Mammographie-Screening: PVA kann Genehmigung eines Dritten anfechten

von RA Christian Pinnow, Dierks+Bohle Rechtsanwälte Partnerschaft mbh, Düsseldorf, www.db-law.de 

Ein programmverantwortlicher Radiologe (PVA) im Mammographie-Screening gemäß 9.2 BMV-Ä kann zumindest im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die einem dritten Radiologen faktisch erteilte Genehmigung als PVA anfechten. So entschied das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (NRW) mit Beschluss vom 6. Mai 2015 (Az. L 11 KA 10/14 B ER).

Rechtlicher Hintergrund 

Üblicherweise können sich Vertragsärzte rechtlich nicht gegen den anderen Vertragsärzten erteilten Status wie Zulassungen oder besondere Versorgungsaufträge wehren. Die Gerichte lehnen in solchen Fällen den sogenannten „defensiven Konkurrentenschutz“ ab, weil lediglich durch einen neuen Konkurrenten nicht unmittelbar in die Rechte anderer schon im System befindlicher Leistungserbringer eingegriffen wird. Bei dem vom LSG NRW entschiedenen Fall lag jedoch eine Ausnahmesituation vor, in der der einem Dritten erteilte Status angefochten werden kann.

Der Fall 

Radiologe 1 und 2 waren in einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) tätig. Ihnen war gemeinschaftlich der Versorgungsauftrag gemäß Anlage 9.2 BMV-Ä als programmverantwortliche Ärzte im Mammographie-Screening (PVA) mit der Auflage erteilt worden, in der BAG tätig zu bleiben. Nachdem Radiologe 1 die BAG verließ, um an einem anderen Ort tätig zu werden, widerrief die Kassenärztliche Vereinigung (KV) die PVA-Versorgungsaufträge beider Radiologen. Dagegen wandten sich beide Radiologen mit Widerspruch und Klage.

In der Zwischenzeit ist einem weiteren Radiologen 3 der Versorgungsauftrag als stellvertretender PVA erteilt worden. Die KV verwies darauf, dass nun allein Radiologe 3 im Mammographie-Screening tätig sein dürfe, weil die Radiologen 1 und 2 wegen des entzogenen Versorgungsauftrags nicht mehr als PVA tätig sein dürften. Radiologe 1 griff die Genehmigung des Radiologen 3 mit einem Widerspruch an und nahm sodann einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch.

Die Entscheidung 

Das LSG NRW entschied zugunsten des Radiologen 1 und ordnete die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die Genehmigung des Radiologen 3 an. Es handele sich zwar um einen defensiven Konkurrentenschutz, der nur in besonderen Fällen überhaupt gewährt werden könne, doch sei ein solcher Fall gegeben. An sich könnte ein Drittschutz nur dann bestehen, wenn die Regelungen der Anlage 9.2 BMV-Ä Normen enthalten, die PVA davor schützen, einen weiteren Konkurrenten zu erhalten. Für die Versorgungsaufträge als PVA sei höchstrichterlich aber noch nicht entschieden, ob dies der Fall sei. Für das einstweilige Rechtsschutzverfahren folge daraus, dass von einer Anfechtungsbefugnis zunächst auszugehen sei – wenn auch das Gericht Zweifel habe, ob die Anlage 9.2 zum BMV-Ä Drittschutz vermitteln könne.

Konkret bestehe aber der Drittschutz des Radiologen 1 deshalb, weil nicht nur der Radiologe 3 seinen Versorgungsauftrag erhalten hat, sondern gleichzeitig Radiologe 1 faktisch aus seiner Position als PVA verdrängt wurde. Aus dieser unmittelbaren Betroffenheit durch die Verdrängung aus dem Versorgungsaufrag folge, dass auch die Erteilung des Status an den Radiologen 3 gerichtlich zu überprüfen sei. Die faktische Übertragung des Versorgungsauftrags auf den Radiologen 3 sei aber rechtswidrig, weil das vorgesehene Ausschreibungsverfahren für diesen Versorgungsauftrag nicht durchgeführt wurde.

Fazit

Grundsätzlich können sich Radiologen nicht gegen die Erteilung von Zulassungen oder besondere Versorgungsaufträge an Kollegen wehren. Anders ist dies nur dann, wenn – wie vorliegend – mit der Erteilung des Versorgungsauftrags eine unmittelbare Beschränkung der eigenen Tätigkeit verbunden ist. Es bleibt also auch für die Versorgungsaufträge als PVA dabei, dass der Schutz gegen einen hinzukommenden Konkurrenten bis auf die geschilderte Ausnahmesituation grundsätzlich nicht möglich ist.