Praxisübernahmeverträge – diese Punkte sollten Erwerber beachten

von Rechtsanwalt Lucas Augustyn, Voß.Partner, Münster, voss-medizinrecht.de

Der Weg in die Niederlassung erfolgt für interessierte Radiologinnen und Radiologen in aller Regel über die Übernahme einer bestehenden radiologischen Praxis. Egal, ob man eine Einzelpraxis oder einen Anteil an einer Gemeinschaftspraxis übernimmt, beides stellt rechtlich den Kauf eines Unternehmens(anteils) dar. Hierbei sind eine Reihe von Fallstricken zu beachten. Erfahren Sie mehr zu drei wichtigen Punkten, die allzu häufig nicht berücksichtigt werden, obwohl sie für jeden gelungenen Praxiserwerb unverzichtbar sind.

Kaufgegenstand Praxis

Überraschenderweise entstehen Probleme nicht selten bereits bei der Beschreibung dessen, was verkauft werden soll. In der Vorstellung soll zumeist alles übernommen werden, was in der Praxis vorhanden ist. Die rechtliche Umsetzung gestaltet sich jedoch komplexer.

Das beginnt schon bei dem sogenannten materiellen Wert der Praxis. Dieser setzt sich – grob gesagt – aus allen Dingen zusammen, die im Eigentum des bisherigen Praxisinhabers stehen. Nur diese kann der Praxisinhaber uneingeschränkt weitergeben und damit auch eine Gegenleistung hierfür verlangen. Wichtig ist daher, sich zuerst einen guten Überblick über die Verhältnisse der Praxis zu verschaffen und Einsicht in alle relevanten Unterlagen zu nehmen. Grade bei der kostenintensiven radiologischen Ausstattung ist die Praxis häufig nicht Eigentümer der Geräte. Beliebt sind z. B. verschiedene Leasingmodelle, bei denen das Gerät entweder am Ende übernommen, zurückgegeben oder gegen ein neueres Modell ausgetauscht werden kann. Und selbst wenn Geräte schlussendlich zum Eigentum der Praxis werden sollen, bestehen oft laufende Darlehen, die abgelöst werden müssen.

Praxistipp

Hat man die rechtlichen Verhältnisse geklärt, müssen hieraus im Vertrag die richtigen Schlüsse gezogen werden. Für die Übertragung von Eigentum empfiehlt es sich, ein Verzeichnis zu erstellen, das als Anlage zum Vertrag genommen wird und das das Praxiseigentum möglichst genau bezeichnet.

 

Bestehen kompliziertere Verhältnisse mit Beteiligung Dritter (wie z. B. beim Leasing oder bei laufenden Darlehen), geben die jeweiligen Verträge Aufschluss darüber, ob die Übertragung auf den Erwerber bereits im Vorhinein erlaubt wurde. Andernfalls erfordert die Übernahme die Zustimmung des Vertragspartners. Diese sollte bei wichtigen Verträgen in jedem Fall dokumentiert werden.

Der immaterielle Wert (auch „Goodwill“ genannt) ist demgegenüber flüchtiger. Er wird dafür gezahlt, dass sich die bestehende Praxis bereits einen Patientenstamm und einen Geschäftsbetrieb aufgebaut hat. Die mit dem vergangenen Erfolg verbundene Gewinnerwartung wird dann ebenfalls als Teil des Kaufpreises bezahlt.

Merke

Zur Bestimmung des Goodwills gibt es verschiedene Methoden, die jeweils ihre Stärken und Schwächen haben. Hier kommt es letztlich darauf an, dass man sich auf eine Methode verständigt und den Wert nachvollziehbar festlegt.

 

Garantien und Gewährleistungen

Für den Erwerber sind außerdem ausreichende Garantien und Gewährleistungen äußerst wichtig für eine erfolgreiche Praxisübernahme.

Garantien sollten „selbstständig und verschuldensunabhängig“ abgegeben werden und bieten dann gegenüber der Gewährleistung einige Vorteile. Für eine Garantie kann z. B. eine eigene Konsequenz vereinbart werden für den Fall, dass diese Garantie nicht erfüllt wird. Da die Haftung bei der Garantie i. d. R. weitergeht als die der Gewährleistung, wird sie normalerweise nur zugesagt, wenn der Praxisinhaber damit ein voll beherrschbares Risiko eingeht. Das ist z. B. der Fall bei der Kenntnis über bestimmte Tatsachen. Regelmäßig anzutreffende Beispiele sind die Garantie dafür, dass

  • die vorgelegten Unterlagen über die Praxis vollständig und zutreffend sind,
  • Mängel an den Instrumenten nicht bekannt sind oder
  • alle behördlichen Genehmigungen (z. B. zum Thema Strahlenschutz) vorliegen.

