Neues Recht zur Zulassungsentziehung: Späteres „Wohlverhalten“ rettet nicht mehr die Zulassung!

von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Rainer Hellweg, Kanzlei Schroeder-Printzen, Kaufmann & Kollegen, Hannover, www.armedis.de

Nach bisheriger Rechtsprechung der Sozialgerichte konnte ein Zulassungsentzug wegen vertragsärztlicher Pflichtverletzung im Nachhinein durch Wohlverhalten des Arztes während des laufenden Verfahrens aus der Welt geschafft werden. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) mit aktuellem Urteil vom 17. Oktober 2012 (Az: B 6 KA 49/11 R) zwar für die Vergangenheit bestätigt, für künftige Fälle diese Vorgehensweise aber für unzulässig erklärt. Ein möglicher Weg kann jedoch in der Beantragung einer Neuzulassung bestehen. 

Der Fall

In dem vom BSG entschiedenen Fall ging es um einen niedergelassenen Radiologen mit Weiterbildungsbefugnis auf dem Gebiet der diagnostischen Radiologie, beschränkt auf MRT. Dieser hatte über Jahre zahlreiche Leistungen abgerechnet, obwohl nachweislich teilweise nur ein nicht genehmigter Assistent und teilweise sogar nur nichtärztliche Mitarbeiter in der ­Praxis allein tätig geworden waren. 

Diese hatten nicht delegationsfähige Leistungen wie Patientenaufklärung, kernspintomographische Untersuchungen sowie intravenöse Injektionen und Kontrastmittelgaben vorgenommen. Nach den Ermittlungsergebnissen der Kriminalpolizei hatten Praxismitarbeiter mehrfach ohne Anwesenheit eines Arztes über die Gabe von Kontrastmitteln entschieden und diese gleich selbst verabreicht. Aufgrund der gröblichen Pflichtverletzungen entzog der Berufungsausschuss dem Radiologen im Jahre 2003 die Zulassung. 

Durch entsprechende Eilanträge bei Gericht konnte der Radiologe die sogenannte aufschiebende Wirkung gegen den Entziehungsbescheid erreichen, sodass es zu einem faktischen Vollzug der Zulassungsentziehung gar nicht kam. Seit 2003 gab es keinerlei Fehlverhalten oder Abrechnungsverstöße des Radiologen mehr. Somit konnte dieser mit einem zwischenzeitlichen „Wohlverhalten“ gegen die in Streit stehende Zulassungsentziehung argumentieren. 

Das Gerichtsverfahren

Das Landessozialgericht (LSG) München ließ – wohl absichtlich – einen erheblichen Zeitraum verstreichen und fällte erst 2011 sein Urteil: Zwar sei die damalige Zulassungsentziehung rechtmäßig gewesen. Aufgrund des zwischenzeitlichen Wohlverhaltens des Radiologen falle die Prognoseentscheidung für die Zukunft aber positiv aus. Somit sei im Ergebnis der Zulassungsentzug nicht mehr verhältnismäßig, sodass der Radiologe weiter vertragsärztlich tätig werden dürfe. 

Diese Entscheidung des LSG München zugunsten des Radiologen stützte das BSG. Im Terminbericht zu dem Urteil hebt das BSG aber ausdrücklich hervor, dass die Vorgehensweise letztmalig für diesen Fall gebilligt werde. Auf die „Wohlverhaltensrechtsprechung“ könnten sich aus Vertrauensschutzgesichtspunkten nur noch diejenigen Ärzte berufen, bei denen die Zulassungsentziehung durch den Berufungsausschuss vor Veröffentlichung des aktuellen BSG-Urteils erfolgte. 

Für künftige Fälle sei aber von einer anderen Rechtslage auszugehen, sodass mehrjähriges Wohlverhalten während des laufenden Verfahrens den Ärzten nicht mehr zur Fortdauer der vertragsärztlichen Zulassung verhelfen könne. Der verfahrensrechtliche Trick der Verfahrensverschleppung habe „zu nicht beabsichtigten Fehlentwicklungen geführt“ – so begründete das BSG seine Änderung in der Rechtsauffassung. 

Praxishinweis

Das BSG macht aber auch deutlich, dass eine Veränderung des Arztes hin zu regelgerechtem Verhalten im Rahmen des Verfahrens auf Wiederzulassung zu würdigen sei. Hier wird den Ärzten die Tür geöffnet, den Weg der Beantragung einer Neuzulassung zu beschreiten. Eine Fortdauer der vertragsärztlichen Zulassung mit damit einhergehender Abrechnungsmöglichkeit ohne temporäre Unterbrechung ist dann aber kaum möglich.