“ sei nicht eindeutig. Zudem habe eine Befristungsregelung nach dem Willen beider Parteien nicht getroffen werden sollen, so der Radiologe.

Entscheidungsgründe

Das BAG entschied zugunsten des Radiologen und stellte fest, dass die arbeitsvertragliche Altersgrenzenregelung nicht das für die Befristung erforderliche Schriftformerfordernis nach § 14 Abs. 4 TzBfG wahre. Entscheidend sei dabei, ob dem Radiologen ein durch den Geschäftsführer des MVZ unterzeichnetes Arbeitsvertragsexemplar zugegangen sei. Ist dies nicht der Fall, sei die Befristungsvereinbarung unwirksam mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit fortbestehe. Das BAG stellte zudem klar, dass mit dem Begriff „Regelaltersrentenalter“ unzweifelhaft das Alter gemeint sei, bei dessen Erreichen eine Regelaltersrente bezogen werden kann. Es sei davon auszugehen, dass die Altersgrenze auf die Möglichkeit des Bezugs einer Regelaltersrente der Nordrheinischen Ärzteversorgung abstellt.

Fazit

Praxistipp

Individualvertragliche Altersgrenzenregelungen sind von der Festlegung der Höchstaltersgrenzen für die Tätigkeit als Vertragsarzt zu unterscheiden. Im Gegensatz zu der Festlegung der Höchstaltersgrenze für die Tätigkeit als Vertragsarzt wird dem Radiologen durch Befristung des Arbeitsverhältnisses nicht die Möglichkeit genommen, danach als Arzt selbstständig oder angestellt zu praktizieren.