Kündigung in der Probezeit war rechtmäßig: Chefärztin scheiterte mit Klage

von RA, FA für MedR, Wirtschaftsmediator Dr. Tobias Scholl-Eickmann, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de 

Eine Kündigung in der Probezeit ist nur in Ausnahmefällen rechtswidrig. Dies musste eine Chefärztin erfahren, die eine Abteilung einer Reha-Klinik leiten sollte. Doch die Deutsche Rentenversicherung (DRV) genehmigte das zugrunde liegende Konzept nicht, was dazu führte, dass der Ärztin zwei Monate nach Dienstaufnahme gekündigt wurde. Ihre Klage scheiterte auch in der zweiten Instanz vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz (Urteil vom 25. Juli 2013, Az. 2 Sa 97/13).

Der Fall: Kündigung wegen nicht genehmigter neuer Abteilung 

Eine Klinik plante den Aufbau einer onkologisch-gynäkologischen Abteilung, deren Zulassung bei der DRV im Oktober 2010 beantragt wurde. Ende November 2010 wurde ein Chefarzt-Vertrag mit einer Ärztin unterzeichnet, die die neue Klinik leiten sollte. Als Tätigkeitsbeginn wurde der 1. April 2011 vereinbart. Ferner wurde eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart, während der das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von 14 Tagen gekündigt werden konnte. Nach Unterzeichnung kündigte die Ärztin ihr bestehendes Arbeitsverhälnis bei einer anderen Klinik. Das Konzept für den Aufbau der Klinik wurde in der Folge unter nachhaltiger Mitarbeit der Ärztin überarbeitet.

Anfang März 2011 teilte die DRV mit, dass es keinen Bedarf für die geplante onkologisch-gynäkologische Abteilung am geplanten Standort gebe, da dieser durch weitere eigene Kliniken sowie Belegungsverpflichtungen gedeckt werden könne. Am 19. April 2011 informierte die Klinik die Ärztin über die Ablehnung der Zulassung durch die DRV – und kündigte ihr drei Wochen später unter Bezugnahme auf die Probezeit zum 31. Mai 2011.

Nach Auffassung der Ärztin verstößt die Kündigung gegen die guten Sitten sowie Treu und Glauben, weil der Kündigungsgrund allein von der Klinik zu verantworten sei. Sie habe sich vor Vertragsunterzeichnung vergewissern müssen, ob eine Zulassung erfolge. In Vorgesprächen habe man die Zulassung ihr gegenüber als „unproblematisch“ dargestellt. Die Ärztin klagte und machte zudem „Verzugslohnansprüche“ sowie Schadenersatz geltend.

Das Urteil: Kündigung war nicht treuwidrig 

Die Klage blieb auch in der zweiten Instanz erfolglos. Zunächst stellte das LAG fest, dass auf das Arbeitsverhältnis das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) keine Anwendung finde, da es weniger als sechs Monate bestanden habe (sogenannte Wartezeit). Die beklagte Klinik habe daher mit der vereinbarten Frist von 14 Tagen kündigen können, ohne dass es eines Kündigungsgrunds im Sinne des KSchG bedurft hätte.

Die Kündigung verstößt nach Überzeugung des LAG auch nicht gegen den außerhalb des KSchG zu gewährenden eingeschränkten Kündigungsschutz. Danach sei allein zu prüfen, ob die Kündigung aufgrund besonderer Umstände treuwidrig ist. Zu den typischen Tatbeständen zählen:

  • Rechtsmissbrauch
  • Diskriminierungen
  • Widersprüchliches Verhalten des Arbeitgebers
  • Kündigung in ehrverletzender Form

Ausgehend von diesen Grundsätzen habe die darlegungs- und beweisbelastete Ärztin keinen Sachverhalt vorgetragen, der eine Treuwidrigkeit der Kündigung nach § 242 BGB indiziere. Die Ärztin habe nicht darlegen können, dass die Reha-Klinik bereits bei Abschluss des Chefarzt-Vertrags von einer Verweigerung der Zulassung habe ausgehen müssen. Selbst wenn die Klinik nach Vertragsschluss die Einrichtung einer gynäkologisch-onkologischen Abteilung nicht mehr vorangetrieben habe, begründe dies keine Treuwidrigkeit der Kündigung. Denn die Klinik sei durch den Chefarzt-Vertrag mit der Ärztin nicht verpflichtet worden, eine entsprechende Abteilung zu betreiben. Dies sei weiterhin die freie unternehmerische Entscheidung der Klinikleitung gewesen.

Ärztin erhält auch keinen Schadenersatz 

Die Ärztin erhielt auch keinen Schadenersatz. Zwar dürfe ein Arbeitgeber, der Vertragsverhandlungen führt, Umstände nicht verschweigen, welche die vollständige Durchführung des Arbeitsverhältnisses infrage stellen können, soweit sie ihm bekannt sind oder sein müssen. Die Ärztin wusste aber, dass für die geplante Abteilung noch keine Zulassung vorlag. Eine weitergehende Information durch die Klinik, dass der Zulassungsantrag scheitern könne, sei nicht erforderlich gewesen, zumal die Klinik zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses von Seiten der DRV positive Signale erhalten hatte.

Fazit

Es ist rechtlich sehr schwierig, eine Kündigung in der Probezeit anzugreifen. Ratsam ist daher, bereits bei Abschluss des Vertrags entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Dies kann etwa dadurch geschehen, dass das KSchG ungeachtet der Wartezeit unmittelbar für anwendbar erklärt wird. Alternativ könnte eine längere Kündigungsfrist im Rahmen der Probezeit vereinbart werden, um Zeit für eine alternative Betätigungssuche zu erlangen.