Probleme bei der Eingruppierung der radiologischen Oberärzte

von RA Dr. Tobias Eickmann, Kanzlei am Ärztehaus, Frehse Mack Vogelsang, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

Während der neue Tarifabschluss zwischen dem Marburger Bund und der Tarifgemeinschaft der Länder erfolgt ist, bahnen sich die Streitigkeiten aufgrund des vorigen Tarifvertrags den Weg durch die Instanzen. Dabei geht es vielfach um die Eingruppierung nicht nur von radiologischen Oberärzten. Der folgende Beitrag zeigt auf, wie sich ein Kinderradiologe erfolgreich wehrte.

Hintergrund der Klagewelle

Hintergrund der Klagewelle ist eine unglückliche Formulierung der Eingruppierungsvoraussetzungen: Der TV-Ärzte verlangt für eine Eingruppierung als Oberarzt, dass dem Arzt die medizinische Verantwortung für einen selbstständigen Teil- oder Funktionsbereich der Klinik bzw. eine Abteilung vom Arbeitgeber übertragen wurde.

In der rechtlichen Auslegung ist jedes dieser Merkmale umstritten. Viele Kliniken haben dies in ihrem Sinn genutzt und durch eine restriktive Anwendung Ärzte in die Klage getrieben. So musste auch ein Facharzt für Radiologie und Kinderheilkunde, dem die eigenverantwortliche Leitung der Kinder-radiologie an einer Universitätsklinik oblag, seine Eingruppierung als Oberarzt in zweiter Instanz vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen erkämpfen (Urteil vom 9.3.09, Az: 9 Sa 270/08).

Der Sachverhalt

Dem Kinderradiologen war bereits zum 1. Januar 2004 die eigenverantwortliche Leitung des Teilbereichs „Kinderröntgen“ durch den Chefarzt zugewiesen worden.

Kurz nach Inkrafttreten des TV-Ärzte übertrug die Personalabteilung der beklagten Universitätsklinik dem Arzt am 14. Dezember 2006 die Tätigkeit eines Oberarztes für den Teilbereich „Kinderradiologie“ und gruppierte diesen zutreffend in die Entgeltgruppe Ä3 ein. Bei der Stufenzuordnung lehnte die Klinik jedoch eine Anrechnung der Vorzeiten ab und ordnete den Arzt der Stufe 1 (ab dem 1. Jahr) zu. Das Merkmal der „Übertragung vom Arbeitgeber“ sei nur erfüllt, wenn entweder der Arbeitgeber selbst oder eine entsprechend bevollmächtigte Stelle, nicht aber ein Chefarzt tätig werde. Dadurch solle verhindert werden, dass ohne Einfluss des Personalwesens Ärzte durch Chefärzte „schleichend“ zu Oberärzten ernannt würden. Die Übertragung durch den Arbeitgeber sei erst am 14.12.06 erfolgt, sodass der Arzt richtig eingestuft sei. Der Kinderradiologe gab sich damit nicht zufrieden und begehrte, ab dem 1. Januar 2007 gemäß der Stufe 2 (ab dem vierten Jahr) vergütet zu werden.

Die Entscheidungsgründe

Das LAG Niedersachsen urteilte zugunsten des Arztes und stützte sich insbesondere darauf, dass die Stufenzuordnung innerhalb einer Entgeltgruppe nicht in § 12 TV-Ärzte, sondern im Überleitungs-tarifvertrag TVÜ-Ärzte geregelt sei. Demnach seien jedenfalls bei der Stufenzuordnung Vorzeiten mit einschlägiger ärztlicher Berufserfahrung zu berücksichtigen. Da der Kinderradiologe unstreitig bereits seit dem 1. Januar 2004 unverändert ärztlich tätig gewesen sei, seien diese Zeiten anzurechnen.

Es gebe entgegen der Auffassung der Universitätsklinik auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Ableistung früherer förderlicher Zeiten durch den Arbeitgeber sozusagen „formal“ rückwirkend bestätigt werden sollte. Wäre dies der Fall, hätte es per 1. November 2006 in keiner Klinik einen Oberarzt gegeben.

Praxishinweis

Die Entscheidung verdeutlicht die Vielschichtigkeit der aktuellen Eingruppierungsstreitigkeiten. So kann es bei der Stufenzuordnung innerhalb einer Entgeltgruppe ausreichen, dass die Übertragung medizinischer Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich vor Inkrafttreten des TV-Ärzte durch den Chefarzt erfolgt ist; einer (rückwirkenden) Übertragung durch den Arbeitgeber bedarf es in dieser Konstellation nicht. Betroffenen Ärzten ist zur Wahrung ihrer Rechte zu empfehlen, sich unter Hinweis auf die Entscheidung des LAG Niedersachsen an ihren Arbeitgeber zu wenden und schriftlich eine entsprechende Stufenzuordnung zu beantragen.