Krankenhäuser dürfen wesentliche Leistungen ihres Versorgungsauftrags nicht outsourcen

von RA, FA MedizinR, Mediator Dr. Tobias Scholl-Eickmann, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund, kanzlei-am-aerztehaus.de

Ein Krankenhaus muss für die im Versorgungsauftrag ausgewiesenen Bereiche die räumliche, apparative sowie personelle Ausstattung, die zum Erbringen wesentlicher Leistungen notwendig sind, selbst vorhalten und darf diese Leistungen nicht regelmäßig und planvoll auf Dritte auslagern. Im Fall ging es um eine Strahlentherapie-Abteilung, doch das Gericht grenzte die Radiologie davon klar ab (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 26.04.2022, Az. B 1 KR 15/21).

Sachverhalt und Vorinstanzen

Das betroffene Krankenhaus ist im Krankenhausplan u. a. mit einer Abteilung für Strahlentherapie aufgenommen, hatte diese Abteilung jedoch inzwischen geschlossen. Um entsprechende Leistungen dennoch für stationäre Patienten erbringen zu können, wurde mit einer in der Nähe des Krankenhauses ansässigen ambulanten Strahlentherapiepraxis ein Kooperationsvertrag geschlossen. Im vor dem BSG verhandelten Fall wurde eine ambulant begonnene Strahlentherapie im Krankenhaus vollstationär fortgesetzt und insgesamt ein Betrag von 7.413,80 Euro abgerechnet. Die Krankenkasse verweigerte die Zahlung des Anteils der Krankenhausvergütung, der für die strahlentherapeutischen Leistungen anfiel – insgesamt 3.927,51 Euro. Die Vorinstanzen (Sozialgericht Stuttgart, Urteil vom 31.03.2017, Az. S 4 KR 170/15; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 11.12.2019, Az. L 5 KR 1936/17) folgten der Auffassung des Krankenhauses und verurteilten die Krankenkasse zur Zahlung des noch offenen Betrags.

Entscheidungsgründe des BSG

Das BSG wies die Klage des Krankenhauses auf Vergütung in Höhe von 3.927,51 Euro ab: § 2 Abs. 2 Satz 2 Nummer 2 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) erlaube es nicht, dass das Krankenhaus wesentliche der vom Versorgungsauftrag umfassten Leistungen regelmäßig und planvoll auf Dritte auslagere, die nicht in seine Organisation eingegliedert sind. Insoweit habe das Krankenhaus für die im Versorgungsauftrag ausgewiesenen Bereiche die räumliche, apparative und personelle Ausstattung zum Erbringen der wesentlichen Leistungen selbst vorzuhalten. Dabei seien alle solche Leistungen wesentlich, die in der ausgewiesenen Fachabteilung regelmäßig notwendig sind.

Merke

Ausnahmen von der Pflicht zur Vorhaltung der genannten Ausstattung stellen die unterstützenden und ergänzenden Leistungen dar, wie z. B.

  • Laboruntersuchungen oder
  • radiologische Untersuchungen.

Bestrahlungen stellten für ein Krankenhaus mit einem Versorgungsauftrag für Strahlentherapie jedoch wesentliche Leistungen dar.

 

Fazit

Das Urteil dürfte erhebliche Auswirkungen auf die vielfältig bestehenden Kooperationen zwischen Krankenhäusern und ambulanten Leistungserbringern haben. Insoweit muss jeweils überprüft werden, ob und inwieweit eine „wesentliche Leistung“ zugrunde liegt, die sodann vom Krankenhaus selbst vorzuhalten ist. Als Lichtblick ist festzuhalten, dass zumindest die unterstützenden bzw. ergänzenden Leistungen wie insbesondere die Radiologie weiterhin über eine Kooperation regelhaft vorgehalten werden können.