Kein Anspruch auf Mitarbeiterbeteiligung an sächsischen Universitätskliniken

von RA, FA für MedR Dr. Tobias Eickmann, Kanzlei am Ärztehaus, ­Dortmund, und Ass. jur. Tim D. Hesse, Münster

Ein bei einem Universitätsklinikum im Freistaat Sachsen angestellter Arzt hat gegen seinen Arbeitgeber keinen Anspruch auf Beteiligung an Privatliquidationserlösen der Chefärzte, wenn eine entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag weder ausdrücklich getroffen wurde noch vorgesehen war. Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Sachsen in einem Urteil vom 27. August 2010 entschieden (Az: 2 Sa 635/09).

Nach Auffassung des Gerichts trägt die Vertragsurkunde stets die Vermutung der Vollständigkeit in sich. Außerdem würden etwaige im Sächsischen Krankenhausgesetz (SächsKHG) vorgesehene Beteiligungspflichten vorliegend nicht den Arbeitgeber treffen. Daher könne ein gegen das Krankenhaus geltend gemachter Schadenersatzanspruch keinen Erfolg haben.

Hintergrund

Die Mitarbeiterbeteiligung dient der angemessenen Entlohnung nachgeordneter Klinikärzte für ihre Heranziehung zur Behandlung gesondert abrechnungsfähiger Patienten im Rahmen wahlärztlicher Leistungen. Sie ist in den Krankenhausgesetzen und Berufsordnungen der Bundesländer bzw. Landesärztekammern sowie in Chefarztverträgen geregelt.

Der Fall

Der Kläger war seit 1993 an einem Universitätsklinikum in Sachsen als Oberarzt angestellt. Eine Mitarbeiterbeteiligung an Privatliquidationserlösen der Chefärzte im Sinne des SächsKHG gab es dort nicht; sie war vielmehr von den Klinikdirektoren in eigener Verantwortung frei gestaltbar. Gelder zur Anlegung eines Klinikpools wurden weder eingezogen noch zur Verteilung bereitgehalten.

Somit bestand der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zufolge für den Oberarzt auch kein Anspruch auf entsprechende Zuwendungen. Vor den sächsischen Arbeitsgerichten verlangte der Oberarzt von der Trägerin des Klinikums und seinem Arbeitgeber gleichwohl Auskunft über Abrechnungsmodalitäten und -inhalte sowie den Ersatz des Schadens, der ihm aus der – in Ermangelung einer Poolregelung – nicht erfolgten Einbehaltung finanzieller Beträge resultiere.

Die Entscheidungsgründe

Wie bereits die erste Instanz wies auch das LAG Sachsen die Klage in zweiter Instanz als unbegründet ab. Dem Oberarzt sei jedenfalls im Laufe des Gerichtsverfahrens mitgeteilt worden, dass in dem Klinikum kein Einbehalt zu verteilender Beträge erfolgt sei, heißt es im Urteil. Weitere Ansprüche auf die Erteilung von Auskünften, Aufstellungen oder Rechnungsvorlagen bestünden nicht. Ein unmittelbarer Leistungsanspruch des Oberarztes auf Mitarbeiterbeteiligung an Privatliquidationserlösen scheitere bereits aus folgenden beiden Gründen:

  • Einerseits seien keinerlei Beträge vom Klinikum einbehalten worden und
  • andererseits habe sein Arbeitsvertrag eine solche Beteiligung auch niemals vorgesehen.

Schadenersatzansprüche des Oberarztes wegen unterbliebener Beteiligung seien ebenfalls nicht ersichtlich, entschieden die Arbeitsrichter. Gemäß § 26 Abs. 4 SächsKHG habe die Trägerin eines Universitätsklinikums von den die Mitarbeiterbeteiligung regelnden §§24 und 25 SächsKHG abweichende Bestimmungen treffen dürfen. Diesen Freiraum habe sie in nicht zu beanstandender Weise genutzt.

Einordnung des Urteils

Wie im LAG-Urteil anklingt, erwächst nachgeordneten Klinikärzten nach überwiegender Auffassung weder aus den Regelungen zur Mitarbeiterbeteiligung in den Landeskrankenhausgesetzen noch in den jeweiligen Berufsordnungen der Landesärztekammern ein einklagbarer Zahlungsanspruch. Direkte Forderungen können sich lediglich im Einzelfall aus einzelvertraglichen Vereinbarungen gegen den Chefarzt oder den Arbeitgeber ergeben.

Einfluss des Chefarztes bei ­Poolzahlungen

Wer als Chefarzt nachgeordnete Ärzte poolmäßig beteiligen möchte, sollte mit dem Krankenhausträger vertraglich entweder die Gewährung einer höheren prozentualen Eigenbeteiligung zur Weitergabe an die Mitarbeiter oder deren direkte Einnahmebeteiligung vereinbaren. Eine entsprechende Abrede ist nicht nur aus recht­licher Sicht empfehlenswert. Vielmehr dürfte sie als Ausdruck von Wertschätzung in der Regel auch motivierend wirken sowie dazu beitragen, qualifiziertes ärztliches Personal zu binden.