Als Konsequenz kann dann z. B. festgelegt werden, dass der bisherige Praxisinhaber den garantierten Zustand herstellen muss, wenn er letztlich doch nicht vorliegt oder – wenn das nicht möglich ist – eine Schadenersatzsumme zu zahlen ist.

Bezogen auf die Angestellten der Praxis ist die Garantie unverzichtbar, dass keine dem Erwerber unbekannten Angestellten in der Praxis angestellt sind. Hintergrund ist, dass diese sonst mit dem sogenannten Betriebsübergang automatisch beim Praxiserwerber angestellt sind, ohne dass es für den Erwerber eine Möglichkeit gibt, das zu verhindern. Dieser muss dann auch die Gehälter bezahlen. Er sollte sich daher bezüglich dieser speziellen Garantie im Verhältnis zum bisherigen Praxisinhaber von den Gehaltszahlungen freistellen lassen. Dann müsste der Erwerber sie zwar immer noch selbst an seine neuen Angestellten zahlen. Er könnte sich dann aber zumindest beim bisherigen Praxisinhaber schadlos halten.

Gewährleistungen beziehen sich dagegen auf weniger beherrschbare Umstände wie z. B. den tatsächlichen Zustand der vorhandenen Geräte. Dieser ist von außen nicht immer komplett einschätzbar und spontane Defekte können auftreten. Gerade, wenn der Vertrag erst einige Zeit in der Zukunft umgesetzt wird, sollte die Funktionsfähigkeit bis zur tatsächlichen Übernahme gewährleistet sein. Für den Fall, dass vor der Übergabe Defekte eintreten, sollte der bisherige Praxisinhaber für Reparaturen aufkommen müssen oder sich der Kaufpreis mindern – schließlich beruht dieser Preis auf der Annahme funktionstüchtiger Geräte. Wenn die Verhandlungsposition es ermöglicht, sollte auch eine darüber hinausgehende Gewährleistungszeit vereinbart werden.

Vollzugsbedingungen

Zuletzt dürfen die Vollzugsbedingungen nicht unerwähnt bleiben. Sie stellen sicher, dass die Praxis nur dann wirklich übernommen wird, wenn wesentliche andere Aspekte auch erfolgreich verlaufen. Dazu gehört in jedem Fall, die Praxisräumlichkeiten nutzen zu dürfen. In den meisten Fällen erfolgt dies über einen Praxismietvertrag, der möglichst lange Laufzeiten bieten sollte. Worauf beim Praxismietvertrag geachtet werden sollte, erklären wir in einem späteren Artikel dieser Reihe. Aber auch im Praxisübernahmevertrag spielt der Mietvertrag eine Rolle: Dieser sollte als eine aufschiebende Bedingung in den Übernahmevertrag aufgenommen werden. Mindestens sollte man sich ein Rücktrittsrecht einräumen lassen, falls der Abschluss eines Mietvertrags scheitert.

Außerdem soll meist eine kassenärztliche Zulassung übertragen werden. Da die Nachbesetzung ein öffentliches Verfahren ist, bei dem einem Mitbewerber ggf. die Zulassung abspenstig machen können, muss die Praxisübertragung unbedingt auch an die aufschiebende Bedingung geknüpft werden, dass der Erwerber selbst Inhaber der Zulassung wird. Privatärztliche Tätigkeit bleibt zwar auch sonst möglich. In aller Regel stellt sich der Erwerber aber auf die Behandlung von gesetzlich versicherten Patienten als wichtige Einnahmequelle ein. Daher sollte darauf geachtet werden, dass in der Bedingung auf die Bestandskraft der Zulassung abgestellt wird. Der Zustand tritt ein, wenn die Zulassung nicht mehr mit rechtlichen Mitteln angegriffen werden kann und damit abschließend feststeht. Wenn es Mitbewerber gibt, können diese Widerspruch und anschließend die Klage gegen die Entscheidung erheben und den Abschluss des Verfahrens schlimmstenfalls um Jahre verzögern. Hat man im Vertrag dann nicht auf die Bestandskraft abgestellt, wird der Kaufpreis schon fällig, die vollständige Praxisübertragung ist aber noch nicht gesichert. Ein Verzicht auf die Bestandskraft als Bedingung sollte daher höchstens erwogen werden, wenn es einen engen Zeitplan gibt und Mitbewerber mit Sicherheit nicht existieren.

Fazit

Neben diesen genannten Punkten gibt es eine Vielzahl weiterer Aspekte, die Sie bei Ihrer Praxisübernahme beachten sollten. Wir können nur dazu raten, hierbei professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen. Achten Sie dabei besonders darauf, ob Ihr Berater die beschriebenen Punkte sorgfältig beachtet. Sie können hieran in jedem Fall erkennen oder zumindest einschätzen, ob er oder sie das Handwerk beherrscht.