Neue Entwicklungen zur Befristung von Arbeitsverhältnissen

von Rechtsanwältin Jasmin Theuringer, Bellinger – Rechtsanwälte/Steuerberater, Düsseldorf, www.dr-bellinger.de

In aktuellen Grundsatzurteilen haben sich Gerichte mit der Befristung von Arbeitsverhältnissen befasst. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für den niedergelassenen Radiologen als Arbeitgeber? 

Grundlegendes zur Befristung

Ein befristetes Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit, ohne dass eine Kündigung erforderlich ist. Das klingt für viele Arbeitgeber ver­lockend, denn in diesem Fall hat der Arbeitnehmer keine Möglichkeit, eine Kündigungsschutzklage zu erheben und über die Zahlung einer Abfindung zu verhandeln. Auch endet ein befristetes Arbeitsverhältnis ohne Rücksicht auf besondere Umstände, die den Arbeitnehmer im unbefristeten ­Arbeitsverhältnis vor einer Kündigung schützen würden. So steht beispielsweise eine Schwangerschaft der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht im Weg. 

Die Befristung ohne Sachgrund

Bei einer Neueinstellung darf das Arbeitsverhältnis befristet werden, ohne dass dafür ein besonderer Grund vorliegen muss. Voraussetzung für diese sogenannte sachgrundlose Befristung ist, dass in der Vergangenheit zwischen den Vertragsparteien kein Arbeitsverhältnis bestanden hat (§ 14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz – TzBfG). Bei wörtlicher Auslegung des Gesetzestextes würde dies auch gelten, wenn zwischen der früheren Beschäftigung und der nun geplanten Einstellung mehrere Jahre vergangen sind. 

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 6. April 2011 (Az: 7 AZR 716/09) klargestellt, dass das Gesetz mit dieser Regelung lediglich „Ketten­arbeitsverträgen“ einen Riegel vorschieben wolle. Liegen zwischen der ursprünglichen Beschäftigung und dem erneuten Abschluss eines Arbeitsverhältnisses jedoch mehr als drei Jahre, sei nicht mehr von einer missbräuchlichen Befristung zur Umgehung des Kündigungsschutzes auszugehen. Eine sachgrundlose Befristung ist also zulässig, wenn ein früheres Arbeitsverhältnis mindestens drei Jahre zurückliegt. 

Immer zulässig ist eine sachgrundlose Befristung im Anschluss an ein Ausbildungsverhältnis, denn das Gesetz spricht in § 14 Abs. 2 TzBfG ausdrücklich von einem vorangegangenen Arbeitsverhältnis. 

Unbeeindruckt von dieser klaren Formulierung im Gesetz hatte ein Arbeitnehmer gegen die Befristung geklagt, weil er 40 (!) Jahre zuvor bei demselben Arbeitgeber eine Ausbildung absolviert hatte. Die Klage scheiterte vor dem Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 21.9.2011, Az: 7 AZR 375/10) aus zwei Gründen: Zum einen lagen zwischen der Ausbildung und der Neueinstellung deutlich mehr als drei Jahre, zum anderen sei ein Ausbildungsverhältnis kein Arbeitsverhältnis und zähle daher von vornherein nicht als Vorbeschäftigung im Sinne des Gesetzes. 

Verlängerung eines befristeten Vertrags

Handelt es sich um eine Neueinstellung, so darf das Arbeitsverhältnis ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes für längstens zwei Jahre befristet werden. Wird eine kürzere Frist vereinbart, darf das befristete Arbeitsverhältnis bis zu dreimal verlängert werden, solange dabei die Höchstdauer von zwei Jahren nicht überschritten wird. 

Beispiel

Radiologe R stellt eine Mitarbeiterin zunächst befristet für ein Jahr ein. Nach einem Jahr kann er ihr kein unbefristetes Arbeitsverhältnis anbieten und verlängert daher das Arbeitsverhältnis um ein weiteres Jahr. Gleichzeitig erhält die Mitarbeiterin eine Gehalts­erhöhung. 

