Kann sich der Arzt auf unterzeichneten Aufklärungsbogen verlassen?

Ein Krankenhausarzt muss Untersuchungsrisiken nicht ungefragt näher erläutern, wenn der Patient einen entsprechenden Aufklärungsbogen unterschrieben hat und ein Aufklärungsgespräch geführt wurde. Erst wenn erkennbar ist, dass der Patient den Inhalt des Aufklärungsbogens oder des -gesprächs nicht verstanden hat, muss er weitere Erläuterungen geben. Zu diesem Urteil kam das Oberlandesgericht Koblenz am12.Juni 2008 (Az:5 U 1630/07) und wies damit die Klage gegen einen Chefarzt, einen Oberarzt, eine Stationsärztin sowie das Krankenhaus zurück.

Sachverhalt und Urteil

Die Patientin wurde in der Inneren Abteilung des verklagten Krankenhauses aufgenommen, weil man mit einer Katheter-Untersuchung dem Verdacht auf einen Herzinfarkt nachgehen wollte. Der Eingriff wurde von einem erfahrenen Oberarzt ausgeführt. Der Versuch, durch eine Punktion der Arteria radialis den Weg über den rechten Unterarm zu nehmen, scheiterte. Daraufhin wurde der Zugang über die rechte Leiste gewählt.

Bereits sechs Tage zuvor hatte die Patientin den Aufklärungsbogen erhalten, in dem die beiden Möglichkeiten des Zugangs erwähnt wurden. Der Aufklärungsbogen enthielt auch einen Hinweis auf das Risiko einer Verletzung oder eines Verschlusses der Gefäße. Die Patientin unterschrieb den Bogen und bestätigte der Stationsärztin in einem Gespräch vor dem Eingriff, den Aufklärungsbogen gelesen und verstanden zu haben. Zwei Monate später diagnostizierte ein Gefäßchirurg einen weitreichenden Verschluss der Arteria brachialis. Die Patientin klagte daraufhin auf Schadenersatz und Schmerzensgeld – mit der Begründung, sie habe in dem Aufklärungsbogen den Hinweis auf das Risiko nicht verstanden.

Wie bereits die Vorinstanz kam auch das OLG zu dem Ergebnis, dass die Patientin hinreichend über den bevorstehenden Eingriff aufgeklärt worden war. Selbst unter den Annahmen, dass sie die Passage über die Eingriffsrisiken im Aufklärungsbogen nicht zur Kenntnis genommen hatte und auch entsprechende mündliche Hinweise der Stationsärztin nicht erfolgt sind, ändere dies nichts an dieser Beurteilung. Denn sie habe unterschriftlich bestätigt, den Aufklärungsbogen gelesen und verstanden zu haben. Daher durften alle Ärzte davon ausgehen, dass die Patientin über die Risiken informiert gewesen sei.

Praxishinweise

Das Urteil sollte aber nicht dahingehend missverstanden werden, dass mit einem vom Patienten unterschriebenen Aufklärungsbogen jegliche Haftungsgefahr wegen unzureichender Risikoaufklärung gebannt ist. Stets muss ein Aufklärungsgespräch erfolgen und der Patient muss Zeit zum Abwägen erhalten. Dabei gilt die Faustregel: Je gravierender der geplante Eingriff ist bzw. die möglichen Nebenwirkung sind, desto mehr Zeit sollte der Patient zum Abwägen bekommen. Bei einfachen KM-Gaben zum Beispiel ist es sicherlich nicht notwendig, dass zwischen Risikoaufklärung des Patienten und der KM-Gabe mehr als ein Tag liegt.