Eine periradikuläre CT-gesteuerte Steroidapplikation ist nicht beihilfefähig

von Bertram F. Koch, Justiziar der Ärztekammer Westfalen-Lippe a.D., Of Counsel, Münster, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

Eine periradikuläre CT-gesteuerte Steroidapplikation ist nicht beihilfefähig. Zwar kann ein Anspruch auf Beihilfe bestehen, auch wenn ärztliche Leistungen – wie die CT-gesteuerte Steroidapplikation – nicht in den Beihilfeverordnungen (als ganz oder teilweise von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen) genannt sind. Das Fehlen eines Ausschlusses bedeutet aber nur, dass es für die Beihilfefähigkeit (allein) auf die medizinische Notwendigkeit und damit darauf ankommt, ob die Behandlungsmethode wissenschaftlich allgemein anerkannt ist (Verwaltungsgericht [VG] Würzburg, Urteil vom 27.09.2016, Az. W 1 K 14.900 ).

Der aktuelle Fall 

Die Klägerin hatte Beihilfe zu den Aufwendungen für eine bei ihr mittels CT-gesteuerten Facetteninfiltrationen durchgeführte periradikuläre Therapie beantragt. Deren Notwendigkeit hatte der sie behandelnde Arzt bestätigt. Die Beihilfestelle des Beklagten lehnte den Antrag nach Einschaltung eines Amtsarztes jedoch mit der Begründung ab, dass es sich bei den Facetteninfiltrationen um nicht medizinisch notwendige Maßnahmen handele. Das VG Würzburg gab der Beihilfestelle recht.

Die Entscheidungsgründe 

Nach Auffassung des Gerichts lagen die Voraussetzungen für die von der Klägerin begehrte Beihilfe nicht vor. Maßgeblich hierfür sei die Stellungnahme des Amtsarztes. Dieser habe sich u. a. auch auf die einschlägigen Leitlinien zweier ärztlicher Fachgesellschaften berufen und sich damit auseinandergesetzt. Danach handele es sich bei der in Rede stehenden CT-gesteuerten Steroidapplikation nicht um eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode.

Klar sei zwar, dass ärztliche Leitlinien nur „fachliche Orientierungshilfen“ und keine Rechtsvorschriften sind. Solche Leitlinien könnten auch nicht – mangels eigener Sachkunde des Gerichts – einer Beweisaufnahme zugrunde gelegt werden. Allerdings sei die Einschätzung des Amtsarztes gut begründet und fachlich überzeugend. Es seien keine weiteren Ermittlungen (z. B. Sachverständigengutachten) notwendig, zumal die Klägerin die fachliche Aussagekraft der Stellungnahme des Amtsarztes nicht substantiiert bestritten hatte.

Zwar könnten ausnahmsweise auch „Außenseitermethoden“ beihilfefähig sein. Im konkreten Fall gebe es aber keine andere – wissenschaftlich anerkannte – Erfolg versprechende Behandlungsmethode für die Beschwerden der Klägerin.

Folgen für die Praxis 

Der Entscheidung ist zuzustimmen, macht sie doch noch einmal unmissverständlich klar, unter welchen Umständen Aufwendungen für privatärztliche Leistungen beihilfefähig bzw. nicht beihilfefähig sind.

Was das für den Arzt bedeutet, mag überraschen:

  • Man unterscheidet zwischen dem Behandlungsvertrag mit dem Patienten und dessen Vertragsverhältnis zu seiner privaten Krankenversicherung (PKV) bzw. der Beihilfestelle. Insofern stellt sich die Frage, ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen der Arzt verpflichtet ist, den Patienten darüber aufzuklären, dass eine Erstattung durch die PKV oder durch die Beihilfestelle nicht gesichert ist bzw. nicht erfolgt.
  • Der Arzt muss dafür nicht in die Versicherungsbedingungen des Patienten „einsteigen“. Es besteht allerdings die Pflicht zur (wirtschaftlichen) Aufklärung, wenn dem Arzt bekannt ist, dass die PKV oder die Beihilfe die Erstattung der Behandlungskosten verweigert oder dass erfahrungsgemäß Probleme zu erwarten sind. Dies gilt insbesondere bei der Anwendung wissenschaftlich nicht allgemein anerkannter Behandlungsmethoden.
  • Ist die Erstattung fraglich, sollte der Arzt dem Privatpatienten ein entsprechendes Informationsblatt aushändigen und ihn darauf hinweisen, dass nach der GOÄ abgerechnet wird und dass die Rechnung zu bezahlen ist, unabhängig davon, ob eine Erstattung durch PKV oder Beihilfe erfolgt.