 

Die im Beispiel gewünschte Verlängerung um ein weiteres Jahr ist grundsätzlich möglich, wobei die Ausführung in dem Beispiel unglücklich ist: Die Rechtsprechung ist streng bei der Auslegung des Wortes „Verlängerung“. Eine Verlängerung ist ein vor Auslaufen des Vertrags vereinbartes Hinausschieben des Beendigungsdatums. Im Übrigen dürfen sich die Arbeitsbedingungen nicht ändern. 

Eine Gehaltserhöhung würde also dazu führen, dass nicht das ursprüngliche Arbeitsverhältnis verlängert, sondern ein neues begründet wird. Das aber wäre als unzulässige Ketten­befristung nicht möglich, sodass sich die Mitarbeiterin im obigen Beispiel über ein unbefristetes Arbeitsverhältnis freuen kann. 

Die Befristung mit Sachgrund

Neben der Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis ohne einen sachlichen Grund bis zu zwei Jahre zu befristen, gibt § 14 Abs. 1 TzBfG den Vertragsparteien die Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis ohne diese zeitliche Beschränkung und auch wiederholt zu befristen. Allerdings muss für eine längere oder wiederholte Befristung ein Grund vorliegen, der die Befristung rechtfertigt. 

Einer der Hauptgründe für den Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses ist die Vertretung eines anderen Arbeitnehmers. In der radiologischen Praxis sind das in erster Linie Mitarbeiterinnen, die wegen Schwangerschaft und Elternzeit vorübergehend ausfallen. Hier kann ohne Weiteres eine Vertretung für die gesamte Dauer des Mutterschutzes, der Elternzeit sowie einer erforderlichen Einarbeitungszeit befristet eingestellt werden. 

Beispiel

R hat die Mitarbeiterin V als Vertretung für seine schwangere MTRA eingestellt. Diese kehrt nach der zweijährigen Elternzeit zurück, zwischenzeitlich ist jedoch die zweite MTRA schwanger und kündigt an, ebenfalls in Elternzeit zu gehen. 

 

In diesem Beispiel kann R der Vertreterin V nochmals einen befristeten Arbeitsvertrag anbieten. Das Gesetz macht keine Einschränkungen für das Aneinanderreihen befristeter Arbeitsverträge, solange für die Befristung ein sachlicher Grund vorliegt. 

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in diesem Zusammenhang aktuell entschieden, dass dies selbst dann gilt, wenn der Bedarf des Arbeitgebers an Vertretern nicht nur wiederkehrend, sondern dauerhaft besteht (Urteil vom 26.1.2012, Az: C-586/10). Grundlage der Entscheidung war der Fall einer beim Land Nordrhein-Westfalen seit nunmehr elf Jahren befristet beschäftigten Mitarbeiterin. Das Land hatte mit der Mitarbeiterin insgesamt 13 befristete Verträge hintereinander geschlossen, woraus diese folgerte, der Arbeitgeber habe nicht nur vorübergehenden Bedarf an ihrer Arbeitskraft. Der wiederholte Abschluss befristeter Verträge sei missbräuchlich. 

Der EuGH stellte jedoch klar, dass allein ein immer wiederkehrender Vertretungsbedarf weder auf einen Missbrauch der Befristungsregeln durch den Arbeitgeber noch auf das Fehlen eines sachlichen Grundes schließen lasse. 

Schriftform für befristete Verträge

Für alle Arten befristeter Verträge gilt, dass die Befristung schriftlich vereinbart werden muss, und zwar noch bevor der Arbeitnehmer seine Tätigkeit aufnimmt. 

Beispiel

R vereinbart mit seiner neuen MTRA während des Einstellungsgesprächs, dass er sie zunächst für zwei Jahre befristet einstellen möchte. Einige Tage nach Beschäftigungsbeginn legt er ihr den Arbeitsvertrag zur Unterschrift vor. 

 

Das Arbeitsverhältnis selbst kann auch ohne Vorliegen eines schrift­lichen Vertrages wirksam begründet werden, so wie im Beispiel durch die tatsächliche Beschäftigung der MTRA. Die Vereinbarung der Befristung dagegen scheitert an der späten Unterschrift. Trotz Unterzeichnung des Vertrages kann sich die MTRA nach Ablauf der zwei Jahre auf die Unwirksamkeit der Befristung berufen und eine Weiterbeschäftigung verlangen.