Intravenöse KM-Injektionen durch MTRA – ist das überhaupt zulässig?

von Rechtsanwalt Rainer Hellweg, Rechtsanwälte Schroeder-Printzen, Kaufmann und Kollegen, Hannover, www.spkt.de

„Kann bei einer Kontrastmittelinjektion durch maschinelle Kontrastmittelpumpe die Anlage des Zugangs (Kanüle) und die anschließende Kontrastmittelinjektion durch medizinisches Hilfspersonal (MTRA) erfolgen?“ Solche und ähnliche Fragen zur Zulässigkeit der Delegation von Leistungen an MTRA werden regelmäßig von Radiologen gestellt. Eine eindeutige und rechtssichere Antwort fällt indes oft schwer. Es folgt ein Überblick über den aktuellen Status quo in dieser Frage. 

Liste von delegierbaren radiologischen Leistungen gibt es nicht

Es gibt kein Gesetz oder sonstige rechtsverbindliche Regelung, wo konkret aufgelistet ist, welche radiologischen und auch sonstigen ärztlichen Leistungen genau an nicht-ärztliche Mitarbeiter delegiert werden dürfen und welche nicht. Rechtliche Vorgaben sind aus den allgemeinen berufsrechtlichen, haftungsrechtlichen und vergütungsrechtlichen Grundsätzen herzuleiten. 

Kriterien für Delegierbarkeit

Nach diesen Grundsätzen gilt, dass der Arzt die Maßnahme, wenn diese als delegierbar einzuordnen ist, anordnen und fachlich überwachen und der nicht-ärztliche Mitarbeiter hinreichend qualifiziert sein muss.Ob die Leistung im konkreten Fall überhaupt an nachgeordnetes nicht-ärztliches Personal delegiert werden kann, hängt insbesondere nach haftungsrechtlichen Maßstäben von der Schwierigkeit der Behandlungsmaßnahme, potenzieller Gefährlichkeit für den Patienten und der Möglichkeit etwaiger unvorhersehbarer Reaktionen ab. Nur wenn in Anbetracht dessen eine fachgerechte Durchführung der Leistung durch einen nicht-ärztlichen Mitarbeiter möglich ist und dadurch kein medizinisches Risiko für den Patienten entsteht, ist eine Delegation denkbar. In jedem Fall treffen den Arzt Auswahl-, Anleitungs- und Überwachungspflichten, und er muss sich immer „in Rufweite“ aufhalten. 

Was gilt für intravenöse KM-Einbringungen?

Was im konkreten Fall der intravenösen Kontrastmittelverabreichung per Injektor im Rahmen der Durchführung einer CT oder MRT gilt, diese Frage wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beantwortet. In der medizinjuristischen Fachliteratur wird teilweise eine Delegation bei Injektionen und Infusionen ganz ausgeschlossen. 

Nach einer im Jahre 2008 erschienenen gemeinsamen Stellungnahme der Bundesärztekammer und Kassenärztlichen Bundesvereinigung (abrufbar bei „Downloads/Arbeitshilfen“) hingegen können intravenöse Injektionen und Infusionen an entsprechend qualifizierte nicht-ärztliche Mitarbeiter delegiert werden, wenn sich der Arzt von der Qualifikation in der Funktions- und Injektionstechnik überzeugt hat und wenn er sich in unmittelbarer Nähe aufhält. In einer Stellungnahme der deutschen Röntgengesellschaft wird die Injektion von Kontrastmitteln grundsätzlich für delegationsfähig gehalten. 

Es ist jedoch ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass diese Empfehlungen aus dem Lager ärztlicher Standesvertretungen nicht rechtsverbindlich sind und in der aktuell unter Medizinrechtlern geführten Diskussion teilweise als zu weitgehend erachtet werden. 

Gericht beurteilte intravenöse Injektion durch MTRA als zulässig

In der Rechtsprechung ist insbesondere auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Dresden vom 24. Juli 2008 (Az: 4 U 1857/07) hinzuweisen (siehe auch Ausgabe 11/2008). Dort wurde im Falle der intravenösen Injektion einer Technetium-Lösung zur Vorbereitung eines Schilddrüsen-Szintigramms, die von der leitenden MTA in der Praxis vorgenommen worden war, im Ergebnis ein Haftungsanspruch abgelehnt. Das Gericht argumentierte, die erfahrene und fachgerecht ausgebildete Kraft habe im Zeitpunkt der Behandlung bereits mehrere tausend gleichartige Injektionen verabreicht. Eine MTA in einer radiologischen Großpraxis sei generell berechtigt, unter Aufsicht des verantwortlichen Arztes intravenöse Injektionen mit schwach radioaktivem Technetium vorzunehmen. 

Der im Verfahren hinzugezogene Sachverständige führte aus – und dies war für das Gericht ein entscheidender Punkt –, dass die Injektion im dortigen Fall im Hinblick auf das medizinische Risiko mit einer Blutentnahme vergleichbar gewesen sei. Die delegierende Radiologin war im dort entschiedenen Fall zudem nur durch eine Glasscheibe von der Patientin getrennt und hatte nachgewiesenermaßen dem Personal Anweisung gegeben, sie bei Zwischenfällen jeglicher Art unverzüglich hinzuzuziehen. 

Rechtslage ist nicht eindeutig geklärt

Das Urteil des OLG Dresden ist eine Einzelfallentscheidung. Es ist ausdrücklich hervorzuheben, dass nicht sichergestellt ist, dass die intravenöse Kontrastmittelverabreichung auch per Injektor in der Rechtsprechung grundsätzlich als delegationsfähige Leistung angesehen wird. Dies gilt sowohl für das Legen des venösen Zugangs als auch für die Bedienung des Injektors, wodurch das Kontrastmittel letztlich verabreicht wird. 

Vor diesem Hintergrund kann, wenn der Radiologe diese Leistungen an nicht-ärztliche Mitarbeiter delegiert, ein juristisches Risiko nicht aus­geschlossen werden. Die Rechts­lage ist mangels gefestigter Rechtsprechung nicht eindeutig geklärt. 

Praxishinweise

In jedem Fall sollte der Radiologe bei intravenöser Kontrastmittelverabreichung durch entsprechend fachlich qualifizierte Mitarbeiter eine hinreichende Überwachung sichern und diese anweisen, ihn bei jeglichen Zwischenfällen sofort hinzuzuziehen. Ferner sollte sich der Radiologe während der Leistungserbringung in unmittelbarer Nähe aufhalten. Im Hinblick auf einen möglichen späteren Prozess gilt es, diesbezüglich auf eine korrekte Dokumentation zu achten. 

Die Indikationsüberprüfung, das heißt die Entscheidung, ob die radiologische Untersuchung durchgeführt wird und ob Kontrastmittel gegeben wird oder nicht, ist in jedem Fall als originär ärztliche und damit nicht delegationsfähige Leistung einzuordnen.