Einkaufsvorteile beim Kontrastmittelbezug – Strafbarkeitsrisiken vermeiden

von RA, FA für MedizinR und Mediator Dr. Daniel Geiger, DIERKS+BOHLE Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Berlin, www.db-law.de

Vorrangig soll das Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen den Wettbewerb im Gesundheitswesen und das Vertrauen der Patienten in die Integrität ärztlicher Entscheidungen schützen. Allerdings findet Wettbewerb im Gesundheitswesen nur punktuell statt. Zu erwarten ist deshalb, dass vor allem solche Verhaltensweisen einer strafrechtlichen Sanktionierung zugeführt werden, die entgegen den Steuerungs- und Ordnungsmechanismen des Gesundheitswesens der eigennützigen Bereicherung dienen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwieweit mit der Realisierung von Einkaufsvorteilen bei der Beschaffung von Kontrastmitteln durch vertragsärztlich tätige Radiologen Strafbarkeitsrisiken verbunden sein können.

Möglicher Verstoß gegen § 299a StGB 

Am 4. Juni 2016 ist das Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen in Kraft getreten. Danach steht es nunmehr unter Strafe, wenn Ärzte Vorteile „als Gegenleistung“ dafür fordern, sich versprechen lassen oder annehmen, dass sie einen bestimmten Anbieter gesundheitlicher Leistungen „in unlauterer Weise“ bevorzugen (§ 299a Strafgesetzbuch [StGB]). Die Bevorzugung kann dabei in einer begünstigenden Verordnungs-, Bezugs- oder Zuweisungsentscheidung bestehen. Spiegelbildlich werden nach § 299b StGB diejenigen Akteure im Gesundheitswesen unter Strafe gestellt, die Ärzten solche Vorteile anbieten, versprechen oder gewähren (weitere Einzelheiten siehe RWF Nr. 3/2016, Nr. 6/2016).

Im Ausgangspunkt bestimmt der Bundesmantelvertrag Folgendes: Gesondert berechnungsfähige Materialien, die – wie häufig Kontrastmittel – nicht in den berechnungsfähigen Leistungen des EBM enthalten sind, sind unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes und der medizinischen Notwendigkeit auszuwählen und sodann den Kostenträgern unter Ansatz der tatsächlich realisierten Preise in Rechnung zu stellen. Ggf. vom Hersteller bzw. Lieferanten gewährte Rückvergütungen sind an die Kostenträger weiterzugeben. Dazu gehören also Preisnachlässe, Rabatte, Umsatzbeteiligungen, Bonifikationen und rückvergütungsgleiche Gewinnbeteiligungen mit Ausnahme von Barzahlungsrabatten bis zu 3 Prozent. Ein Verstoß gegen diese Maßgaben könnte künftig zu einer Strafbarkeit nach § 299a StGB für Radiologen und nach § 299b StGB für den Hersteller bzw. Lieferanten führen.

Mögliche Betrugsstrafbarkeit 

Hinzu kommt, dass der vertragsärztlich tätige Radiologe durch seine Unterschrift zu bestätigen hat, dass er auch tatsächlich nur die realisierten Einkaufspreise in Rechnung gestellt hat. Weil seiner Unterschrift damit ein rechtlich relevanter Erklärungswert zukommt, läge in einer wahrheitswidrigen Bestätigung eine Täuschungshandlung, die zu einer Betrugsstrafbarkeit führen kann.

Kein Risiko bei Vereinbarung zwischen KV und Krankenkasse 

Anders dürfte die Situation in den Fällen zu beurteilen sein, in denen auf Basis entsprechender Vereinbarungen zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) und den Krankenkassen abweichende Regelungen, insbesondere durch die Vereinbarung von Maximal- oder Pauschalbeträgen vereinbart wurden (siehe auch RWF Nr. 8/2016).

Beispiel Sachkostenregelung Niedersachsen 

Dies ist etwa jüngst in Niedersachsen geschehen. Dort gilt für Radiologen, Nuklearmediziner und Urologen sowie die mit diesen Fachbereichen in Gemeinschaftspraxis tätige Ärzte anderer Fachrichtungen seit dem 1. Januar 2016 eine Sachkostenregelung, wonach Röntgenkontrastmittel im Wege einer Pauschale erstattet werden (dazu „Die Sachkostenregelung 2016 in Niedersachsen“).

Mit der Vereinbarung einer Pauschale wird das Wirtschaftlichkeitsrisiko der Beschaffung von Kontrastmitteln auf den Arzt abgewälzt. Es wird seinem Verhandlungsgeschick überantwortet, die Wirtschaftlichkeit seiner Einkaufsentscheidungen zu gewährleisten. In der Konsequenz müssen ihm dann aber auch etwa erzielte Einkaufsvorteile zugutekommen dürfen. Das ist das Wesen einer Pauschale und damit implizit akzeptierter Gegenstand der Entscheidung für eine pauschalierte Erstattung.

Überdies gilt in einem solchen Fall auch die Pflicht zur Weiterleitung von Einkaufsvorteilen nicht. Dieser Steuerungsmechanismus ist für die strafrechtliche Beurteilung zu berücksichtigen. Er lässt es als fernliegend erscheinen, die bewusste Abgabe der Einkaufshoheit an den Radiologen einer strafrechtlichen Kontrolle zu unterwerfen. Die Realisierung von Einkaufsvorteilen bei der Beschaffung von Kontrastmitteln dürfte bei Erstattung im Wege einer Sachkostenpauschale daher voraussichtlich keine strafrechtliche Relevanz unter dem Blickwinkel der neuen § 299a, § 299b StGB entfalten.

Praxishinweis

Vertragsärztlich tätige Radiologen, die in Kammerbezirken niedergelassen sind, in denen Kontrastmittel gesondert berechnungsfähig sind, sollten beim Einkauf von Kontrastmitteln etwa erzielte Einkaufsvorteile – wie z. B. Rückvergütungen, Preisnachlässe und Rabatte (mit Ausnahme von Barzahlungsrabatten bis zu 3 Prozent) – unbedingt weitergeben und nur die tatsächlich realisierten Preise in Rechnung stellen. Nur so lassen sich Strafbarkeitsrisiken vermeiden. Nur dann sollte auch eine Bestätigung über die Korrektheit der Abrechnung der Kontrastmittel gegenüber der rechnungsbegleichenden Stelle erfolgen.