Interventionelle Behandlung des BAA: Welche Anforderungen sind nach QS-Richtlinie zu erfüllen?

von Rechtsanwalt Manfred Werthern, Gollob Rechtsanwälte & Steuerberater, München

Die Ausschaltung des Bauchaortenaneurysmas (BAA) kann durch das offen-chirurgische, das endovaskuläre oder durch die Kombination beider Verfahren erfolgen. Da die Qualitätssicherungsvereinbarung (QS-V) vom 1. Juli 2008 sich nur auf das chirurgisch behandlungsbedürftige BAA bezog, hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) etwas später in der Qualitätssicherungs-Richtlinie (QS-RL) bestimmt, dass die Richtlinie auch das endovaskuläre Verfahren zur Behandlung des BAA betrifft. Im nachfolgenden Überblick werden die für den interventionellen Radiologen bedeutsamen Vorgaben der Richtlinie erläutert.

Anforderungen der QS-Richtlinie an Qualität und Infrastruktur

Das Krankenhaus muss verfügen über

  • einen dem technischen Fortschritt entsprechenden OP-Saal mit anästhesiologischem Equipment und der Möglichkeit des invasiven Kreislaufmonitorings,
  • Möglichkeiten der intraoperativen bildgebenden Diagnostik, insbesondere Angiographie,
  • eine Intensivstation in räumlicher Nähe zum OP-Saal mit der Möglichkeit der Behandlung von Multiorganversagen.

Anforderungen an präoperative Diagnostik

Nach § 5 Abs. 1 QS-RL wird die präoperative Diagnostik des Bauch­aortenaneurysmas durch ein interdisziplinäres Team unter besonderer Berücksichtigung der Gefäßchirurgie, Radiologie, Inneren Medizin (Kardiologie, Pulmologie, Gastroenterologie) und Labormedizin sichergestellt. Gedacht ist an ein interdisziplinäres Team aus Ärzten verschiedener Fachgebiete, gleichgültig ob im Krankenhaus fest angestellt oder vertraglich auf sonstige Weise mit dem Krankenhaus verbunden.

Personelle und fachliche Anforderungen an den Operateur

Hier hat die QS-RL im Jahr 2009 gegenüber der QS-V eine für interventionelle Radiologen entscheidende Neuerung eingeführt: In §4 Abs. 1 wurde ein neuer Satz 2 eingefügt, wonach die Behandlung der für das endovasculäre Verfahren indizierten Fälle von einem Arzt mit entsprechender Expertise in offen-chirurgischen und endovasculären Verfahren oder in Kooperation zwischen einem Facharzt für Radiologie mit entsprechender Expertise in endovasculären Verfahren durchzuführen ist.

Laut dem teilweise ebenfalls neuen Satz3 müssen die Ärzte entsprechend dem technischen und medizinischen Fortschritt mit allen gängigen Verfahren ihres jeweiligen Fachgebietes zur Behandlung und Operation von Bauchaortenaneurysmen vertraut sein und diese eigenständig durchführen können.

„Mit allen gängi­gen Verfahren vertraut sein“ – was heißt das?

Sicherlich ist nach dem Wortlaut von § 4 Abs. 1 Satz 3 zu fordern, dass beide gängigen Operationsverfahren sicher beherrscht werden, ebenso die sichere Indikationsstellung unter Berücksichtigung der bei der Wahl des geeigneten Operationsverfahrens zu berücksichtigenden jeweiligen Vor- und Nachteile.

Die Kernforderung der QS-RL lautet: Fehlende Kompetenzen müssen durch fachübergreifende Zusammenarbeit ausgeglichen werden. Mit dem endovaskulären Eingriff darf der interventionelle Radiologe erst dann beginnen, wenn die chirurgische Expertise durch den beigezogenen Facharzt für Gefäßchirurgie gesichert ist.

Außerdem stellt sich die Frage, ob darüber hinaus eine Spezialisierung und/oder eine überdurchschnittliche Erfahrung zu verlangen ist – zum Beispiel durch den Nachweis einer Zahl bereits erfolgreich durchgeführter BAA-Operationen. Vor dem Hintergrund der zurzeit ohnehin ausgesetzten Mindestmengenregelungen für bestimmte OPs können sowieso keine Mindestmengen zum Nachweis des „Vertrautseins“ gefordert werden.

Andererseits ist das Erfordernis des „Vertrautseins“ nicht mit dem Abschluss der Facharztweiterbildung nachgewiesen. Denn dann hätte man sich mit dem Erfordernis der Facharztanerkennung für den leitenden und mindestens einen weiteren Arzt in der Einrichtung begnügen können.

Die Facharztanerkennung und das weitergehende Erfordernis des „Vertrautseins mit allen gängigen Verfahren ihres jeweiligen Fach­gebietes zur Behandlung und Operation“ von BAA Patienten werden nach § 4 Abs. 2 nur von dem Operateur verlangt, der die Opera­tion vornimmt, nicht jedoch von dem Arzt, der die stationäre Versorgung sicherstellt. Hier reichen Erfahrungen in der Gefäßchirurgie aus.

Fachliche Anforderung an postoperative Versorgung

Hinsichtlich der persönlichen und fachlichen Anforderungen ist zwischen Operation und prä- und postoperativer stationärer Versorgung zu unterscheiden:

Während die Operation sowohl der erfahrene Gefäßchirurg wie auch der mit dem endovaskulären Verfahren vertraute Radiologe vornehmen kann, muss die prä- und poststationäre Versorgung von einem Arzt mit gefäßchirurgischer Erfahrung übernommen werden.

Nachdem in der jetzigen Fassung der BAA QS-RL die Operation wahlweise von einem Gefäßchirurgen mit einem gefäßchirurgisch erfahrenen Radiologen oder von einem Radiologen mit einem Gefäßchirurgen durchgeführt werden kann, könnte das Krankenhaus sich die im Haus fehlende endovasculäre Expertise durch einen auf Dauer angelegten „Honorararztvertrag“ oder „unechten Konsiliararztvertrag“ hinzu erwerben. Dabei ist die Rechtsprechung zur Abrechnung von Krankenhausleistungen, die nicht von im Krankenhaus angestellten Ärzten erbracht werden, zu beachten.