von RA Dr. Tobias Scholl-Eickmann, FA für MedR, und RA Benedikt Büchling, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de
Die katholische Bischofskonferenz hat am 27. April 2015 die „Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse“ (GrO) neugefasst. Mit der Neuregelung wird die GrO liberalisiert. Unter anderem enthält die neue GrO jetzt Vorgaben zur Interessenabwägung bei Kündigungen. Vor diesem Hintergrund ist der spektakuläre Fall eines Chefarztes, dem von einem katholischen Krankenhaus wegen seiner Wiederheirat gekündigt worden war, neu zu beurteilen (Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 22.10.2014, Az. 2BvR 661/12).
Dem Urteil der Karlsruher Richter lag der Fall eines Chefarztes zugrunde, der sich im Jahr 2005 von seiner ersten Ehefrau getrennt hatte und danach mit seiner jetzigen Frau von 2006 bis 2008 unverheiratet zusammenlebte. Hiervon erfuhr der Klinikträger 2006. Im Jahr 2008 heiratete der Chefarzt seine jetzige Frau standesamtlich. Davon erfuhr der Träger einen Monat nach der Trauung. Nach Anhörung der Mitarbeitervertretung (MAV) kündigte der Träger des Krankenhauses das Arbeitsverhältnis ordentlich.
Der Chefarzt meint, seine erneute Heirat stelle keinen Kündigungsgrund dar, da er kein leitender Angestellter sei. Zudem verstoße die Kündigung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, da die Klinik andere geschiedene und wiederverheiratete Chefärzte weiterbeschäftige.
Nach der auf das Arbeitsverhältnis des Chefarztes im Urteilsfall anwendbaren GrO aus 1993 können kirchliche Arbeitgeber pastorale, katechetische sowie in der Regel erzieherische und leitende Aufgaben nur einer Person übertragen, die der katholischen Kirche angehört. Der Abschluss einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe war ein schwerwiegender Loyalitätsverstoß, der eine Kündigung rechtfertigen konnte. Die alte GrO schloss eine Weiterbeschäftigung dann aus, wenn der Loyalitätsverstoß von leitenden Mitarbeitern begangen wurde. Nur bei schwerwiegenden Gründen des Einzelfalls konnte von einer Kündigung abgesehen werden.
Nach der Neufassung der GrO wird bei schwerwiegenden Loyalitätsverstößen zwischen Mitarbeitern und katholischen Arbeitnehmern differenziert: Schwerwiegende Loyalitätsverstöße katholischer Arbeitnehmer sind in Art. 5 Abs. 2 Nr. 2 der neuen GrO geregelt. Diese sind:
Konkret heißt das: Die zivilrechtliche Wiederheirat katholischer Chefärzte ohne vorherige kirchliche Annullierung einer katholisch geschlossenen Ehe sowie die homesexuelle Lebenspartnerschaft – ohne entsprechende Eintragung einer solchen Lebenspartnerschaft – stellen für sich allein keinen Kündigungsgrund mehr dar.
Die aktuelle GrO enthält zudem Neuerungen im Bereich der Kündigungen, etwa die Vorgabe, dass die vor einer Kündigung vorzunehmende Interessenabwägung neutral vorzunehmen ist (Art. 5 Abs. 3 der GrO). Die Kündigung im Beispielsfall beruhte darauf, dass der Chefarzt mit seiner Wiederheirat eine nach der Rechtsordnung der katholischen Kirche ungültige Ehe geschlossen und damit einen schwerwiegenden Loyalitätsverstoß begangen hat. War ein solch „schwerwiegender Loyalitätsverstoß“ nach der alten GrO noch gegeben und konnte somit bei „leitenden Mitarbeitern“ eine Kündigung rechtfertigen, stellt sich dies noch nach der neuen GrO-Fassung anders dar: Eine Wiederheirat ist demnach jedenfalls bei einem Chefarzt kein „erhebliches Ärgernis“ mehr, sodass es an einer schwerwiegenden Pflichtverletzung fehlt. Die Kündigung erweist sich damit als unwirksam.
Fazit |
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Durch die Änderung der GrO passen sich die Kirchen dem geltenden Arbeitsrecht an. Chefärzte sollten diese Änderungen kennen. So stellen die kirchlich ungültige Ehe bzw. die Wiederheirat und die homosexuelle Lebenspartnerschaft keinen Kündigungsgrund wegen Loyalitätsverletzung mehr dar. |
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