von RA und FA für MedizinR Dr. Rainer Hellweg, Hannover
Als medizinischer Leiter seiner Abteilung trifft einen (Radiologie-)Chefarzt besondere Verantwortung – auch haftungsrechtlich. Unter dem Gesichtspunkt des sogenannten Organisationsverschuldens kann er haftbar gemacht werden, wenn es zu Fehlern des ärztlichen oder des Pflegepersonals kommt. Wie schnell ein Haftungsfall ausgelöst werden kann, wenn eine Pflegekraft gegen eine organisatorische interne Klinikregelung verstößt, zeigt das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) München vom 06.08.2020 Az. 24 U 1360/19 ).
In dem Fall ging es um die unterbliebene Vorlage eines geschriebenen EKGs durch eine Pflegekraft. Wer dieses EKG vornahm und auf wessen Anordnung es erfolgte, konnte im Prozess nicht mehr geklärt werden. Jedenfalls zeigte das EKG ein deutlich verlängertes korrigiertes QT-Intervall einer Patientin. Die Patientin hätte weiter unter Monitorüberwachung auf der Intensivstation bleiben müssen. Außerdem hätte die Gabe eines Medikaments unterbleiben müssen – so die Beurteilung der Richter nach Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens. Als der Oberarzt auf der Intensivstation visitierte, war das angefertigte EKG nicht in der Patientenkurve vermerkt. Die Patientin wurde auf eine Normalstation verlegt und erhielt das Medikament, das bei Kenntnis des EKGs nicht hätte gegeben werden dürfen. Die Patientin stürzte, wurde reanimiert und erlitt infolge des Herz-Kreislauf-Stillstands einen schweren hypoxischen Hirnschaden. Sie wurde infolgedessen vollständig pflegebedürftig.
In der Klinik war es üblich – und das Pflegepersonal war entsprechend mündlich angewiesen –, ein geschriebenes EKG obenauf zur Patientenakte zu geben und diese dem Arzt vorzulegen. Zusätzlich sollte die Anfertigung eines EKGs im Pflegebericht dokumentiert werden. Die Krankenschwester handelte jedoch weisungswidrig, indem sie beides unterließ. Das fahrlässige Handeln der Krankenschwester rechnete das Gericht aber dem verklagten Krankenhausträger zu und verurteilte diesen zur Zahlung eines Schmerzensgelds von 225.000 Euro!
Im Prozess hatte die Klägerseite die Klage zwar lediglich gegen den Krankenhausträger und nicht gegen den Chefarzt gerichtet. Aber auch der Chefarzt als medizinisch Gesamtverantwortlicher kann in einer solchen Konstellation haftungsrechtlich im Fokus stehen. Dies zum einen, wenn – wie im Fall des OLG München – Fehler nachgeordneter Mitarbeiter haftungsrechtlich zugerechnet werden können. Zum anderen existiert der eigenständige Haftungsgrund des Organisationsverschuldens.
Bei der Haftungskategorie des Organisationsverschuldens gilt grundsätzlich: Der Chefarzt hat sicherzustellen und dafür einzustehen, dass die nachgeordneten Ärzte in der Abteilung die Behandlungen und Aufklärungen lege artis durchführen. Kommt es zu einem Fehler, der seinen Grund in
wird dieser Fehler dem Chefarzt angelastet – auch wenn dieser an der konkreten Behandlungsmaßnahme gar nicht beteiligt war.
Praxistipp |
In Gerichtsprozessen treten immer wieder neuralgische haftungsträchtige Schnittstellen zutage. Ein Chefarzt sollte sich etwa fragen:
Der Chefarzt sollte seine Ober- und Assistenzärzte und auch das Pflegepersonal sorgfältig anweisen und die Einhaltung überwachen. Zur bestmöglichen Vorbereitung für evtl. Haftungsklagen empfiehlt sich, zumindest die wichtigsten generellen Anweisungen und Überprüfungsmaßnahmen schriftlich festzuhalten. |
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